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Der Bund muss in diesem Jahr weitere Kredite aufnehmen. © picture-alliance/chromorange
"Die Neuverschuldung des Bundes 2009 wird auf weit über 50 Milliarden Euro belaufen", kündigte der Parlamentarische Staatssekretär Karl Diller (SPD) am Freitag, 19. Juni 2009, vor dem Deutschen Bundestag an. Anlass dafür war die erste Beratung des zweiten Nachtrags zum Bundeshaushalt 2009, der in der kommenden Sitzungswoche verabschiedet werden soll. Das diesjährige Niveau der Neuverschuldung werde im kommenden Jahr noch einmal "sehr deutlich" übertroffen, sagte Diller. Die Defizite würden die bisherigen Höchststände bei Weitem übersteigen.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung über die Feststellung eines zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan 2009 (16/13000) spricht von einer Aufstockung der Nettokreditaufnahme von derzeit fast 36,88 Milliarden Euro auf mehr als 47,59 Milliarden Euro. Die Gesamtausgaben des Bundes würden von fast 297,62 auf fast 303,22 Milliarden Euro steigen, gut 20 Milliarden Euro mehr als 2008.
Die am 19. Juni beschlossenen Vergünstigungen durch das Bürgerentlastungsgesetz und die Senkung der Besteuerung von Agrardiesel kämen zur Kreditaufnahme hinzu und müssten noch in den Regierungsentwurf eingearbeitet werden, sagte Diller.
Inwieweit die beiden Sondervermögen, der Bankenrettungsfonds und der Investitions- und Tilgungsfonds, zum Tragen kommen, lasse sich nicht beziffern, so der SPD-Haushaltspolitiker in seiner letzten Rede vor dem Deutschen Bundestag.
Diller unterstrich, dass der Bund seine strukturelle Neuverschuldung ab 2011 stufenweise zurückführen müsse. "Nach Überwindung der Krise muss der Staat wieder auf einen nachhaltigen Kurs zurückfinden.“
Spielräume für Steuersenkungen werde es nicht geben. Durch die jüngsten Steuerbeschlüsse seien die Bürger bereits um 21,4 Milliarden Euro jährlich entlastet worden, "eine Leistung, auf die wir stolz sein können“, so Diller.
Die haushaltspolitischen Sprecher der FDP und von Bündnis 90/Die Grünen, Jürgen Koppelin und Alexander Bonde, kritisierten die Abwesenheit von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) in der Debatte.
Die Finanz- und Wirtschaftskrise sei nur ein Teil der Wahrheit, der andere sei, dass die Koalition nicht bereit gewesen sei, auf Sparvorschläge einzugehen, sagte Koppelin. Die FDP habe Sparvorschläge von zwölf Milliarden Euro unterbreitet. "Sie kommen aus der Schuldenfalle nicht heraus“, so Koppelin an Union und SPD gerichtet.
Norbert Barthle (CDU/CSU) sprach von der tiefsten Rezession, die das Land je erlebt habe, mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um sechs Prozent. Auch wisse man nicht, wie es weitergeht: „Wir haben keine Blaupause.“ Zwar gebe es erste optimistisch Anzeichen, doch lägen auch von Experten keine belastbaren Aussagen vor.
Steuererhöhungen wären kontraproduktiv, so Barthle, sodass es zur Neuverschuldung keine Alternative gebe. Die beschlossene Schuldenbremse sei ein klares Signal, dass man wieder zurückkehren wolle zu konsolidierten Haushalten.
Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke) bezifferte die Neuverschuldung auf 80 Milliarden Euro, wenn man die beiden „Schattenhaushalte“, den Bankenrettungsfonds und den Investitions- und Tilgungsfonds, mit einbeziehe. Da sei zu fragen, wie die Koalitionsfraktionen weitere Steuersenkungen finanzieren wollten.
Die Linke werde den zweiten Nachtragshaushalt ablehnen. "Es muss klargemacht werden, wer uns die gigantischen Schulden eingebrockt hat.“ Diejenigen müssten auch zur Kasse gebeten werden.
Alexander Bonde von den Grünen wunderte sich, dass zum Bankenrettungsfonds im Nachtragshaushalt nichts zu finden sei. Dieses Nachtragshaushaltsgesetz sei ein "Insolvenzantrag dieser Bundesregierung“. Es sei nun Zeit für eine "solide Haushaltspolitik“, die Koalitionsfraktionen hätten "brachial versagt“.
Steffen Kampeter, haushaltspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, pflichtete Karl Diller bei: "Die Zahlen im Haushalt 2010 werden nicht gut sein.“ Er rief dazu auf, "unsere Stärke“ zur Krisenbewältigung einzusetzen: „Pessimismus ist nicht angesagt.“ Die Finanzpolitik der nächsten Jahre werde die Herausforderung dafür sein, ob die Politik wieder Handlungsfähigkeit gewinnen kann.