Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > Textarchiv
Die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP wollen den sogenannten Warnschussarrest im Jugendstrafrecht verankern. Einen entsprechenden Gesetzentwurf (17/9389) haben die Fraktionen in den Bundestag eingebracht. Er ist am Freitag, 27. April 2012, ab 12.20 Uhr Thema einer dreiviertelstündigen Debatte im Plenum.
Jugendliche Straftäter, die zu Bewährungsstrafen verurteilt sind, würden diese nicht als Konsequenz ihres Handels wahrnehmen, argumentieren die Fraktionen. Lapidar gesagt, findet bei Bewährungssstrafen die Bestrafung vordergründig nur "auf dem Papier" statt. Ein neues Gesetz soll nun eine deutlichere Reaktion auf schwere Straftaten junger Täter ermöglichen, nämlich den Warnschussarrest: Für bis zu vier Wochen sollen die Täter gleichzeitig zu ihrer Bewährungsstrafe in den Jugendstrafvollzug. Ziel ist es, den jungen Tätern zu veranschaulichen, wie der Gefängnisalltag aussieht, der ihnen bei möglichen weiteren Straftaten drohen würde.
Am 18. April hatte das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Erweiterung der jugendgerichtlichen Handlungsmöglichkeiten beschlossen, den die Koalitionsfraktionen in den Bundestag einbringen werden. "Mit der heute auf den Weg gebrachten Reform des Jugendstrafrechts verstärken wir den Kampf gegen Gewalt und Kriminalität von Jugendlichen", hieß es dazu von Seiten der rechtspolitischen Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Andrea Astrid Voßhoff.
Nach Fraktionsangaben hat der Warnschussarrest noch zwei weitere Ziele: Zum einen, die Jugendlichen eine Zeit lang aus ihrem Alltag und dem damit verbundenen, meist "schädlichen Umfeld" herauszunehmen. Zum anderen können, so die Annahme, die Betreuer im Strafvollzug zumindest einige Tage oder Wochen lang "gezielt erzieherisch" auf die Jugendlichen einwirken.
Eigenen Angaben zufolge ist die Einführung des Warnschussarrests eine langjährige Forderung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Der Warnschussarrest ist der wichtigste Aspekt im Gesetzentwurf.
Als weitere wichtige Neuerung sieht der Entwurf die Anhebung der Höchststrafe für Heranwachsende wegen Mordes auf 15 Jahre vor, sofern ihre Schuld besonders schwer wiegt. Per Definition sind Jugendliche alle jungen Menschen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Mit dem Erreichen der Volljährigkeit gelten sie als Erwachsene. Junge Erwachsene jedoch, die noch nicht die ihrem Alter entsprechende volle mentale Reife erreicht haben, können bis zur Vollendung ihres 21. Lebensjahres juristisch als "Heranwachsende" betrachtet und somit noch nach dem milderen Jugendstrafrecht verurteilt werden.
Begeht ein Heranwachsender einen Mord, der besonders grausam und gewissenlos ist, so kann er nach aktuell geltendem Jugendstrafrecht zu einer maximalen Gefängnisstrafe von zehn Jahren verurteilt werden. Um für solche Fälle einen "angemessenen Schuldausgleich" zu schaffen, soll das Strafmaß nun auf 15 Jahre erhöht werden. "Bei derartigen schwersten Kapitalverbrechen hat die bisherige Begrenzung der Jugendstrafe auf zehn Jahre dem allgemeinen Rechtsempfinden immer wieder eklatant widersprochen", schreiben die Fraktionen in einer Presseerklärung.
Ein dritter zentraler Punkt in dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen ist die sogenannte "Vorbewährung". Wenn ein Jugendgericht das Strafmaß festlegt und das Urteil fällt, steht es oft vor der Entscheidung, ob es eine Strafe zur Bewährung aussetzt oder nicht.
Mit der Neuregelung soll das Gericht nun einen zeitlichen Spielraum erhalten: Es kann die Entwicklung des Jugendlichen und seines Verhaltens abwarten und erst später entscheiden, ob der jugendliche Straftäter in den Strafvollzug muss oder nicht. In der Praxis wurde diese Art der Vorbewährung zwar bereits praktiziert, doch soll sie nun erstmals gesetzlich geregelt werden. (ver)