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Bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales ist der sogenannte Dritte Weg der Kirchen im Arbeitsrecht von der Mehrheit der Sachverständigen als angemessen bezeichnet worden. Kritik gab es dennoch. Der Dritte Weg bezeichnet das Arbeitsrechtssystem der Kirchen, bei dem paritätisch besetzte Kommissionen aus Arbeitnehmern und Dienstgebern die Arbeitsbedingungen wie Gehalt, Urlaub und Arbeitszeit festlegen. Grundlage für die Anhörung am Montag, 26. März 2012, war ein Antrag der Fraktion Die Linke (17/5523), in dem die Abgeordneten den Dritten Weg kritisieren. Er biete ein „wesentlich geringeres Schutzniveau für die Beschäftigten als in ‚normalen‘ Privatunternehmen“.
Der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche Deutschland (EDK) bei der Bundesrepublik und der EU, Reinhard Haas, und Norbert Kleyboldt vom Kommissariat der Deutschen Bischöfe befürworteten den Dritten Weg. Er sei ein dem Tarifvertragssystem gleichwertiges Verfahren, das dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen gerecht werde.
Auch Dr. Gregor Thüsing, Professor für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherung, bewertete den Dritten Weg als „stimmig und systematisch richtig“. Zudem sei er flächendeckender als die tariflichen Möglichkeiten. Artikel 9 des Grundgesetzes, in dem das Recht zur Bildung von Vereinigungen zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen festgeschrieben ist, werde durch den Dritten Weg nicht eingeschränkt, betonte der Arbeitsrechtler Prof. Dr. Jacob Joussen. Vielmehr stelle er eine Möglichkeit dar, diesen Punkt auszugestalten.
Sollte der Dritte Weg wegfallen, hätte das für die Mitarbeiter kirchlicher Einrichtungen negative Konsequenzen, gab der Einzelsachverständige Thomas Schwendele zu bedenken. Auf die Schnelle ließen sich keine tarifrechtlichen Bedingungen auf die Beine stellen, vor allem nicht in kleinen und mittleren Betrieben.
Dennoch sei der Dritte Weg nicht ohne Schwierigkeiten. So hätten aufgrund des politisch verordneten Wettbewerbs in der Sozialbranche auch kirchliche Träger wie die Caritas begonnen, Teile ihrer Betriebe auszugründen, um etwa neu Eingestellte nicht mehr nach den Arbeitsvertragsrichtlinien bezahlen zu müssen.
Deutliche Kritik kam von dem Sozialwissenschaftler Dr. Hermann Lührs. Sollte der Dritte Weg beibehalten werden, würde sich die „Abwärtsspirale zunehmend weiterdrehen“, warnte er. Der Lohnkonflikt nehme zunehmend Einzug in das Kommissionensystem und könne dort nicht ausbalanciert werden. Die Folge seien Funktionsstörungen, Bruchtendenzen und De-Legitimation der Arbeitsrechtlichen Kommissionen.
Auch der Einzelsachverständige Wolfgang Lindenmaier wies auf strukturelle Benachteiligungen in den Kommissionen hin. Die Mitarbeiterseite werde benachteiligt, betonte er. (tyh)