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Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) ist davon überzeugt, dass das Patientenrechtegesetz entscheidend dazu beitragen wird, die Zahl der Behandlungsfehler in der Gesundheitsversorgung zu senken. In der Debatte am Freitag, 28. September 2012, zum Thema Rechte von Patientinnen und Patienten erklärte der Minister, der Gesetzentwurf (17/10488) verfolge auch das Ziel, das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt weiter zu stärken. Während die zuständigen Ministerinnen in den Jahren der rot-grünen Koalition, Brigitte Zypries und Ulla Schmidt, nicht mehr als eine Informationsbroschüre zu den Patientenrechten zustande gebracht hätten, lege die Koalition jetzt ein Gesetz vor, das die Patienten in die Lage versetze, "den Ärzten auf Augenhöhe gegenüberzutreten".
Die Bündelung der bislang verstreuten Regelungen zu den Patientenrechten in einem Gesetz sei nötig gewesen, damit die Patienten seltener den Klageweg beschreiten müssten. "Unser Leitbild ist der mündige Patient, der seine Recht kennt", betonte der Minister. Bei Behandlungsfehlern sei eine weitgehende Beweislastumkehr, wie die Opposition sie fordere, abzulehnen. Der Minister hält es für sachgerecht und ausreichend, dass erstmals "bei groben Behandlungsfehlern der Arzt nachweisen muss, dass er alles richtig gemacht hat". Ziel der Koalition sei keine Risikovermeidungskultur, sondern eine Fehlervermeidungskultur.
Die SPD-Abgeordnete Dr. Marlies Volkmer wirft der Koalition vor, trotz sehr langer Beratungszeit keine überzeugendes Gesetz vorgelegt zu haben. "Die Ziele dieses Gesetzes sind bis zur Unkenntlichkeit verwässert worden", kritisierte Volkmer. Statt den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten Rechnung zu tragen, habe die Koalition lediglich Beifall von Seiten der Ärztekammer erhalten.
Volkmers Bilanz fällt daher nüchtern aus: "Dieses Gesetz ist ein Placebo", sagte sie. Aus Sicht der SPD müssten die Patienten umfassend über Alternativen bei Diagnosen und Therapien aufgeklärt werden, damit sie eine informierte Entscheidung treffen könnten. So nütze es wenig, wenn ein Patient über die Kosten einer Individuellen Gesundheitsleistung (IGeL) informiert werde, aber nicht erfahre, dass seine Krankenkasse diese Leistung nicht finanziere, weil der Nachweis über ihre Wirksamkeit fehle. Unzulänglich sind nach Ansicht der SPD auch die Regelungen zu den Behandlungsfehlern. Auch in Zukunft werde der betroffene Patient im Regelfall vor den Gerichten um sein Recht kämpfen müssen, führte Volkmer aus.
Jeder vierte Patient wisse nichts von seinem Recht auf Einsicht in die Patientenakten, sagte der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöller (CSU). "Dass Patienten verbriefte Rechte und Leistungen einklagen müssen, ist nicht akzeptabel", meint Zöller. Die Vielfalt der Regelungen und das Unwissen über die Patientenrechte habe zu gesundheitlichen und sozialen Nachteile für die Betroffenen geführt. Durch die Bündelung der Patientenrechte in einem Gesetz werde dieser unbefriedigende Zustand nun beendet.
Nach einer fast zwanzig Jahre währenden Diskussion und zahllosen Gesprächen mit Experten und Betroffenen sei es endlich gelungen, einen ausgewogenen Entwurf vorzulegen. Ziel des Gesetzentwurfs sei auch die Etablierung einer neuen Fehlerkultur, um Behandlungsfehler künftig weitgehend zu vermeiden. Einen Härtefallfonds lehne er hingegen ab: "Mit mir gibt es keinen Fonds, der von den Versicherten bezahlt wird, um Behandlungsfehler auszugleichen."
Nach Ansicht von Harald Weinberg von der Fraktion Die Linke hat der Entwurf zum Patientenrechtegesetz bei den Betroffenen große Enttäuschung ausgelöst. "Die Ärzte und Krankenhausverbände haben Ihnen beim Schreiben des Gesetzes die Hand geführt, nicht die Patientenverbände", meinte Weinberg. Immerhin sei die Koalition dem Rat der Linken gefolgt, den Entwurf nicht Patientenschutz-, sondern Patientenrechtegesetz zu nennen.
Dies ändere allerdings nichts an den inhaltlichen Defiziten. Patienten hätten nach einem Behandlungsfehler weiterhin wenig Chancen, ihr Recht zu bekommen. Sie sähen sich einem professionellen Kartell aus Ärzten und Anwälten gegenüber. Auch die Patientenbeteiligung an den Gremien der Selbstverwaltung liege weiter im Argen: "Die Patienten werden im Gemeinsamen Bundesausschuss weiterhin am Katzentisch sitzen müssen", kritisierte Weinberg.
Maria Klein-Schmeink von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hält es für einen Fortschritt, dass die Rechte der Patienten durch die Bündelung in einem Gesetz transparenter geworden sind. Eine Zusammenfassung bereits geltenden Rechts sei jedoch zu wenig. So enthalte der neue Behandlungsvertrag im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) kein einziges neues Recht, das den Opfern von Behandlungsfehlern weiterhelfe, kritisiert Klein-Schmeink.
Dem Gesetz fehle auch ein stringentes System der Fehlervermeidung oder eines Beschwerdemanagements. "So kann eine wirkliche Unterstützung von Patienten nicht aussehen", erklärte die Abgeordnete der Grünen. (tvw/28.09.2012)