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Über den Europäischen Fiskalpakt und den permanenten Euro-Rettungsschirm ESM sind die Experten unterschiedlicher Meinung. So geht für viele Sachverständige der ESM noch nicht weit genug. Dies wurde am Montag, 7. Mai 2012, bei einer öffentlichen Anhörung des Haushaltsausschusses unter Vorsitz von Petra Merkel (SPD) deutlich. Dabei ging um insgesamt vier Gesetzentwürfe der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP zu dem Vertrag vom 2. März 2012 über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (17/9046), zum Gesetzentwurf zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM (17/9045), zur finanziellen Beteiligung am ESM (17/9048) und zur Änderung des Bundesschuldenwesengesetzes (17/9049). Zudem ging es um die Ausgestaltung der Parlamentsbeteiligung.
Für den Leiter des derzeitigen Euro-Rettungsschirmes EFSF, Klaus Regling, ist sowohl der Fiskalpakt als auch der ESM entscheidend für die Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion. Es sei wichtig, dass der ESM "pünktlich kommt". Vorgesehen ist bisher der 1. Juli 2012. "Jede Verzögerung würde sicherlich negativ auf die Märkte wirken", sagte er.
Regling betonte, dass der ESM gegenüber dem aktuellen Rettungsschirm EFSF (Europäische Finanzstabilisierungsfazilität) Vorteile habe. Damit werde die Währungsunion besser funktionieren als vor der Krise. Die weltweite Finanz- und Schuldenkrise habe die strukturellen Schwächen der Währungsunion "schonungslos" offengelegt. Die Eurozone habe darauf mit einem Dreiklang aus nationalen Reformen, europäischen Maßnahmen und der Einrichtung eines Krisenbewältigungsmechanismus "entschlossen" reagiert.
Für Prof. Dr. Peter Bofinger, Universität Würzburg, ist der ESM "besser als nichts". Allerdings hielt er das Volumen für nicht ausreichend, um die Risiken umfassend einzudämmen. Eine deutlich bessere Lösung sei der Schuldentilgungspakt, der von dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vorgeschlagen wurde, zu dem Bofinger ebenfalls gehört.
Bofinger kritisierte in seiner schriftlichen Stellungnahme, dass die von der Bundesregierung gewählte Therapie zur Bewältigung der Krise nicht nur unzureichend, sondern vielmehr kontraproduktiv gewesen sei. Diese habe zu einer immer größeren Verunsicherung der Märkte und einer immer ungünstigeren wirtschaftlichen Verfassung der Problemländer geführt.
Dr. Thomas Mayer, Chef-Volkswirt der Deutschen Bank, betonte, dass der ESM "im Notfall" Zugang zu Krediten der Europäischen Zentralbank (EZB) haben müsse. Angesichts der begrenzten Mittel des ESM sei nämlich zu befürchten, dass große Liquiditätskrisen damit nicht bewältigt werden könnten. Im schlimmsten Falle hätte dann auch der ESM keinen Zugang zum Kapitalmarkt mehr, so dass die EZB erneut eingreifen müsste.
Für Karsten Wendorff von der Deutschen Bundesbank gehören beide Instrumente (Fiskalpakt, ESM) zusammen. Der ESM könne dazu beitragen, Gefahren für die Finanzstabilität im Euro-Raum zu begrenzen. Allerdings würde dadurch der grundsätzlich in der EWU geltende Haftungsausschluss geschwächt.
Dr. Silke Tober vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung hält den Fiskalpakt und den ESM-Vertrag zur Überwindung der Krise für nicht zielführend. Bisher sei nur Zeit gekauft worden. Sie kritisierte, dass die im Fiskalpakt implizit festgeschriebene langfristige Schuldenstandsquote von rund 30 Prozent keine ökonomischen Rechtfertigung habe.
Auch sei der ESM nicht in der Lage, Vertrauen wiederherzustellen: Er sei vom Volumen her zu gering, und einzelne Regelungen würden das Vertrauen der Märkte untergraben. Künftige Krisen würden beide Vertragswerke nicht verhindern können, da sie zu eng auf die Verschuldung des Staates gerichtet seien, betonte sie.
Für Prof. Dr. Claudia M. Buch von der Universität Tübingen hat die Krise auch gezeigt, dass solide Staatsfinanzen allein nicht ausreichen. Vielmehr müssten zusätzlich die Verschuldungsanreize des privaten Sektors begrenzt werden.
Die Koalitionsfraktionen legten unter anderem einen Änderungsantrag zum ESM-Finanzierungsgesetz vor, in dem die Parlamentsbeteiligung (Plenum, Haushaltsausschuss, Sondergremium) präzisiert wird. Er lehnt sich im wesentlichen an das Gesetz zur EFSF an. Die Sachverständigen äußerten sich unterschiedlich, inwieweit die Gesetzentwürfe zum Fiskalpakt und zum ESM einer wahrscheinlichen verfassungsgerichtlichen Prüfung standhalten werden.
Die Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen hatten vor der Sitzung erfolglos beantragt, die Anhörung zu verschieben, da notwendige Informationen zum Fiskalpakt noch nicht vorgelegt worden seien.
Nach den weiteren Beratungen im Haushaltsausschuss in der kommenden Sitzungswoche will der Bundestag am 25. Mai abschließend über die Gesetzentwürfe beraten. (mik)