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Nachtflugverbote, Antibiotika in der Tierhaltung, Einhaltung des EU-Waffenembargos gegen Syrien – nur drei von insgesamt 84 Themen, zu denen Abgeordnete des Bundestages Fragen für die Fragestunde (17/9351) am Mittwoch, 25. April 2012, eingereicht haben. Caren Marks, familienpolitische Sprecherin der SPD, will sich dann nach den genauen Kosten des von der Bundesregierung geplanten Betreuungsgeldes erkundigen, welches Eltern erhalten sollen, wenn sie sich um ihre Kinder selbst kümmern anstatt einen Kitaplatz in Anspruch zu nehmen. Weshalb sie dies für falsch hält und wie das dafür vorgesehene Geld sinnvoller genutzt werden könnte, erklärt die Abgeordnete im Interview:
Frau Marks, über das Betreuungsgeld wird dieser Tage viel und heftig gestritten – auch innerhalb der Bundesregierung. Dabei liegt der Gesetzentwurf noch nicht einmal auf dem Tisch. Sie wollen sich nun erkundigen, wann eigentlich mit der Vorlage zu rechnen ist. Warum so ungeduldig – an einer raschen Umsetzung sind Sie ja sicher nicht interessiert?
Wir wollen Klarheit darüber, welche Linie die Regierungskoalition in Sachen Betreuungsgeld verfolgt und woran sie konkret arbeitet. Denn täglich sind neue Vorschläge in der Presse zu lesen - bis hin zum Verzicht auf ein Betreuungsgeld. Letzteres würde die SPD übrigens für den besten Weg halten. Unsere bisherigen Fragen zum Betreuungsgeld an die Bundesregierung blieben unbeantwortet.
Offiziell heißt es, der Entwurf komme noch vor der Sommerpause. In den Medien wird jedoch spekuliert, dass Familienministerin Kristina Schröder (CDU) zögert, einen Entwurf vorzulegen und lieber die Ausarbeitung einer Arbeitsgruppe der Koalition übertragen würde. Was vermuten Sie, was passieren wird?
Der Vorschlag einer Arbeitsgruppe ist neu. Warum die zuständige Ministerin Schröder darauf nicht längst gekommen ist, frage ich mich wirklich. Das Gezerre um das Betreuungsgeld in der Regierungskoalition macht eine Prognose, wie es weitergehen wird, ehrlich gesagt sehr schwer. Ich vermute, die Ministerin will den offen ausgetragenen Zoff von CDU, CSU und FDP in eine Arbeitsgruppe verlagern, um aus den Negativschlagzeilen zu kommen. Aber das wird ihr kaum gelingen. Wir erleben längst eine breite gesellschaftspolitische Debatte darüber, was moderne Familienpolitik eigentlich heißt - und wie kontraproduktiv ein Betreuungsgeld für die Förderung von Kindern und für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist.
Sie wollen in der Fragestunde auch erfahren, welche Kosten das Betreuungsgeld verursachen wird und ob auch die Länder daran beteiligt werden sollen. Worauf wollen Sie mit dieser Frage hinaus?
Hier geht es um Milliarden an Steuermitteln! Das Parlament hat ein Recht zu erfahren, woher dieses Geld kommen soll und warum stattdessen nicht mehr in den dringend notwendigen Ausbau der frühkindlichen Bildung investiert wird. Soll nur der Bund am Betreuungsgeld beteiligt werden oder kommen auch auf die Länder hohe Kosten zu? Das ist eine wichtige Frage, die es zu klären gilt.
Sie selbst haben das Betreuungsgeld längst als unsinnig bezeichnet. Was ist Ihr Hauptkritikpunkt?
Bürgerinnen und Bürger erhalten auch keine Prämie, wenn sie ein öffentliches Schwimmbad oder eine Bibliothek nicht nutzen. Genau das wäre unsinnig. Erst recht darf eine Entscheidung, wie Eltern ihre Kinder betreuen, nicht prämiert, honoriert oder bestraft werden. Die Bundesregierung will jedoch das Betreuungsgeld nur denjenigen Eltern geben, die ihr Kind nicht in einer Kita betreuen lassen. Es werden somit Anreize geschaffen, Kinder von frühkindlicher Bildung und von früher Sprachförderung fernzuhalten. Traditionelle Rollenmuster werden verfestigt. Zahlreiche Studien warnen zu Recht vor den negativen bildungs-, integrations- und gleichstellungspolitischen Folgen eine Betreuungsgeldes.
Ihre Fraktion erwägt sogar, eine Klage beim Bundesverfassungsgericht einzureichen, sobald der Gesetzentwurf vorliegt. Mit welcher Begründung?
Es ist zu hinterfragen, ob die geplante Einführung des Betreuungsgeldes gegen den Verfassungsauftrag zur Förderung der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern nach Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes verstößt. Der Staat darf nicht die überkommene Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen verfestigen. Genau dies würde mit der Einführung des Betreuungsgeldes aber passieren.
(sas)