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Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert hat zu Beginn der Plenarsitzung am Freitag, 19. April 2013, an den jüdischen Aufstand im Warschauer Ghetto erinnert, der vor 70 Jahren, am 19. April 1943, begonnen hatte. "Hinter den drei Meter hohen Mauern des hermetisch abgeriegelten Viertels lebten zu dieser Zeit noch zehntausende verzweifelte, größtenteils längst entkräftete Menschen. Sie sollten – wie seit Juli 1942 schon rund 300.000 Frauen und Männer, Kinder und Greise – in den Tod deportiert werden", sagte Lammert im Beisein des polnischen Botschafters, der auf der Ehrentribüne Platz genommen hatte. Im Morgengrauen des 14. Nissan, Erew Pessach, des hohen jüdischen Festes zur Erinnerung an den im Buch Mose beschriebenen Auszug aus der ägyptischen Sklaverei, seien SS-Einheiten in das Ghetto einmarschiert.
Das Datum für die endgültige Vernichtungsaktion sei sicher nicht zufällig gewählt gewesen. Schon der Beschluss über die Schaffung des Warschauer Ghettos sei auf zynische Art am höchsten jüdischen Feiertag – Jom Kippur – am 12. Oktober 1940 per Straßenlautsprecher bekanntgegeben worden. Auch die großen Deportationen hätten am Vorabend eines jüdischen Feiertages am 22. Juli 1942 begonnen.
"Wir werden alle fallen, manche mit der Waffe in der Hand, andere als vergebliche Opfer. Aber es ist wichtig, dass das Gedenken um uns nicht verloren geht, dass die ganze Welt wissen soll, wie hoffnungslos, schwer und blutig dieser Kampf war", zitierte der Bundestagspräsident Leon Rodal, einen der Kommandanten des Aufstandes.
Die Juden im Warschauer Ghetto hätten gewusst, so Lammert, dass sie keine Chance gegen den übermächtigen Angreifer hatten."Sie wollten aber kämpfen – einen aussichtslosen, verzweifelten Kampf um die Würde ihres Volkes." Der Kampf sei ein"Zeichen des Protestes gegen die Gleichgültigkeit der Welt angesichts des Holocaust und eines heroischen Widerstandes" gewesen, zitierte Lammert aus einer Entschließung des polnischen Parlaments, des Sejm, zum 70. Jahrestag des Aufstandes.
Nur spärlich mit Pistolen, Handgranaten, selbstgemachten Molotow-Cocktails und Gewehren bewaffnet, hätten die etwa 750 Aufständischen fast vier Wochen lang gegen mehr als 2.000 schwer bewaffnete Deutsche gekämpft, die durch Panzer, Artillerie und Luftwaffe unterstützt wurden. Am Ende sei das Ghetto völlig vernichtet gewesen – "Haus für Haus wurde von den Deutschen in Brand gesteckt und gesprengt".
Die Große Synagoge von Warschau habe der fanatische SS-General Jürgen Stroop eigenhändig gesprengt und in seinem Bericht die präzise Zahl der Opfer geliefert: 56.065 Tote. Nur wenigen Aufständischen sei die Flucht durch unterirdische Kanäle gelungen, sagte Lammert.
Der Aufstand war militärisch gescheitert, aber dennoch nicht vergeblich gewesen, unterstrich der Bundestagspräsident: "Dieser Kampf wurde in den nachfolgenden Monaten zum Vorbild für Juden in anderen Ghettos und Lagern. Und er steht stellvertretend für den vielfältigen jüdischen Widerstand, den es während des Nationalsozialismus gegeben hat."
Denn nicht ,wie Lämmer zur Schlachtbank‘ hätten sich die Juden Europas führen lassen: "Im Gegenteil: Wo immer sie die Möglichkeit dazu fanden, haben sich jüdische Männer und Frauen gegen die Mörder zur Wehr gesetzt", zitierte Lammert den im vergangenen Jahr verstorbenen Historiker Arno Lustiger, selbst KZ-Überlebender und 2005 Redner bei der Gedenkstunde an die Opfer des Nationalsozialismus im Deutschen Bundestag.
Der Bundestag erhob sich zu den Worten seines Präsidenten: "Wir verneigen uns heute vor den mutigen Frauen und Männern und allen Opfern des Warschauer Ghettos. Ihr Kampf um die Menschenwürde ist und bleibt ein Vermächtnis an die nachfolgenden Generationen." (vom/19.04.2013)