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Thomas Rachel, Parlamentarischer Staatssekretär im Forschungsministerium, stellte sich den Fragen der Abgeordneten. © DBT/Melde
Im Mittelpunkt der Regierungsbefragung am Mittwoch, 25. Januar 2012, stand das neue Rahmenprogramm „Forschung für die zivile Sicherheit 2012 bis 2017“, mit dem die Bundesregierung das bisherige, im Jahr 2011 ausgelaufene Sicherheitsforschungsprogramm fortsetzt. Abgeordnete aller Fraktionen stellten in der 40-minütigen Befragung rund 20 Fragen zu Zielen, Schwerpunkten und Umsetzung des Programms.
Das Rahmenprogramm „Forschung für die zivile Sicherheit 2012 bis 2017“ orientiere sich an den Strukturen des ersten, von 2007 bis 2011 laufenden Programms, erläuterte Thomas Rachel (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesforschungsministerium, zu Beginn der Regierungsbefragung im Plenum. „Es setzt aber auch neue Impulse.“ So konzentriere sich die Forschungsförderung insbesondere auf den Bereich der Prävention sowie auf Maßnahmen zur Krisenbewältigung. „Anhand von Krisenszenarien sollen neue und verbesserte Lösungswege untersucht werden“, erklärte der Rachel.
Ganz bewusst würden in die Forschungsprojekte auch die späteren Nutzer, zum Beispiel Feuerwehr, Notärzte, Technisches Hilfswerk und Polizei, miteingebunden. Ebenfalls von Anfang an integriert seien, so der CDU-Politiker, auch Experten der Sozial- und Geisteswissenschaftler. Denn gesellschaftliche, rechtliche und ethische Aspekte spielten eine wichtige Rolle. „Ziel des Programms ist Forschung für Sicherheit in der offenen Gesellschaft“, betonte Rachel. So gehe es konkret um die Verbesserung der Sicherheit der Bürger sowie lebenswichtiger Infrastrukturen für Waren, Verkehr und Information.
Zwar gehöre Deutschland zu den sichersten Länder auf der Welt, doch schon ein großflächiger Stromausfall könne Deutschland in den Ausnahmezustand versetzen: „Telefon und Internet würden nicht funktionieren, wir hätten auch kein Bargeld, weil Bankautomaten Strom benötigen – ebenso wie die Pumpen an den Tankstellen.“
Ein solcher Großschadensfall sei aber nur ein Beispiel für die vielfältigen Risiken, denen die Politik national und international gegenüberstehe, betonte der Staatssekretär. Weitere Bedrohungen entstünden durch den weltweit operierenden Terrorismus und organisierte Kriminalität, aber auch durch Extremwetterereignisse. „Solchen Herausforderungen stellt sich die Bundesregierung mit dem neuen Rahmenprogramm“, sagte Rachel.
Schwerpunkte des Programms, für das jährlich rund 55 Millionen Euro bereitstehen sollen, seien unter anderem urbane Sicherheit, Schutz vor Gefahrstoffen und die Sicherheit der Wirtschaft. Forschungsbedarf bestehe aber auch beim Schutz kritischer Infrastrukturen, so Rachel. Als übergreifendes Forschungsthema nannte er die Analyse gesellschaftlicher und ethischer Aspekte ziviler Sicherheit.
Gerade die Abgrenzung der zivilen Sicherheitsforschung zur militärischen Sicherheitsforschung interessierte die Abgeordnete Krista Sager (Bündnis 90/Die Grünen), die nach der etwa fünfminütigen einführenden Erklärung des Staatssekretärs die Befragung eröffnete: „Gibt es Richtlinien, um dem zivilen Charakter des Programms gerecht zu werden?“
Thomas Rachel stellte daraufhin heraus, die zivile Sicherheitsforschung sei ausschließlich an zivilen Anwendungsszenarien orientiert. „Es handelt sich hier nicht um Wehrforschung“, stellte er klar. „Militär- oder verteidigungspolitische Fragen spielen keine Rolle.“ Nichtsdestotrotz könne sich auch die Hochschule der Bundeswehr an der Arbeit an zivilen Projekten beteiligen.
Hier hakte Dr. Petra Sitte (Die Linke) nach: „Wie schaffen Sie Transparenz?“ Die Abgeordnete vermutete, dass sich Universitäten, deren Satzung eine Zivilklausel enthält und sie damit zu einer Forschung nur zu friedlichen Zwecken verpflichtet, nicht an Projekten des Forschungsprogramms beteiligen könnten.
Rachel sah diese Schwierigkeit allerdings nicht: Alle Projekte dienten ausschließlich der zivilen Sicherheit. „Daher können sich natürlich auch Universitäten mit Zivilklausel beteiligen.“
Der CSU-Abgeordnete Albert Rupprecht erkundigte sich zum einen danach, wie die Schwerpunkte des Forschungsprogramms ausgewählt und festgelegt wurden. Zum anderen interessierte den Abgeordneten, was für den Schutz von Katastrophenhelfer getan werde. Rachel erläuterte hierzu, die Auswahl der Schwerpunkte sei das Ergebnis eines Dialogs mit der Fachszene. Relevante Akteure, wie zum Beispiel Forschungsorganisationen, Behörden und Verbände, seien aufgerufen gewesen, sich aktiv in den Prozess einzubringen und zukünftige Forschungsthemen vorzuschlagen.
Auf die Frage nach dem Schutz von Katastrophenhelfern antwortete Rachel mit einem Hinweis auf ein Projekt, dass eine „integrierte Schutzbegleitung der Feuerwehr“ entwickeln solle. Ziel sei es, damit zum Beispiel die Ortung der Helfer erleichtern.
Sein Fraktionskollege Uwe Schummer (CDU/CSU) fragte im Anschluss daran, welchen „Beitrag“ kleine und mittelständische Unternehmen in der zivilen Sicherheitsforschung leisten.
Rachel betonte, die Beteiligung kleiner und mittelständischer Unternehmen sei ein besonderes Anliegen der Bundesregierung. Bislang machten Unternehmen rund 43 Prozent der Projektpartner im Bereich der zivilen Sicherheitsforschung aus.
René Röspel (SPD) erkundigte sich insbesondere nach der Auswertung der bisherigen Forschung: „Bislang sind 120 Millionen Euro im Rahmen des alten Forschungsprogramms für Forschungsförderung ausgegeben worden – ist das denn evaluiert worden und in die Planung des neuen Programms eingeflossen?“
Thomas Rachel erklärte dazu, dass eine Evaluation des ersten Programms vorgesehen sei. Der Auftrag für eine empirische Studie sei ausgeschrieben worden und werde „gerade vergeben“.
Patrick Meinhardt (FDP) wiederum interessierte sich besonders für die wirtschaftlichen Aspekte der zivilen Sicherheitsforschung: „Welches Volumen hat der Markt für Produkte der zivilen Sicherheitsforschung – und wie erfolgreich sind deutsche Unternehmen?“
Rachel hatte hierzu die Zahlen parat: Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWI) habe das geschätzte Jahresvolumen 2008 bei 20 Milliarden Euro gelegen, so der Staatssekretär. Zudem handele es sich um einen „wachsenden Markt“. Für 2015 gehe das BMWI von einem Jahresvolumen von 31 Milliarden Euro aus. „Deshalb macht es Sinn dass sich die Forschungseinrichtungen und Hochschulen mit ihrem Know-how beteiligen“, sagte Rachel.
Deutsche Unternehmen seien bislang im Forschungsprogramm sehr erfolgreich beteiligt, sowohl was die Mittelrückflussquote also auch die Projektbeteiligung angehe: Erste sei inzwischen von 10 auf 15 Prozent gestiegen. Beteiligt seien deutsche Unternehmen sogar bei vier von fünf Projekten. (sas)