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Die Koalitionsfraktionen haben ein klares Bekenntnis zur Sparsamkeit und zur Einhaltung der Schuldenbremse abgelegt. "Wir werden das Ziel der Schuldenbremse drei Jahre früher erreichen", freute sich der CDU/CSU-Haushaltsexperte Norbert Barthle in der Debatte des Bundestages am Freitag, 19. Oktober 2012, über den Fiskalpakt und den zweiten Nachtragshaushaltsentwurf für 2012. Im Grundgesetz wird vorgeschrieben, dass die Neuverschuldung 2016 höchstens noch 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen darf. Dieser Wert soll nach den Planungen der Bundesregierung bereits 2013 erreicht werden.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Steffen Kampeter (CDU), sagte, der Fiskalpakt habe mehrere Dimensionen. Zum einen gehe es um eine andere Haushaltspolitik, "dass man auf Dauer nicht mehr Geld ausgeben darf als man hat". Außerdem müsse die Reformkompetenz in der Eurozone mit dem Ziel der Wettbewerbsstärkung gestärkt werden. Zudem sei es wichtig, dass eingegriffen werden könne, wenn sich Länder nicht an die europäischen Vorschriften halten.
Das geltende deutsche Regelwerk solle jetzt um einen "Sicherungs- und Korrekturmechanismus auf nationaler Ebene" ergänzt werden. Die Einhaltung der Neuverschuldungsgrenze solle durch einen Stabilitätsrat überwacht werden. "Insgesamt schaffen wir so ein finanzpolitisches Regelwerk im Sinne des europäischen Geistes", sagte Kampeter, der zudem die deutsche Haushaltspolitik als vorbildlich für Europa bezeichnete.
Florian Toncar (FDP-Fraktion) nannte den Fiskalvertrag einen "ganz entscheidenden Baustein unserer neuen europäischen Stabilitätsunion". Die Begrenzung des Defizits auf 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und die Verpflichtung zum Abbau des Schuldenstands auf 60 Prozent stelle die von der rot-grünen Koalition gemeinsam mit Frankreich 2004 ausgehebelte Regelung wieder her.
Wie Barthle begrüßte auch Toncar, dass die Vorgaben der Schuldenbremse drei Jahre früher eingehalten würden als geplant.
Dagegen erinnerte der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider daran, dass Finanzminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU/CSU) seit Beginn seiner Amtszeit 112 Milliarden Euro an neuen Schulden aufgenommen habe. Dabei sprudelten die Steuereinnahmen, und die Zinsausgaben seien um 20 Milliarden Euro gesunken. "Das ist keine solide Haushaltspolitik, sondern das Gegenteil", sagte Schneider. Die geplante Kreditaufnahme sei mit 32 Milliarden Euro fast doppelt so hoch wie im letzten Jahr.
Den auf die deutsche Schuldenbremse aufsetzenden Fiskalpakt begrüßte Schneider, bezeichnete jedoch das geplante unabhängige Gremium zur Begutachtung der Finanzpolitik als zu exekutiv orientiert und fixiert. Die Mehrheit der Mitglieder sei nicht wirklich unabhängig, und dem Bundestag werde nicht berichtet. "Wenn aber Finanzpolitik, Steuern und Verschuldung Kernbereich der parlamentarischen Demokratie und unsere Entscheidungsbefugnis ist, dann muss dieses Gremium beim Bundestag sein", verlangte Schneider.
Für die Linksfraktion lehnte Steffen Bockhahn Schuldenbremse und Fiskalpakt ab: "Es gibt Situationen, in denen sind Schulden sogar sehr sinnvoll, und dann braucht man sie." Von der möglichen Schuldenaufnahme von 0,5 Prozent nehme sich der Bund 0,35 Prozent, während für Länder und Kommunen 0,15 Prozent übrig blieben.
"Das ist eine völlig unrealistische Einschätzung der Finanzlage der Kommunen und ihrer Perspektiven", beklagte Bockhahn mit Blick auf stark gestiegene Sozialausgaben.
Mit der Neuverschuldung setzte sich Priska Hinz (Bündnis 90/Die Grünen) auseinander. Die Koalition erwecke den Eindruck, dass Deutschland eine hervorragende Sparpolitik mache, an der sich Europa ein Beispiel nehmen solle. In Wirklichkeit sehe der Nachtragshaushalt 32 Milliarden Euro neue Schulden vor, "obwohl wir sprudelnde Einnahmen und ein historisch geringes Zinsniveau haben". Wie Schneider kritisierte auch Hinz, dass das geplante unabhängige Gremium "nicht der Weisheit letzter Schluss" sei. Wenn das Gremium wirklich unabhängig sein solle, dürfe es keine Exekutivveranstaltung sein und müsse frei sein von politischer Einflussnahme.
Der Bundestag überwies den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalvertrages (17/10976) an die Ausschüsse. Darin wird die Obergrenze für das strukturelle Defizit von höchstens 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts festgeschrieben werden. In den vergangenen Jahren habe sich gezeigt, dass die finanzielle Solidität der Euro-Mitgliedstaaten und das reibungslose Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion durch die Regelungen des Maastricht-Vertrages nicht in ausreichendem Maß gewährleistet seien,so die Bundesregierung.
"Die Bewältigung der Haushaltskrise erfordert eine neue Haushaltsdisziplin für ganz Europa", schreibt die Bundesregierung in dem Entwurf, mit dem auch das Sanktionszahlungs-Aufteilungsgesetz geändert werden soll. Er sieht vor, dass der Bund etwaige Sanktionszahlungen wegen Überschreitens der Defizitobergrenze bis einschließlich 2019 allein zu tragen hat, da die Länder laut Grundgesetz von der Verpflichtung eines Haushaltsausgleichs ohne Kreditaufnahme bis 2020 freigestellt sind. Zudem verpflichtet sich der Bund, dem Sondervermögen zur Finanzierung von 30.000 zusätzlichen Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren einen zusätzlichen Beitrag in Höhe von 580,5 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen.
Der Bundestag überwies außerdem den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf über die Feststellung eines zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2012 (17/10900, 17/11011) an die Ausschüsse. Damit sollen für die Europäische Investitionsbank (EIB) und für das Sondervermögen "Kinderbetreuungsausbau" noch in diesem Jahr 2,2 Milliarden Euro zu Verfügung gestellt werden.
Insgesamt sollen die Ausgaben des Bundes in diesem Jahr damit 312,5 Milliarden Euro betragen. Bisher waren 312,7 Milliarden Euro vorgesehen. Die Gesamtausgaben sinken um 200 Millionen Euro, weil der Bund 2,4 Milliarden Euro für Zinszahlungen einsparen kann. Die veranschlagte Nettokreditaufnahme für 2012 soll laut Entwurf unverändert bei 32,1 Milliarden Euro bleiben. (hle/19.10.2012)