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Der Verbraucherschutz vor Kostenfallen im Internet soll verbessert werden. Dafür sprachen sich alle acht Experten in der öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses unter Vorsitz von Siegfried Kauder (CDU/CSU) zu diesem Thema am Montag, 6. Februar 2012, aus. Anlass war der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches zum besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen im elektronischen Geschäftsverkehr (17/7745). Danach sollen bei Online-Bestellungen die Unternehmen ihre Kunden unmittelbar vor Absenden der Bestellung über den Gesamtpreis der Bestellung, das heißt der Ware oder der Dienstleistung, informieren.
Ein verbindlicher Kaufvertrag solle nur dann zustande kommen, wenn der Verbraucher ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet, heißt es seitens der Regierung. Sofern die Bestellung über eine Schaltfläche auf der Internetseite erfolgt, müsse die Beschriftung der Schaltfläche unmissverständlich auf die Zahlungspflicht hinweisen.
Felix Braun, Rechtsassessor beim Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz in Kehl, vertrat die Ansicht, der Gesetzentwurf trage dem Erfordernis, „dem Problem der Kostenfallen im Internet wirksam Einhalt zu gebieten, weitgehend effektiv Rechnung“. Angesichts „der Dringlichkeit und des Ausmaßes des Problems“ sei eine zeitnahe gesetzgeberische Lösung „ohne weiteres Abwarten sinnvoll und erstrebenswert“.
Die Trusted Shops GmbH, vertreten durch Dr. Carsten Föhlisch, befürwortete ebenfalls den Gesetzentwurf. Allerdings führte Föhlisch zu einzelnen Details und deren Umsetzung, etwa die Gestaltung von Schaltflächen, Alternativvorschläge an. Darüber hinaus sprach er sich für eine längere Übergangsfrist aus, „weil viele Unternehmer die Änderungen nicht selbst vornehmen können, sondern auf Programmierarbeiten Dritter angewiesen sind.“
„Rechtsdogmatische Bedenken gibt es unserer Ansicht nach nicht“, erklärte Jens Gnisa, Vizepräsident des Landgerichts Paderborn und Mitglied des Präsidiums des Deutschen Richterbundes (DRB). Die Vorlage sei zur Umsetzung geeignet und es bestehe „dringender Handlungsbedarf“.
Für den Verbraucherzentrale Bundesverband betonte Jutta Gurkmann die Dringlichkeit einer Gesetzesänderung. „Die Verbraucherfallen sind nach wie vor ein Riesenärgernis“, das alle gesellschaftlichen Schichten und alle Altersklassen betreffe. „Die Verbraucher sind unsicher, tappen in Abofallen und zahlen dann die vermeintlichen Schulden“, führte sie beispielhaft aus. Deshalb forderte Gurkmann eine Optimierung der Oberflächen in Online-Shops zugunsten des Verbrauchers, der wissen müsse, ob er „einen Vertrag geschlossen hat oder nicht“.
Dr. Peter J. Schröder vom Handelsverband Deutschland (HDE) sagte, auch der Handel müsse geschützt werden. „Dem wird im neuen Gesetzentwurf Rechnung getragen“, erklärte er, sodass auch sein Verband den Gesetzentwurf befürworte.
Auf die Problematik, dass das EU-Recht dem nationalen Gesetzgeber nur einen „sehr kleinen Spielraum“ gebe, verwies Prof. Dr. Hans Schulte-Nölke, Direktor am European Legal Studies Institute der Universität Osnabrück. Deshalb müsse an den Details noch gefeilt werden. „Insgesamt halte ich das Gesetz für sehr unterstützenswert“, sagte er abschließend.
„Ich schließe mich allen Vorrednern an“, sagte Prof. Dr. Rolf Schwartmann, Leiter der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht der Fachhochschule Köln, und begrüßte, dass der Bundestag sich diesem Thema widmet. Er regte an, die Bezeichnung „Kasse“ verpflichtend online zu benutzen, um Bezahlvorgänge zu kennzeichnen. Denn diesen Begriff kenne jeder Verbraucher.
Abschließend stellte Helga Zander-Hayat, Leiterin der Gruppe Verbraucherrecht der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen heraus, wie groß die vorherrschende Problematik sei. „Bei uns heißt das Internetabzocke“, sagte sie. "Allein in Nordrhein-Westfalen haben sich schon Hunderttausende betroffene Verbraucher bei Verbraucherzentralen gemeldet.“ (ver)