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Mit großer Mehrheit hat der Bundestag am Donnerstagabend, 17. Dezember 2009, nach rund einstündiger Debatte beschlossen, den "Atalanta“-Einsatz der Bundeswehr um ein weiteres Jahr zu verlängern. Demnach werden deutsche Marinesoldaten bis zum 18. Dezember 2010 die Schifffahrt vor der somalischen Küste gegen Angriffe von Piraten schützen können. 492 Abgeordnete der Fraktionen von Union, SPD, FDP und Bündnis 90/ Die Grünen stimmten bei der namentlichen Abstimmung für den von der Bundesregierung eingereichten Antrag (17/179). 74 Abgeordnete, vornehmlich aus der Linksfraktion, stimmten dagegen. Es gab zudem elf Enthaltungen. Keine Mehrheit fanden im Plenum dagegen ein Entschließungsantrag der SPD (17/279) sowie zwei Entschließungsanträge von Bündnis 90/Die Grünen (17/280, 17/281).
"Mission ist ein voller Erfolg"
Als erster Redner der Debatte zog der FDP-Abgeordnete Joachim Spatz eine positive Zwischenbilanz des seit einem Jahr laufenden Antipiraterie-Einsatzes am Horn von Afrika: Die Mission sein ein "voller Erfolg“. Nicht nur hätten alle Schiffe des Welternährungsprogramms ihre somalischen Zielhäfen erreicht, auch die Zahl der erfolgreich gekaperten Handelsschiffe sei im letzten Jahr zurückgegangen.
Das sei ein "wichtiges Indiz“, für die Notwendigkeit des militärischen Einsatzes, sagte Spatz mit Blick zur Linksfraktion, die den Militäreinsatz abgelehnt hatte. "Zivile Kräfte, wie von Ihnen gefordert, sind aber keine Alternative“, betonte der Liberale, "die schrecken vielleicht Playmobil-Piraten ab, doch keine echten!“
Zudem betonte Spatz die Notwendigkeit, die Ursachen der Piraterie in Somalia zu bekämpfen. Daher sei es gut, dass der Militäreinsatz auch von politischen Komponenten begleitet werde und die EU den Staatsaufbau in dem ostafrikanischen Land durch eine Ausbildungsmission für somalische Soldaten in Uganda unterstützen wolle, so der FDP-Abgeordnete.
"Anrainerstaaten an Atalanta-Einsatz beteiligen"
Lars Klingbeil (SPD) signalisierte ebenfalls für seine Fraktion Zustimmung für die Fortsetzung des "Atalanta“-Einsatzes. Die humanitäre Situation in Somalia sei eine "Katastrophe“, sagte der Abgeordnete. Die militärische Präsenz am Horn von Afrika sei da eine "Garantie“, dass die Hilfslieferungen des "World Food"-Programms ihr Ziel erreichten.
Die Piratenattacken hätten dagegen bislang noch kein Ende gefunden. Hier müsse noch mehr getan werden, forderte Klingbeil. "Wir müssen aber aufhören, zivile und militärische Mittel gegeneinander zustellen.“ Der SPD-Abgeordnete bekräftigte zudem die Notwendigkeit, die Anrainerstaaten stärker an der Antipiraterie-Mission zu beteiligen.
Die Bundesregierung solle sich zudem für einen internationalen Seegerichtshof einsetzen, damit Piraterie rechtlich verfolgt werden könne. Auch die Mission "Atalanta“ könne noch optimiert werden, sagte Klingbeil. So sollten die Einsätze besser koordiniert und mindestens einmal im Jahr eine Planungskonferenz abgehalten werden.
"Einsatz liegt in unserem ureigensten Interesse"
Markus Grübel (CDU/CSU) nannte die Piraterie ein "brutales, organisiertes Verbrechen – ebenso wie Drogen- oder Menschenhandel“. Schon allein deshalb sei die Beteiligung der deutschen Marine an dem Antipiraterie-Einsatz "unverzichtbar“. "Die Teilnahme ist moralisch geboten“, betonte Grübel.
Aber sie sei auch aus wirtschaftlichen Gründen wichtig: "Für Deutschland sind freie Handelswege unverzichtbar. Davon hängen viele Arbeitsplätze ab“, erklärte der Unions-Abgeordnete. Deutschland habe mit dreieinhalb Tausend Schiffen die drittgrößte Handels- und Containerflotte der Welt. „Diese Zahlen machen unsere Abhängigkeit von freien Seewegen deutlich!“
Der Einsatz sei somit Deutschlands "ureigenstes Interesse“. Darüber hinaus mache jeder von Piraten erpresste Euro die Lage am Horn von Afrika instabiler und verursache Hunger und Gewalt in Somalia, argumentierte Grübel und schloss dann seine Rede mit dem Appell: "Lassen Sie uns diesen wichtigen Einsatz verlängern!“
Keine Beteiligung an der "Militarisierung der Außenpolitik"
Dagegen wandte sich Sabine Buchholz (Die Linke) vehement: Die Bundesregierung betreibe eine "Militarisierung der Außenpolitik Deutschlands und der EU“. "Daran beteiligen wir uns nicht“. Zudem kritisierte die Abgeordnete ganz grundsätzlich die Politik des Westens gegenüber Somalia in den vergangenen Jahren: Schuld an der Misere des ostafrikanischen Staates, in dem Bürgerkrieg herrsche und bis heute Armut und Gewalt das Leben dominierten, sei die "Zins- und Schuldenpolitik“ des Westens. „Die hat Somalia ruiniert und destabilisiert“, monierte Buchholz.
Europa habe zudem den Staatsaufbau in der Vergangenheit eher behindert, als unterstützt, behauptete Buchholz, sich sogar mit Warlords verbündet, weil der Staat nicht "prowestlich“ genug gewesen sei. Mit "Atalanta“ verfolgten EU und NATO sowie die anderen am Einsatz beteiligten Staaten eher eigene Rohstoffinteressen und militärische Ziele als humanitäre, kritisierte Buchholz: "Wenn es Ihnen um die Hilfslieferungen ginge, dann würden sie diese mit zivilen Schutzkräften ausstatten.“
"Deutschland soll ehrlicher Makler sein"
Kerstin Müller (Bündnis 90/Die Grünen) kündigte an, im Gegensatz zur Linksfraktion werde ihre Fraktion dem vorliegenden Antrag auf Verlängerung des "Atalanta“-Mandats mehrheitlich zustimmen. "Es geht doch darum: Wir müssen das eine tun und das andere nicht lassen“, sagte Müller und meinte damit den Einsatz militärischer sowie politischer Mittel, um die Piraterie in Somalia einzudämmen.
"Niemand behauptet doch, dass die Ursachen mit militärischer Präsenz zu beseitigen sind“, betonte Müller. Das Problem seien fehlende staatliche Strukturen, Armut und Gewalt. Die Grünen-Politikerin forderte, Deutschland und die EU dürften sich aber nicht hinter dem Antipiraterie-Einsatz "verstecken“, sondern müssten „endlich die Menschen in Somalia in den Mittelpunkt stellen“.
Dazu gehöre auch, das zu halten, was man an versprochen habe, sagte Müller mit Blick zur Regierungsbank. 30 Prozent der zugesagten Gelder für Amisom, die Friedenstruppe der Afrikanischen Union, seien nicht gezahlt worden, monierte Müller. "Die Soldaten bekommen seit Monaten kein Geld!“ Deutschland müsse sich endlich als ehrlicher Friedensmakler in der Region für eine nachhaltige Ursachenbekämpfung der Piraterie einsetzen.