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Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hat die Kürzung der Bundeszuschüsse in seinem Etat um zwei Milliarden Euro 2013 als "gute Nachricht" für den Sozialstaat hervorgehoben. In der Debatte am Dienstag, 11. September 2012, über den Haushalt des Bundesministeriums für Gesundheit (17/10200, Einzelplan 15) sprach Bahr vom "größten Sparbeitrag eines Einzelplans im gesamten Bundeshaushalt". Der Gesundheitsetat sinkt nach dem Haushaltsentwurf 2013 um zwei Milliarden Euro von 14,49 Milliarden auf 12,49 Milliarden Euro. Dabei wird der Bundeszuschuss für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) von 14 auf zwölf Milliarden Euro wegen der guten Konjunkturlage einmalig gekürzt. Mit den 14 Milliarden aus dem Bundesetat an den Gesundheitsfonds sollen versicherungsfremde Leistungen bezahlt werden. Die jetzt gekürzten zwei Milliarden Euro waren 2012 für einkommensschwache Versicherte eingeplant, deren Kasse hohe Zusatzbeiträge nimmt. Diese Gelder hatten die Krankenkassen aber nicht von ihren Mitgliedern eingefordert.
Bahr sagte in der Debatte, nicht nur die gute Konjunkturlage habe Anteil an den hohen Überschüssen der GKV, die im August rund 22 Milliarden Euro betrugen. Auch die Gesundheitspolitik der schwarz-gelben Koalition habe daran Anteil. Er verwies auf Ausgabenbegrenzungen bei Ärzten und Krankenhäusern sowie sinkende Ausgaben bei Arzneimitteln.
"Es hat einen Paradigmenwechsel im Gesundheitswesen gegeben", so Bahr. Am Arzneimittelgesetz werde "nicht gerüttelt", versicherte der Minister. Gelder dürften jetzt aber nicht mit der Gießkanne ausgegeben werden. Bahr: "Es müssen Prioritäten gesetzt werden."
Mit dem Versorgungsstrukturgesetz sei die ärztliche Versorgung in der Fläche sichergestellt worden. Junge Ärzte hätten nun Anreize, Praxen auf dem Land zu eröffnen, "bei Sicherung der freien Arztwahl". Zur positiven Regierungsbilanz gehöre auch die im Juni verabschiedete Pflegereform, mit der die Versorgung Demenzkranker verbessert werde.
Bahr ging auch auf das Thema Organspenden und Berichte ein, Privatpatienten würden bevorzugt. "Die Zahlen geben nicht her, dass Privatpatienten hier bevorzugt werden", sagte er auf eine Kurzintervention des Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen, Harald Terpe. Das System der Kontrolle müsse aber bei Transplantationen verbessert werden.
Der SPD-Abgeordnete Ewald Schurer warf Bahr vor, "keine Perspektiven aufgezeigt zu haben". Die Kürzung der zwei Milliarden Bundeszuschüsse sei allein Folge der Konjunktur. Viele Probleme blieben aber. So sei die ärztliche Versorgung auf dem Land trotz gesetzlicher Maßnahmen nicht besser geworden. "Es gibt weiter große Probleme."
Angesichts der Milliarden-Überschüsse der gesetzlichen Krankenkassen verstünden die Menschen nicht, warum ihnen Kuren verweigert oder Zuzahlungen für Medikamente abverlangt würden. Schurer: "Hier muss etwa geschehen." Der SPD-Abgeordnete attackierte Bahr auch, weil bei Programmen wie gegen Sucht oder HIV 2013 gekürzt werde.
Von "sozialpolitischer Ignoranz und Unfähigkeit, zu eigenen Positionen zu stehen", sprach Harald Weinberg von der Fraktion Die Linke. Mit der Kopfpauschale habe die Regierung die Arbeitgeber aus der Verantwortung für Gesundheitskosten genommen. Die harte Realität werde dann kommen, wenn die Kassen wieder in einer angespannten Finanzlage seien und die unbeliebten Kopfpauschalen erhoben werden müssten.
Weinberg ging auch auf die zwei Milliarden gesenkten Bundeszuschüsse an Bahrs Ressort ein: "Mit diesem Geld hätten man für sieben Quartale die Praxisgebühr einsparen können."
Auch die Gesundheitsexpertin der Grünen-Fraktion, Birgitt Bender, ging auf die Kopfpauschale ein. Minister Bahr habe "Angst vor ihrer Einführung". Die gesetzlichen Kassen müssten wieder selbst entscheiden, welchen Beitrag sie von ihrem Mitgliedern nähmen, so Bender. Nur dies sorge für soliden Wettbewerb.
Sie kritisierte auch, dass in Deutschland die freie Arztwahl infrage gestellt sei, wenn Privatpatienten in der Realität viel schneller einen Termin beim Arzt bekämen als Kassenpatienten. Deshalb müsse es einheitliche Honorare bei der gesetzlichen wie der privaten Krankenversicherung geben.
Dagegen stellten die Redner der Koalition die solide Finanzlage der Krankenkassen in den Vordergrund. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende von CDU/CSU, Johannes Singhammer, sprach angesichts der Milliarden-Überschüsse von einer "Luxusdebatte" der Opposition. Jetzt habe man die "Chance für Nachhaltigkeit" bei den Kassen, wenn es mit der Konjunktur eines Tages wieder herunter gehe.
"Es darf keine Rolle rückwärts bei den Ausgaben geben", so Singhammer. Das Augenmerk müsse jetzt auf die Erhaltung vernünftiger Gesundheitsstrukturen auf dem Lande gerichtet werden. So müssten Apotheken dort einen Ausgleich für den Notdienst bekommen, und kleine Kliniken auf dem Land dürften nicht in Schieflagen geraten.
Otto Fricke (FDP) sagte, niemand könne jetzt mehr von Finanzproblemen bei der GKV reden: "Die Opposition ist hilflos". Wegen der Riesenüberschüsse gebe es unter Schwarz-Gelb jetzt einen "sehr angenehmen Puffer für schlechte Zeiten".
Im Etat von Gesundheitsminister Bahr steigen nach dem Haushaltsentwurf die Personalausgaben 2013 leicht auf 195,59 (2012: 187,05) Millionen Euro, die sächlichen Verwaltungsausgaben von 133,06 auf 138,5 Millionen Euro. Investiert wird 2013 für 58,06 (69,91) Millionen Euro. Die geplanten Einnahmen bleiben im nächsten Jahr mit 92,17 (92,35) Millionen Euro nahezu konstant. Der Etat des Gesundheitsministeriums liegt künftig im Ressortvergleich nach dem Bildungsressort auf dem fünften Platz. (kru/11.09.2012))