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Nach wie vor hält sich hartnäckig das Bild von der technischen, also männlichen Welt und einem weiblichen, technikfernen Leben. Ist also Technik immer noch Männersache? Dieser Frage ist der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zusammen mit dem Deutschen Frauenrat unter Vorsitz von Marlies Brouwers am Mittwoch, 23. Mai 2012, im Berliner Paul-Löbe-Haus des Bundestages in einem Workshop nachgegangen. Um die Antwort zum Thema "Frauen und Technik" vorwegzunehmen: Frauen sind nach wie vor kaum an der Entwicklung technischer Produkte beteiligt, und sie arbeiten nur zu geringem Anteil in technischen Berufen.
Die Ausschussvorsitzende Ulla Burchardt (SPD) machte in ihrem Eingangsstatement darauf aufmerksam, dass die meisten Studien zu technischen Neuerungen fast nie nach Genderkriterien, also geschlechterdifferenzierenden Momenten fragen würden.
Weder die weibliche Perspektive noch die möglicherweise andere Nutzung von Produkten würden besonders untersucht und bei der Entwicklung von Produkten berücksichtigt.
Dr. Kira Stein vom Deutschen Ingenieurinnenbund stellte in ihrem Referat "Ohne Frauen fehlt der Technik was" die These auf, dass alles, was Männer machen, Technik sei. Frauen hingegen würden allenfalls als kreativ gelten. Wenn ein Mann an einer Drehmaschine eine Achse herstellt, sei das Technik. Das Fertigen eines Schnittmusters zur Herstellung eines Kleides würde in unserem Denken jedoch nicht als technischer Prozess wahrgenommen werden.
"Wenn eine Frau eine Technik beherrscht, ist das im Bewusstsein der Gesellschaft schnell keine Technik", sagte die Maschinenbauingenieurin und Gesellschafterin einer Software-Entwicklungsfirma. Es sei dringend geboten, mehr technisches Basiswissen an Schulen zu vermitteln. Dieses Grundverständnis müsse integraler Bestandteil unserer Kultur werden.
Anschließend ging Bettina-Johanna Krings der Frage "Gibt es einen weiblichen Blick auf die Technik?" nach. Mit einem eindeutigen Ja oder Nein könne man diese Frage heutzutage nicht mehr beantworten, sagte die Soziologin, die am Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) arbeitet. Natürlich könne man Thesen radikaler Feministinnen der 1980er Jahre — weibliche Technik ist emotional und deshalb besser — nicht folgen.
Dennoch machte sie am Beispiel der Entwicklung von Care–Robotern, also Robotern, die die Pflege von alten Menschen übernehmen, deutlich, dass es in bestimmten Fällen eine weibliche Sichtweise auf Technik gibt. Frauen würden diese Roboter genauso nutzen wie Männer. Im Gegensatz zu Männern würden Frauen jedoch nicht vergessen, dass in der Pflege von Alten und Kranken Mitgefühl und Barmherzigkeit wichtig sind. Dazu seien Roboter aber nun mal nicht fähig.
Dieser Aspekt deckt sich mit einer Untersuchung, die Martina Schraudner von der Technischen Universität Berlin in ihrem Referat "Stärkere Frauenbeteiligung bei der Technikentwicklung — aber wie?" vorlegte. Danach sind Frauen entgegen der allgemeinen Annahmen nicht technikfeindlich. Wenn Technik zu den Lebensumständen passe, würden Frauen diese zu ihrer Unterstützung, zum Beispiel im Haushalt, nutzen.
Doch wie zaghaft all diese Ansätze zum Thema Frauen und Technik sind, zeigen die harten Zahlen: Im Jahr 2010 haben in Deutschland 56 Frauen in Fach Elektrotechnik promoviert. Davon waren die Hälfte Ausländerinnen. In Forschung und Entwicklung arbeiten insgesamt nur zwölf Prozent Frauen. Davon konnten nur die Hälfte Patente anmelden. (rol)