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Betreuungsgeld soll erhalten, wer sein Kind nicht in eine öffentliche Kita bringt. © picture alliance / Arco Images GmbH
Der Bundestag wird am Donnerstag, 28. Juni 2012, in erster Lesung über die Einführung des umstrittenen Betreuungsgeldes debattieren. Die 90-minütige Aussprache über den von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP eingebrachten Gesetzesentwurf (17/9917) beginnt um 9 Uhr. Die ursprünglich für den 15. Juni geplante erste Lesung des Gesetzentwurfs war gescheitert, nachdem die Plenarsitzung wegen Beschlussunfähigkeit des Bundestages geschlossen werden musste. Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Die Linke) hatte die Sitzung gemäß der Geschäftsordnung des Bundestages abgebrochen, nachdem an einer Abstimmung im sogenannten "Hammelsprung"-Verfahren über einen zuvor debattierten SPD-Antrag zum Presse-Grosso lediglich 211 Abgeordnete teilgenommen hatten. Die Beschlussfähigkeit ist aber erst bei mindestens 311 Abgeordneten gegeben.
Parlamentarier aus den Reihen der Oppositionsfraktionen hatten die Abstimmung bewusst verweigert, um den Sitzungsabbruch zu erzwingen und damit die erste Lesung des Gesetzentwurfs zum Betreuungsgeld zu verhindern. Allerdings hatten auch 129 Parlamentarier der Koalitionsfraktionen nicht an der Sitzung teilgenommen. Dies war von der der Opposition als "stummer Protest" gewertet worden.
Das Betreuungsgeld, das vor allem von der CSU vehement gefordert wird, ist auch in Teilen der CDU und FDP umstritten. Allerdings hatten sich Union und Liberale in ihrem Koalitionsvertrag auf die Einführung geeinigt. Die Koalition hatte das Gesetz ursprünglich noch vor der parlamentarischen Sommerpause durch den Bundestag bringen wollen. Dies ist nun nicht mehr möglich.
Nach dem Willen der Koalition soll das Betreuungsgeld ab Januar 2013 an alle Familien gezahlt werden, die für ihre Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr keine öffentlich geförderte Kindertagesbetreuung in Anspruch nehmen. Im kommenden Jahr soll es zunächst 100 Euro pro Monat betragen und ab dem Jahr 2014 dann auf 150 Euro erhöht werden.
Der Gesetzentwurf sieht allerdings vor, dass das Betreuungsgeld als vorrangige Leistung ausgezahlt und deshalb mit dem Arbeitslosengeld II, der Sozialhilfe und dem Kinderzuschlag verrechnet wird. Für den Bund sollen durch das Betreuungsgeld im Jahr 2013 Mehrausgaben von 300 Millionen Euro, im Jahr 2014 von 1,11 Milliarden und ab dem Jahr 2015 von jährlich 1,23 Milliarden Euro entstehen.
Bei den Oppositionsfraktionen stößt das Vorhaben auf strikte Ablehnung. SPD (17/9572), Die Linke (17/9582) und Bündnis 90/Die Grünen (17/9165) haben jeweils eigene Anträge eingebracht, in denen sie sich gegen die Einführung des Betreuungsgeldes aussprechen. Die dafür vorgesehenen Gelder sollten statt dessen in den Ausbau von Kindertagesstätten und Betreuungsangeboten für Kinder unter drei Jahren investiert werden, um den ab August 2013 geltenden Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz realisieren zu können. (aw)