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Der Deutsche Bundestag hat am Mittwoch, 21. November 2012, Ausgaben von 5,27 Milliarden Euro mit dem Einzelplan 10 des Bundeshaushalts 2013 (17/10823, 17/10824, 17/10825) für das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz mit der Mehrheit von CDU/CSU und FDP beschlossen. Damit muss Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) im kommenden Jahr mit 5,27 Milliarden Euro auskommen, das sind 10,88 Millionen Euro weniger als in diesem Jahr, aber neun Millionen Euro mehr als im Regierungsentwurf (17/10200, 17/10202) vorgesehen.
Die Verbraucher sind durch Lebensmittelkrisen und durch den Missbrauch von Antibiotika verunsichert. "Wir brauchen neue Lösungsansätze", sagte Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD). "Obwohl die Lebensmittel heute so sicher wie noch nie sind, misstraut man der gesamten Lebensmittelindustrie." Aus diesem Grund würde es langfristig neuer Strategien bedürfen, um den Herausforderungen zu begegnen.
Doch der von der Regierung vorgelegte Haushaltsentwurf zeichne sich durch Anspruchslosigkeit aus. Deshalb habe die SPD mehrere Änderungsanträge vorgelegt. "Wir schlagen ein Bundesprogramm Tierhaltung und Tierschutz vor", sagte Priesmeier. Denn die Debatte zu dem Thema zeige, dass davon die gesellschaftliche Akzeptanz der Landwirtschaft abhänge. Priesmeier forderte die Regierungsfraktionen zudem auf, die Agrardieselrückvergütung zu streichen. Stattdessen solle das dann frei werdende Geld für "Zukunftsinvestitionen" ausgegeben werden.
Georg Schirmbeck (CDU/CSU) entgegnete, dass die Regierungskoalition mit dem aufgestellten Haushalt Verantwortung übernehme. So sei der Stiftung Warentest 500.000 Euro mehr zur Verfügung gestellt worden, weil die Kapitaleinnahmen nicht ausreichten.
Als Reaktion auf die Lebensmittelkrisen der vergangenen Jahre wurden zwölf neue Stellen im Bereich der Lebensmittelsicherheit und sechs neue Stellen im Bereich Verbraucherschutz und Energiewende bereitgestellt. Doch die Opposition "fordert für jede neue Idee gleich neue Ämter". Statt für solche Vorschläge unzweckmäßig viel Geld ausgeben zu wollen, sprach sich Schirmbeck für eine Würdigung der bestehenden Strukturen aus. "Wir haben eine sehr gut neu aufgestellte Ressortforschung."
Schirmbeck wies darauf hin, dass Investitionen in den Verbraucher- oder Tierschutz nur begrenzt erfolgreich sein können, wenn das Kaufverhalten sich nicht ändere. "Wer ein halbes Hähnchen braungegrillt für 1,98 Euro haben will, der muss auch gewisse Konsequenzen ertragen, die mit der Tierhaltung einhergehen." Der Bauer hätte damit kein Problem, die Besatzdichten in den Ställen zu reduzieren, wenn es bezahlt werden würde.
Die Förderung von Agrarexporten kritisierte hingegen Alexander Süßmair (Die Linke): "Billigexporte verhindern den Aufbau regionaler Märkte in den Ländern des globalen Südens." Der Haushaltstitel "Maßnahmen zur Verstärkung der Außenhandelsbeziehungen im Agrar- und Ernährungsbereich" müsse gestrichen werden. Stattdessen sollte die Bundesregierung mit rund 500.000 Euro den Weltagrarbericht unterstützen.
Weiter forderte Süßmair die Ansiedlung einer Außenstelle des Bundesinstituts für Risikobewertung in Neuruppin (Brandenburg). Hier habe das Landwirtschaftsministerium frühere Zusagen gebrochen: "Das ist eine Entscheidung gegen den ländlichen Raum."
"Die Landwirtschaftspolitik ist geprägt vom sozialen Engagement der Regierung", stellte Heinz-Peter Haustein (FDP) fest. "70 Prozent dieses Plans gehen in den Sozialbereich dieses Haushaltes." Das geschehe deshalb, "weil auch die Bauern Unternehmer sind". Deshalb werde der Agrardiesel gestützt und die Landwirte mit rund 430 Millionen Euro entlastet, damit sie wettbewerbsfähig bleiben.
Weiter hob Haustein hervor, dass 493 Millionen Euro für die Bereiche Nachhaltigkeit, Forschung und Investitionen ausgegeben werden, die Modellvorhaben im Bereich Tierschutz, in einen Energie- und Klimafonds sowie in einen Waldfonds finanzieren.
Harald Ebner (Bündnis 90/Die Grünen) warf der Politik der Regierungskoalition Doppelzüngigkeit vor. "Ohne Gen-Sojaimporte aus Südamerika, wo Mensch und Umwelt unter Pestizideinsatz leiden, funktioniert ihr Modell doch gar nicht, und gleichzeitig klagen sie über mangelnde Wertschätzung für Lebensmittel." Billigfleisch oder Wertschätzung, beides zugleich gehe hingegen nicht. Die Regierung setze zu einseitig auf industrielle Großbetriebe, während "bäuerliche Betriebe" verdrängt würden.
Auch der Tierschutz habe in diesem Konzept keinen Platz. Das momentan vorgelegte Tierschutzgesetz von Schwarz-Gelb sei "mickrig". Ebner: "Statt etwas für das Tierwohl zu tun, geben Sie lieber fünf Millionen Euro für die Akzeptanzförderung aus."
"Es ist die Leistung unserer Landwirtschaft, dass sich heute keiner mehr Gedanken machen muss, ob er genug zu essen hat oder nicht", sagte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). Deshalb setze sie sich gegen Kürzungen der Direktzahlungen bei der Reform der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik ein.
Aigner hielt der Grünen-Fraktion vor, dass diese die Anpassungsleistungen der deutschen Landwirte nicht ausreichend würdige. So gebe es in Deutschland zum Beispiel keine Produktionsförderung mehr. "Das gibt es in anderen europäischen Ländern immer noch." Die Ministerin forderte, dass die europäischen Nachbarn vorher aufschließen müssten, bevor neue Maßnahmen in Deutschland ergriffen werden.
Der Bundestag lehnte Änderungsanträge der SPD (17/11533, 17/11534, 17/11535, 17/11536) und der Linksfraktion (17/11537) zum Etat ab.
Die SPD hatte ein Bundesprogramm "Nachhaltige Landwirtschaft", ein Bundesprogramm "Tierhaltung und Tierschutz", ein Bundesprogramm "Verbraucherforschung", einen Sachverständigenrat für Verbraucherpolitik und die Einrichtung eines "Marktwächters Finanzen" bei der Deutschen Stiftung Verbraucherschutz gefordert. Einen Finanzwächter und Finanz-TÜV hatte auch die Linksfraktion verlangt. (eis/22.11.2012)