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Stand: 31.3.2010
Zwischen 1953 und 1990 nahm das Statistische Bundesamt bei Bundestagswahlen regelmäßig Repräsentativerhebungen vor, die vor allem eine Aufschlüsselung der Stimmabgabe und der Wahlbeteiligung nach Alter und Geschlecht erlauben. Im Gegensatz zu den Umfragen der Forschungsinstitute werden jedoch für diese repräsentativen Wahlstatistiken keine Befragungen von Wählern vorgenommen. Vielmehr werden in repräsentativ ausgewählten Wahlbezirken besondere Wahlzettel ausgegeben, auf denen die Unterscheidungsmerkmale „Alter“ und „Geschlecht“ vermerkt sind. Bei den Bundestagswahlen 1994 und 1998 wurde auf die repräsentative Wahlstatistik verzichtet. Dazu hatte der Bundestag am 29. Juni 1994 das Gesetz zur Aussetzung der Vorschriften über die repräsentative Wahlstatistik für die Wahl zum 13. Bundestag verabschiedet. Die Änderung von § 51 Abs. 2 Bundeswahlgesetz wurde am 28. September 1994 – drei Wochen vor dem Wahltag – verkündet (BGBl. I S. 2734).
Die Begründung zur Aussetzung der Vorschriften über die repräsentative Wahlstatistik für die Wahl zum 13. Deutschen Bundestag verwies auf nicht näher erläuterte Bedenken, „mit einem nach Alter und Geschlecht gekennzeichneten Stimmzettel an der Wahl teilzunehmen“ (Drucksache 12/8152, S. 3). Der Bundesrat hatte diese Bedenken seinerzeit nicht geteilt. Nach seiner Auffassung ist die repräsentative Wahlstatistik unverzichtbar, um Erkenntnisse über das Wahlverhalten nach Alter und Geschlecht sowie über die Gruppe der Nichtwähler zu gewinnen und den Wahlforschungsinstituten Grundlagen für Wahlforschung und Hochrechnungen zu liefern (Entschluss vom 23. September 1994, Bundesratsdrucksache 841/94 – Beschluss). In der oben erwähnten Entschließung hatte der Bundesrat nicht nur das erhebliche öffentliche Interesse an der repräsentativen Wahlstatistik betont, sondern auch den Deutschen Bundestag und die Bundesregierung aufgefordert, unverzüglich nach der Bundestagswahl 1994 Vorschläge für die künftige Ausgestaltung der repräsentativen Wahlstatistik vorzulegen. Eine entsprechende Gesetzesinitiative war jedoch in der 13. Wahlperiode nicht erfolgt.
Trotz breiter Kritik aus Wissenschaft und Forschung hatte der Deutsche Bundestag am 25. Juni 1998 einen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP zur erneuten Aussetzung der repräsentativen Wahlstatistik beschlossen (Gesetz über die Aussetzung der Vorschriften über die repräsentative Wahlstatistik für die Wahl zum 14. Deutschen Bundestag vom 25. August 1998, BGBl. I S. 2430). Der Bundesrat hatte diesem Entwurf am 10. Juli 1998 zugestimmt. In der erläuternden Entschließung (Bundesratsdrucksache 661/98 – Beschluss) begründete der Bundesrat seine Zustimmung – wie schon bei der Bundestagswahl 1994 – damit, dass die Vorbereitungen für die Bundestagswahl 1998 zu weit fortgeschritten seien und den Wählern und Wahlbehörden wenige Wochen vor dem Wahltag keine Ungewissheit über die Modalitäten der Stimmabgabe mehr zugemutet werden könne. Zugleich bekräftigte der Bundesrat aber das erhebliche öffentliche Interesse an den Ergebnissen der repräsentativen Wahlstatistik und forderte den Bundestag und die Bundesregierung auf, „unverzüglich eine inhaltliche Überarbeitung der bundesrechtlichen Vorschriften über die Repräsentative Wahlstatistik einzuleiten“.
Kurz nach der Bundestagswahl am 28. September 1998 betonten Wahl- und Meinungsforschungsinstitute, der Deutsche Städtetag sowie Universitäten und Statistische Ämter die Notwendigkeit der repräsentativen Wahlstatistik und plädierten für eine gesetzliche Regelung.
Diese erfolgte mit dem am 1. Juni 1999 in Kraft getretenen Gesetz über die allgemeine und die repräsentative Wahlstatistik bei der Wahl zum Deutschen Bundestag und bei der Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (WStatG – Wahlstatistik) vom 21. Mai 1999 (BGBl. I S. 1023). Das Gesetz hat sich bereits bei der Wahl der Abgeordneten aus der Bundesrepublik Deutschland zum Europäischen Parlament am 13. Juni 1999 bewährt.
Das Wahlstatistikgesetz in der Fassung vom 21. Mai 1999 sah noch keine Einbeziehung der Briefwahlstimmen in die repräsentative Wahlstatistik vor. Der Anteil der Briefwähler an der Gesamtzahl der Wähler hat sich jedoch stetig erhöht (vgl. dazu unten Kapitel 1.15 Briefwähler). Vor diesem Hintergrund wurde am 17. Januar 2002 – noch rechtzeitig vor der Wahl zum 15. Deutschen Bundestag am 22. September 2002 – das 1. Gesetz zur Änderung des Wahlstatistikgesetzes (BGBl. I S. 412) erlassen. Dieses Gesetz sieht nunmehr die Einbeziehung ausgewählter Briefwahlbezirke in die Statistik vor. Durch diese Einbeziehung der Briefwahlstimmen werden ca. 300 000 bis 350 000 (Brief-)Wähler zusätzlich von der repräsentativen Wahlstatistik betroffen sein.
Die repräsentative Wahlstatistik ist eine Stichprobenerhebung. Die Auswahl der Stichprobenwahlbezirke trifft der Bundeswahlleiter im Einvernehmen mit den Landeswahlleitern und den Statistischen Ämtern der Länder.
Nach § 3 WStatG dürfen nicht mehr als fünf vom Hundert der Wahlbezirke und der Briefwahlbezirke eines Landes an der repräsentativen Wahlstatistik teilnehmen. Die ausgewählten Wahlbezirke müssen darüber hinaus jeweils mindestens 400 Wahlberechtigte (bei der Urnenwahl; bei der Briefwahl: 400 Wähler) umfassen. Diese Regelungen tragen dem Gebot der Anonymität der repräsentativen Wahlstatistik Rechnung und garantieren somit die Wahrung des Wahlgeheimnisses.
Aus den ca. 80 000 Wahlbezirken und ca. 10 000 Briefwahlbezirken wurden für die Wahlen zum 15., 16. und 17. Deutschen Bundestag für die Feststellung der Wahlbeteiligung der Männer und Frauen nach Altersgruppen rund 2 500 Urnenwahlbezirke ausgewählt. Die Stimmabgabe der Männer und Frauen nach Altersgruppen wurde in rund 2 600 Urnenwahlbezirken und rund 380 Briefwahlbezirken statistisch erfasst.
Angaben für den Zeitraum bis 1990 s. Datenhandbuch 1949 – 1999, Kapitel 1.15.