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Einen ungewöhnlichen Vorschlag zur Bahnlärm-Minderung hat der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages unterbreitet. Bei einem Ortstermin in Bremen-Walle entwickelte eine dreiköpfige Ausschuss-Abordnung am Montag, 6. Februar 2012, die Idee, die Zwischenräume („Ausfachungen“) zwischen den Streben eines Bahnbrücken- geländers mit Schallschutzplatten zu verschließen.
Auch das Geländer am anschließenden Bahndamm ließe sich möglicherweise so verkleiden, meinte der stellvertretende Ausschussvorsitzende Gero Storjohann (CDU/CSU) nach einer Besichtigung des Bahndamms. Storjohann war mit den Ausschussmitgliedern Sonja Amalie Steffen (SPD) und Agnes Alpers (Die Linke) nach Bremen-Walle gekommen, um auf eine Petition von 300 Bahnanliegern zu reagieren.
Die Bürgerinitiative kämpft nach eigenen Worten schon seit 2000 für "lückenlosen Lärmschutz" an der Strecke Bremen - Bremerhaven, die direkt durch einen dicht bebauten Stadtteil führt. Neben dem Regional-Taktverkehr fahren hier auch schwere Güterzüge zum und vom zweitgrößten deutschen Universalhafen Bremerhaven. Außerdem wird der fünfgleisige Streckenabschnitt für Rangierfahrten genutzt.
Schon jetzt sei die Belästigung durch Lärm und Erschütterungen "unerträglich und inakzeptabel", heißt es in der Petition. Das führe nicht nur zu Gesundheitsproblemen, sondern mindere auch den Wert der Immobilien. Wegen des steigenden Hafenumschlags werde der Güterverkehr noch weiter zunehmen, vor allem nachts, befürchten die Anlieger.
Doch die Deutsche Bahn lehnt den Bau von Lärmschutzwänden an dem umstrittenen, maximal 300 Meter langen Streckenabschnitt ab - wegen "unverhältnismäßig hohen Kostenaufwands", wie die Petenten die zuständige DB Projektbau GmbH zitieren. Die bisherige Stützwand des Bahndammes könne nämlich keinen Lärmschutz tragen. Dafür wären größere Umbauten nötig. Stattdessen bot die Bahn den Anliegern den Einbau von Schallschutzfenstern an. Das wiederum genügte den Petenten nicht, denn im Garten, auf dem Balkon oder bei offenem Fenster bliebe es weiterhin laut.
Um selbst einen Eindruck von der Lage zu gewinnen, machte die Ausschussdelegation bei eisiger Kälte einen Rundgang durch die betroffenen Straßen, gefolgt von zwei Dutzend Bürgern, Bahnfachleuten und Medienvertretern. Zum Bedauern der Petenten fuhren an diesem späten Vormittag nur fünf bis sechs Züge pro Stunde. Ihr Lärm wurde weitgehend vom Autoverkehr übertönt. Aber nachts, so versicherten die Anlieger, sei es wirklich schlimm.
Gegen Ende erklommen die Abgeordneten auch den Bahndamm. Und dort, so erzählte hinterher der Vizevorsitzende Storjohann, entstand die Idee mit der Verkleidung der Geländer-Ausfachungen. Bahn und Bundesverkehrsministerium sollen jetzt mit Hilfe von Gutachtern prüfen, ob dieser Vorschlag hilfreich und realisierbar ist. Außerdem stellte der Ausschuss fest, dass ein Rangiergleis fast gar nicht genutzt wird. Wenn ganz darauf verzichtet würde, wäre hier Platz für eine Lärmschutzwand - ohne teure Umbauten am Bahndamm. Auch diese Idee soll jetzt geprüft werden.
Der Ausschuss will sich ferner dafür einsetzen, dass der von der Bahn angebotene Einbau von Schallschutzfenstern ohne Fristsetzung weiter möglich bleibt, zumindest bis das Ergebnis der angeschobenen Überprüfungen vorliegt.
Der Sprecher der Petenten, Dietmar Kjesa, hofft jetzt auf ein "hörbares und sehbares Ergebnis". Kjesa, Sachbearbeiter im Bremer Sozialamt, nannte das Engagement des Ausschusses einen Ausdruck lebendiger Demokratie. Er machte deutlich, dass es sich in Bremen-Walle um einen exemplarischen Fall handele: "Die Großstädte haben alle dieses Problem." Denn die Bahn müsse nur an Neu- und Ausbaustrecken aktiven Lärmschutz betreiben, nicht aber an vorhandenen Gleisen. "Hier ist dringend der Gesetzgeber gefordert", meinte Kjesa nach dem Rundgang.
Storjohann wies darauf hin, dass die Politik bereits etwas unternommen habe. Zum Beispiel müssten laute Güterzüge künftig höhere Gebühren für die Benutzung von Bahntrassen bezahlen. Aber bis der letzte rumpelnde Waggon ausrangiert worden sei, dauere es noch eine Weile. Auch deshalb kümmere sich der Petitionsausschuss weiterhin gern um Einzelfälle wie in Bremen-Walle.
Laut Storjohann absolviert der Ausschuss in wechselnder Besetzung drei bis vier Ortstermine pro Jahr. Bei etwa 80 Prozent dieser Fälle gehe es um Straßen-, Flug- oder Schienenlärm.
Wenn man sich selbst ein Bild davon mache, so ergänzte die Abgeordnete Steffen, "kann man ganz anders darüber reden". Oft lasse sich dann eine gemeinsame Lösung finden - auch aus Steffens Sicht "ein Zeichen von gelebter Demokratie". (stg)