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Vorabmeldung zu einem Interview in der nächsten Ausgabe der Wochenzeitung
„Das Parlament“ (Erscheinungstag: 23. Januar 2012)
– bei Nennung der Quelle frei zur sofortigen Veröffentlichung –
Der Vorsitzende des Bundestags-Wirtschaftsausschusses, Ernst Hinsken sorgt sich um die hohen Energiekosten für die deutsche Wirtschaft. „Vor allem bei der Solarenergie müssen Korrekturen vorgenommen werden“, sagte der CSU-Politiker in einem Interview mit der Berliner Wochenzeitung „Das Parlament“. Hinsken: „Die Preise für Solarmodule sind derart gesunken, dass wir mittlerweile schon die Wirtschaft in China fördern.“ Der Strom müsse für die Verbraucher bezahlbar bleiben. Handlungsbedarf sieht Hinsken auch bei der Bioenergie, weil Landkreise derzeit massenweise Biogasanlagen planten.
Hinsken kritisierte auch die hohen Benzinkosten, die die deutsche Wirtschaft und Verbraucher belasteten. Er forderte die großen Mineralölkonzerne auf, die freien Tankstellen zu gleichen Preisen zu beliefern wie ihre eigenen Stationen. „Wir brauchen an den Tankstellen ein System wie in Österreich, wo einmal am Tag der Benzinpreis festgelegt wird, der dann nicht mehr überschritten werden darf“, so Hinsken. Es dürfe nicht sein, dass die Preise an der Zapfsäule mehrmals am Tag hin- und herschwankten. Hinsken: „Dies verwirrt den Verbraucher.“
Auf die Frage nach weiteren Steuersenkungen in dieser Legislaturperiode sagte Hinsken, primäres Ziel müsse es derzeit sein, die Schuldenbremse einzuhalten. „In meinem Heimatland Bayern wurde die Nettoneuverschuldung auf Null gefahren. Dieses Ziel muss auch im Bund realisiert werden, und zwar je früher desto besser.“
Hinsken sieht die deutsche Wirtschaft auch in diesem Jahr auf einem positiven Weg. Besonders erfreulich entwickele sich die Binnenwirtschaft. „2012 ist erneut auch ein Beschäftigungsrekord zu erwarten.“
Das Interview im Wortlaut:
Wie bewerten Sie den Jahreswirtschaftsbericht 2012?
Positiv, weil es trotz des schwierigen Umfeldes keinerlei Anzeichen für Stagnation oder gar Rezession gibt und wir auf intakte Wachstumskräfte bauen können. Besonders erfreulich entwickelt sich die Binnenwirtschaft. 2012 ist erneut auch ein Beschäftigungsrekord zu erwarten. Der wirtschaftspolitische Kurs der christlich-liberalen Koalition erweist sich als goldrichtig.
Im Euroraum wird die Wirtschaft 2012 aber voraussichtlich leicht schrumpfen. Wie groß ist die Gefahr, dass dies auch die deutsche Wirtschaft belastet?
Wir werden belastet, aber bei weitem nicht so stark wie befürchtet. Es wird bei uns eine leichte Abschwächung des Wirtschaftswachstums auf 0,7 bis 1 Prozent geben. Früher wäre man manchmal froh gewesen, ein Prozent Wirtschaftswachstum zu haben.
Brauchen wir nicht dennoch mehr Wachstum, wenn man auf Länder wie Brasilien, China oder Indien schaut? Was muss getan werden, um frei nach Karl Schiller die „Pferde wieder ans Saufen“ zu kriegen?
In den vergangenen Jahren wurden von der Bundesregierung dazu entscheidende Schritte unternommen. Dadurch hat Deutschland die weltweite Wirtschaftskrise mit am besten durch weitsichtige Entscheidungen gemeistert: zum Beispiel durch die Abwrackprämie, die Konjunkturprogramme und die Kurzarbeiterregelung. Es gilt nunmehr, unsere Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Dazu gehören eine finanziell verkraftbare Sozialpolitik und eine Energiepolitik, die die Kosten gegenüber anderen Ländern nicht weiter ansteigen lässt. Wir müssen vor allem die Grundlagen schaffen, dass sich Leistung lohnt. Sozial ist nicht der, der verteilt, sondern der, der arbeitet und etwas leistet, damit es überhaupt etwas zu verteilen gibt.
Wie sieht es mit Steuersenkungen aus?
Steuern sollte man senken, soweit dies möglich ist. 2013 gibt es Steuerentlastungen für zwei Milliarden Euro, 2014 für vier Milliarden. Alle zwei Jahre wird zudem geprüft, ob und in welchem Maß eine Korrektur der kalten Progression möglich ist. Es muss dafür gesorgt werden, dass der Mittelstand und die Kleinverdiener wieder mehr in der Tasche haben.
Geht denn bei der Steuersenkung noch etwas in dieser Legislaturperiode?
Primäres Ziel muss derzeit sein, die Schuldenbremse einzuhalten. In meinem Heimatland Bayern wurde die Nettoneuverschuldung auf Null gefahren. Dieses Ziel muss auch im Bund realisiert werden, und zwar je früher desto besser. Was wir jetzt an Schulden machen, ist eine Hypothek für die nachkommende Generation.
Wie weit bedrohen die steigenden Strompreise durch die Subventionen der erneuerbaren Energie die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft?
Hier ist in der Tat einiges in die Schieflage geraten und muss korrigiert werden. Zu Beginn brauchten wir natürlich eine Anschubfinanzierung für die erneuerbaren Energien. Doch der Strom muss für die Verbraucher bezahlbar bleiben. Vor allem bei der Solarenergie müssen Korrekturen vorgenommen werden. Die Preise für Solarmodule sind derart gesunken, dass wir mittlerweile schon die Wirtschaft in China fördern. Auch bei der Bioenergie gibt es Handlungsbedarf, wenn zum Beispiel in Landkreisen massenweise Biogasanlagen geplant werden. Bei der Wasserkraft sollte man kleine Anlagen wieder reaktivieren, wenn sie sich rentieren. Wir müssen auch Energieformen wie die Geothermie mehr im Blick haben. Bei uns in Bayern gibt es heißes Wasser in Hülle und Fülle, das nutzbar gemacht werden kann. Windenergie muss primär dezentral erzeugt werden. Hier muss man aber auch den sehr teuren Ausbau des Netzes im Blick haben und gleich einbeziehen.
Im Übrigen habe ich meine Skepsis bereits bei der von der Koalition beschlossenen schnelleren Abkehr von der Kernenergie bis zum Jahr 2022 nicht verhehlt. Rund um Deutschland sind 45 Kernkraftwerke im Bau oder in der Planung. Wenn es bei uns Stromengpässe gibt, müssen wir Strom aus ausländischen Kernkraftwerken beziehen. Das ist mehr als bedenklich, ja eigentlich paradox.
Auch die hohen Benzinkosten belasten Wirtschaft und Verbraucher. Gibt es da Handlungsbedarf?
Ja. Die großen Mineralölkonzerne müssen die freien Tankstellen zu gleichen Preisen beliefern wie ihre eigenen Stationen. Wir brauchen an den Tankstellen ein System wie in Österreich, wo einmal am Tag der Benzinpreis festgelegt wird, der dann nicht mehr überschritten werden darf. Es darf nicht sein, dass die Preise an der Zapfsäule mehrmals am Tag hin- und herschwanken. Dies verwirrt den Verbraucher.
Was wird getan, um beim Bürokratieabbau weiter voranzukommen?
Die Bürokratie ist die Geißel vor allem des Mittelstandes. Die von der Bundesregierung vorgelegten Eckpunkte für den weiteren Bürokratieabbau sind ein großer Wurf. Jetzt wird das Ziel erreicht, die Bürokratiekosten der Wirtschaft im Vergleich zu 2006 um 25 Prozent zu reduzieren. Besonders hervorzuheben sind unter anderem die vorgesehenen Reduzierungen der Aufbewahrungsfristen von Rechnungen und anderen Belegen auf fünf Jahre. 2006 mussten deutsche Unternehmen noch jährlich rund 50 Milliarden Euro für amtliche Statistiken, Antragsformulare, das Ablegen von Rechnungen etc. aufbringen. Allein die bisher umgesetzten Maßnahmen entlasten die Betriebe um rund 10,9 Milliarden Euro pro Jahr im Vergleich zu 2006.
Sie kümmern sich besonders um das Handwerk. Was geschieht da?
Für mich ist es enorm wichtig, an unserem bewährten dualen Ausbildungssystem festzuhalten. Doch müssen die Berufsbilder permanent neuen Gegebenheiten angepasst werden, weil alle fünf Jahre unser Wissen sich total verändert. Es gibt viel zu wenig Neugründer. Deswegen brauchen wir vermehrt Anreize für Existenzgründungen. Das Handwerk muss auch das benötigte Personal wie Facharbeiter bekommen. Zielführende Aus- und Weiterbildungsprogramme der Kammern und Betriebe werden von der Bundesregierung gefördert.
Beim Zuzug von ausländischen Fachkräften hatte sich aber vor allem die CSU gegen eine Lockerung der Zuwanderungsregeln gewehrt. Soll es dabei bleiben?
Die Rechnung, dass mit der Freizügigkeit in der EU am 1. Mai hunderttausende Osteuropäer hierher kommen, ist nicht aufgegangen. Wir müssen zunächst unsere eigenen Reserven besser ausschöpfen. Dazu gehören flexiblere Arbeitszeitregeln für Ältere. Wenn nur noch jeder Vierte über 60 in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist, liegt etwas im Argen. Bei ausländischen Arbeitskräften muss mehr auf die 245.000 Studenten aus dem Ausland geschaut werden. Viele erhalten bei uns eine hochqualifizierte Hochschul-Ausbildung. Von ihnen bleiben aber nur 6.000 hier. Die meisten gehen auch nicht in ihre Heimatländer zurück, sondern in die USA, nach Großbritannien, Norwegen oder Schweden. Wir müssen mehr tun, um sie hier zu halten.
Apropos Arbeitszeiten: Ihr Parteivorsitzender Horst Seehofer hat die Rente mit 67 in Frage gestellt, wenn nicht mehr ältere Arbeitnehmer beschäftigt sind. Was sagen Sie dazu?
Ich stimme ihm zu. Was bringt eine Erhöhung des Renteneintrittsalters, wenn die Arbeitgeber über 60-Jährige fast nicht mehr einstellen? Da sollte die Wirtschaft nicht Kritik üben, sondern mehr zeitlich flexible Arbeitsplätze für Ältere zur Verfügung stellen.
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