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Der 2. Untersuchungsausschuss hat Bundespräsident Joachim Gauck (Mitte) zu einem Gespräch getroffen. © DBT/Melde
Bundespräsident Joachim Gauck hat am Dienstag, 29. Januar 2013, dem 2. Untersuchungsausschuss zu der dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) angelasteten Mordserie demonstrativ den Rücken gestärkt. Ein Jahr nach dem Start des unter Vorsitz von Sebastian Edathy (SPD) tagenden Gremiums empfing das Staatsoberhaupt dessen Mitglieder zu einem Gespräch – ein ungewöhnlicher Schritt, da Untersuchungsausschüsse üblicherweise nicht von Bundespräsidenten ins Schloss Bellevue eingeladen werden.
Vor Beginn des Treffens sprach Gauck von einem "sehr speziellen Termin". Die elf Parlamentarier sollen Pannen und Fehlgriffe bei den Ermittlungen zu den Erschießungen von neun türkisch- oder griechischstämmigen Kleinunternehmern sowie einer deutschen Polizistin zwischen 200 und 2007 durchleuchten.
Gauck betonte, die "Sicherheitsorgane müssten den Schutz aller Bürger garantieren". Dies könne natürlich nie vollkommen gelingen. Gleichwohl müssten die "Institutionen des Staates ihrer Verantwortung gerecht werden", sagte das Staatsoberhaupt. Es gelte, das "Schutzinteresse aller Bürger sicherzustellen". Wenn es Defizite bei deren Arbeit gebe, müssten diese öffentlich benannt werden.
Gauck erklärte, als Bürger und als Präsident sei er sehr interessiert an einer Aufklärung der Mordserie. Auch dürften die "zurückgebliebenen Familien" der Opfer nicht alleine gelassen werden, vielmehr müsse man ihnen solidarisch beistehen. Die Begegnung mit dem Untersuchungsausschuss diente neben der Information Gaucks über die bislang vom Ausschuss gewonnenen Erkenntnisse auch der Vorbereitung eines für den 18. Februar 2013 geplanten Treffens des Staatsoberhaupts mit Angehörigen der Mordopfer.
Im Vorfeld des Gesprächs im Amtssitz des Bundespräsidenten hatte Unions-Obmann Clemens Binninger die Einladung ein Zeichen der Wertschätzung für den Ausschuss genannt. Gauck meine es ernst mit dem Einsatz gegen den Rechtsextremismus.
Während seiner bislang einjährigen Arbeit hat das Untersuchungsgremium zahlreiche Probleme bei den Ermittlungen zu den in fünf Bundesländern verübten Hinrichtungen aufgedeckt. So wurde etwa offenbar, dass Polizei- und Geheimdienstbehörden weithin unzureichend kooperierten, sich zuweilen gar gegenseitig blockierten. Manche Akten sind verschollen oder wurden geschreddert.
Nach den Recherchen der Abgeordneten wurden diverse Spuren, die möglicherweise zu den Tätern hätten führen können, nicht gründlich verfolgt. Kritisch setzten sich die elf Parlamentarier wiederholt auch mit dem Einsatz fragwürdiger Spitzel in der rechtsextremen Szene auseinander. Im Zuge der Aufklärungsarbeit des Ausschusses haben Heinz Fromm als Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz und die Chefs mehrerer Landesbehörden des Geheimdiensts ihren Hut genommen.
Das Gremium hat bereits über 20 öffentliche Sitzungen veranstaltet. Unter den über 50 Zeugen waren auch Prominente wie etwa Finanzminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU), der zwischen 2005 und 2008 als Innenminister amtierte, oder der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU). Rund 7.000 Aktenordner türmen sich inzwischen beim Ausschuss auf.
Angesichts der Aufgabenfülle wollen die Obleute der fünf Fraktionen die Zeugenbefragungen bis zur Sommerpause fortsetzen. Der Abschlussbericht soll möglichst erst während der Ferien erstellt und dann bei einer Sondersitzung des Bundestags Ende August oder Anfang September diskutiert werden. Die endgültige Entscheidung über diesen Fahrplan muss noch der Bundestag treffen. (kos/29.01.2013)