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Vor dem Hintergrund der von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) geplanten Reform der Pflege- versicherung steht am Freitag, 28. Januar 2011, ab 10.55 Uhr ein Antrag der Fraktion Die Linke (17/4425) auf der Tagesordnung. Darin fordern die Abgeordneten, die Einführung einer verpflichtenden Kapitaldeckung in der Pflegever- sicherung zu verhindern. Zur Debatte stehen auch die Große Anfrage der Linksfraktion (17/2219) zur Um- setzung des neuen Pflegebegriffs sowie die Antwort der Regierung (17/3012).
In dem Antrag mit dem Titel "Kopfpauschale in der Pflege verhindern - Humane und solidarische Pflegeversicherung gewährleisten" heißt es, die schwarz-gelbe Bundesregierung wolle in der Pflegeversicherung den Einstieg in eine verpflichtende Kapitaldeckung.
Als Verlierer einer solchen privaten "Zwangs-Zusatzversicherung" sieht die Linksfraktion vor allem Rentner, Beschäftigte mit geringem Einkommen und Arbeitslose. Menschen mit höherem Einkommen hingegen würden verschont; die privaten Versicherungskonzerne erwarte ein Milliardengeschäft.
Nach Ansicht der Antragsteller bietet eine Kapitaldeckung gegenüber der bestehenden Umlagefinanzierung nur Nachteile. So wäre die anvisierte private Pflegezusatzversicherung jeder politischen Kontrolle entzogen und der Kapitalstock damit den Risiken der Finanzmärkte ausgesetzt.
Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung daher auf, "jegliche Aktivitäten zu unterlassen, die die Einführung einer verpflichtenden Kapitaldeckung in der sozialen Pflegeversicherung zum Ziel haben". Außerdem solle die Bundesregierung umgehend einen Gesetzentwurf für eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung vorlegen.
Dabei müsse die Pflegeabsicherung in Richtung Selbstbestimmung und Teilhabe neu ausgerichtet, ein neues Begutachtungsverfahren eingeführt und das Leistungsniveau deutlich angehoben werden. Außerdem fordert die Fraktion, die Rahmenbedingungen für Angehörige und Ehrenamtliche zu verbessern, die notwendige Infrastruktur auszubauen sowie die Tätigkeit von Pflegekräften gesellschaftlich anzuerkennen und besser zu bezahlen.
Um die Finanzierung der Pflegeversicherung langfristig zu gewährleisten, heißt es in dem Antrag weiter, müsse eine solidarische Bürgerversicherung eingeführt und eine paritätische Finanzierung in der Pflegeversicherung hergestellt werden.
79 Einzelfragen umfasst die Große Anfrage der Linksfraktion vom 16. Juni 2010, in der es um den Stand der Umsetzung des neuen erweiterten Pflegebegriffs geht. Erarbeitet wurde dieser von einem Beirat zur Überprüfung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs, der im Oktober 2006 von der damaligen schwarz-roten Bundesregierung eingesetzt worden war.
Die 2009 vorgelegten Empfehlungen und konkreten Vorschläge dieses Beirats bewerten die Abgeordneten grundsätzlich positiv, da sie geeignet seien, "einen Paradigmenwechsel für eine die Teilhabe ermöglichende Pflege und/oder Assistenz" einzuleiten.
Von der Bundesregierung wollen die Abgeordneten unter anderem wissen, ob sie plane, den derzeitigen Pflegebegriff, der dem Sozialgesetzbuch IX zugrunde liegt, zu überarbeiten, und wie sie in diesem Zusammenhang die Umsetzbarkeit der Empfehlungen und Vorschläge des Beirats zur Reform des Pflegebegriffs bewerte.
In ihrer Antwort schreibt die Bundesregierung, dass Überlegungen zur Überarbeitung des derzeitigen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und Begutachtungsverfahrens als Elemente einer qualitativen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung in der Diskussion seien.
In diesem Zusammenhang sei auf bestehende Ansätze hinzuweisen und zugleich zu betonen, dass eine Neuregelung hinsichtlich ihrer finanziellen Auswirkungen auf die Pflegeversicherung, die öffentlichen Haushalte und auf den Zusammenhang mit anderen Leistungssystemen hin überprüft werden müsse.
Angesichts der demografischen Entwicklung sei es zudem notwendig, "die generationengerechte Finanzierung der Pflegeversicherung sicherzustellen". Die Koalitionspartner hätten deswegen vereinbart, das bestehende Umlageverfahren durch eine Kapitaldeckung zu ergänzen.
Die Entwicklungsschritte hierzu würden in einer interministeriellen Arbeitsgruppe ausgearbeitet. Dabei werde zu prüfen sein, inwieweit dies Chancen für eine langfristige Finanzierung der Leistungsdynamisierung sowie für eine Ausweitung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs eröffne.
Beraten wird auch über einen Entschließungsantrag der Linksfraktion (17/4557) zur Regierungsantwort. Darin wird die Regierung aufgefordert, eine solidarische "Bürgerinnen- und Bürgerversicherung" in der Pflege einzuführen und das Leistungsniveau der Pflegeversicherung deutlich anzuheben. (nal)