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Das Ölabkommen zwischen dem Sudan und dem Süd-Sudan ist ein Schritt in die richtige Richtung, lobt der FDP-Außenexperte Joachim Spatz. Der Vorsitzende des Unterausschusses "Zivile Krisenprävention und vernetzte Sicherheit" spricht im Interview auch über ein Gespräch des Unterausschusses mit der UN-Sonderbeauftragten für die Republik Süd-Sudan, Hilde Johnson. "Frau Johnson hat unter anderem auf die Flüchtlingsproblematik aufmerksam gemacht", sagt Spatz. 150.000 Menschen seien derzeit auf der Flucht aus dem Norden in den Süden. "Das hat natürlich Konsequenzen für die Situation in den nordöstlichen Grenzregionen des Süd-Sudans", erläutert der FDP-Abgeordnete. Eine endgültige Lösung für die Problemregion Darfur kann der Außenpolitiker aktuell nicht erkennen. "Das wird wohl so lange dauern, bis die Regierung in Khartum verstanden hat, dass es politische Mitsprache geben muss und auch die Ressourcen des Landes geteilt werden müssen." Das Interview im Wortlaut:
Herr Spatz, zwischen dem Sudan und dem abgespalteten neuen Staat Süd-Sudan gibt es derzeit Verhandlungen über die Verteilung von Öleinnahmen, aber gleichzeitig auch Gefechte in der Grenznähe. Können Sie die schwierige Gemengelage kurz darstellen?
Seit Mitte 2011 ist der Süd-Sudan unabhängig. Die Separierung eines Großteils des Landes ist natürlich keine leichte Sache. Es ließ sich aber angesichts der Gegebenheiten nicht verhindern, da die Regierung in Khartum in keiner Weise politische Teilhabe ermöglicht oder die Teilung des Wohlstandes zugelassen hat. Nun ist es so, dass 80 Prozent der Ölvorkommen im Süd-Sudan liegen, aber die Pipelines durch den Norden laufen. Hier musste eine Übereinkunft erzielt werden, wofür man lange gebraucht hat. Zwischenzeitlich hatte der Süden sogar die Ölquellen geschlossen. Das hat nun wiederum dazu geführt, dass die Einnahmen ausgeblieben sind, was den Entwicklungsprozess nicht gerade vorangebracht hat. Es ist aber so, dass beide Länder zur Zusammenarbeit verdammt sind. Sie müssen sich zusammenraufen. Das ist ganz entscheidend. Deshalb werden auch wir weiter unseren politischen Einfluss ausüben und auf Khartum Druck machen, damit eine Kooperation entsteht, die beiden Seiten nutzt. Bei der Öl-Frage ist dies bereits erfolgt.
Im Unterausschuss "Zivile Krisenprävention und vernetzte Sicherheit" hatten Sie die UN-Sonderbeauftragte für die Republik Süd-Sudan, Hilde Johnson, zu Gast. Wie bewertet sie die aktuelle Situation?
Frau Johnson hat unter anderem auf die Flüchtlingsproblematik aufmerksam gemacht. Grund dafür ist nicht zuletzt, dass die Regierung in Khartum um Omar al-Baschir noch immer nicht die politische Teilhabe gelernt hat, was dazu führt, dass es in den Grenzregionen große Flüchtlingsströme in Richtung Süden gibt. Frau Johnson sprach von 150.000 Flüchtlingen. Das hat natürlich Konsequenzen für die Situation in den nordöstlichen Grenzregionen des Süd-Sudans.
Welche Probleme gibt es noch im neuen Staat?
Im Süd-Sudan muss erst einmal Staatsaufbau betrieben werden. Das geht vom Verwaltungsbereich bis zu den Sicherheitskräften. Dabei wird Hilfe von außen benötigt. Zudem muss der Gedanke der Teilhabe verinnerlicht werden. Die neue Elite muss lernen, andere politische Strömungen zu akzeptieren und auch den Wohlstand durch das Öl zu teilen.
Haben Sie auch darüber gesprochen, wie Deutschland dort helfen kann?
Ja, beispielsweise bei der Initiative, Guerilla-Kämpfer zu Bauern werden zu lassen. Es wird gerade ein Pilotprojekt mit deutscher Finanzierung gestartet, damit man sehen kann, ob die gemeinsamen Planungen der Regierung mit den Vereinten Nationen auch funktionieren. Falls das der Fall ist, wird das Ganze großflächig gemacht, weil ja schließlich nicht alle Guerilla-Kämpfer in die Sicherheitskräfte übernommen werden können. Außerdem ist die Entwicklung der Landwirtschaft von großer Bedeutung, um die eigene Bevölkerung dauerhaft sicher ernähren zu können, wie Frau Johnson bestätigt hat. Da geht es vorrangig um die Sicherung der eigenen Nahrungsmittelbasis.
Sie haben den Präsidenten des Sudans erwähnt. Wenn die Vereinten Nationen oder auch Deutschland mit der Regierung des Sudans verhandeln, tun sie das auch mit Präsident Omar al-Baschir, der mit einem Internationalen Haftbefehl wegen Völkermords gesucht wird. Eine schwierige Situation...
Die deutsche Regierung und auch die Parlamentarier reden und verhandeln zwar mit Regierungsvertretern, aber nicht mit Baschir selber. Es gibt zudem auch innerhalb der sudanesischen Regierungspartei eine Fraktion, die erkennt, dass der Weg von Baschir der falsche ist. Aber noch haben sie nicht die Oberhand.
Mitte September kam es in der Hauptstadt Khartum zu einem Angriff auf die deutsche Botschaft. War dies eine spontane Aktion des "aufgebrachten Mobs" oder ein kalkuliertes Vorgehen der sudanesischen Regierung?
Als Außenpolitiker bin ich es gewohnt, mich an Fakten zu halten. Gerüchte gibt es immer viele, auch über die Rolle der sudanesischen Regierung. Fest steht: Es gibt eine radikalisierte Bevölkerung. Radikalisiert durch wen auch immer. Damit müssen wir umgehen. Aber zu spekulieren, ohne einen Beweis zu haben, halte ich für verfehlt.
Neben dem Grenzstreit zwischen dem Sudan und dem Süd-Sudan gibt es nach wie vor Unruhen in der Region Darfur. Gerät die Frage angesichts der neuen Konflikte in den Hintergrund? Oder ist eine Lösung des Konflikts in Sicht?
Auch die Problematik um Darfur hat mit der Regierung Baschir zu tun, die – wie schon erwähnt – immer noch keine partizipative Politik betreibt. Es ist zu hoffen, dass der Ansatz der Afrikanischen Union mit Thabo Mbeki Erfolge zeigt. Aber eine endgültige Lösung für das Problem ist noch nicht in Sicht. Das wird wohl so lange dauern, bis die Regierung in Khartum verstanden hat, dass es politische Mitsprache geben muss und auch die Ressourcen des Landes geteilt werden müssen.
Klingt nicht sehr optimistisch...
Naja, zumindest das Ölabkommen ist ein richtiger Schritt, ebenso wie das Grenzmonitoring. Aber – wie auch Frau Johnson sagte – der internationale Druck muss aufrechterhalten werden. Nur auf die Einsicht der Machthaber zu warten, reicht nicht. Was den Süd-Sudan betrifft, so muss man natürlich auch darauf achten, dass nicht die ehemalige Befreiungsbewegung nun ein autoritäres Regime schafft. Es darf nicht so weit kommen, dass das erfolglose Modell aus dem Norden im Süden kopiert wird. Frau Johnson sieht hier aber positive Entwicklungen. Eine sehr gute Rolle spielen dabei auch die Kirchen, vor allem die einzelnen Priester vor Ort, die eine hohe Autorität genießen. Das hat die UN-Sonderbeauftrage deutlich hervorgehoben, und ich kann es aus meiner Beobachtung bestätigen.
(hau/16.10.2012)