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Über die Notwendigkeit, die Rechte der Patienten transparenter zu gestalten, sind sich alle Fraktionen im Bundestag einig. Es gilt als Defizit, dass Patientenrechte in Deutschland zurzeit in einer Vielzahl von Vorschriften in verschiedenen Rechtsbereichen und zum Teil nur im sogenannten Richterrecht geregelt sind. Ob und inwieweit eine Neuregeleung die bestehenden Patientenrechte nur stärker vereinheitlichen oder wesentlich erweitern soll, ist jedoch zwischen Regierung und Opposition umstritten.
Das Plenum des Bundestages wird darüber am kommenden Donnerstag, 29. November 2012, ab 16.50 Uhr etwa eine Stunde lang diskutieren. Auf der Tagesordnung stehen neben einem Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/10488), der in zweiter und dritter Lesung beraten werden soll, auch vier Anträge der Fraktionen SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Zur Abstimmung liegen eine Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses (17/11710) und ein Entschließungsantrag der Linksfraktion (17/11722) vor.
Die Debatte wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Die Bundesregierung verfolgt mit ihrem Gesetzentwurf das Ziel, Mängel in der Patientenversorgung, die durch Nichtbeachtung persönlicher Behandlungswünsche, zeitraubende Bewilligungsverfahren für Kassenleistungen oder Behandlungsfehler entstehen, abzustellen. "Deshalb gilt es, Transparenz und Rechtssicherheit hinsichtlich der bereits heute bestehenden umfangreichen Rechte der Patientinnen und Patienten herzustellen", schreibt die Bundesregierung.
Außerdem gehe es darum, die Durchsetzung dieser Rechte zu erleichtern, Patienten im Sinne einer verbesserten Gesundheitsversorgung zu schützen und im Falle von Behandlungsfehlern stärker zu unterstützen. Dies will die Bundesregierung durch Gesetzesänderungen auf dem Gebiet des zivilrechtlichen Behandlungs- und Arzthaftungsrechts sowie bei der gesetzlichen Krankenversicherung erreichen. Letztlich gehe es darum, ein "Gleichgewicht zwischen Behandelnden und Patienten" herzustellen.
Demgegenüber will die Fraktion der SPD die Rechte der Patienten erheblich erweitern. In einem entsprechenden Antrag (17/11008) verweist sie auf eine Reihe von älteren Anträgen, in denen bereits zahlreiche Vorschläge dazu enthalten seien. Die SPD will diese nun um weitere Punkte ergänzen. So sollen Patienten nach jedem Eingriff einen Patientenbrief mit Informationen über die Operation, deren Verlauf und eventuelle Komplikationen erhalten. Ferner will die SPD einen Härtefallfonds für Opfer von Behandlungsfehlern einführen. Über Teile dieses Antrags wird namentlich abgestimmt.
In einem weiteren Antrag (17/9061) spricht sich die SPD dafür aus, die sogenannten Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) einzudämmen. Patienten würden in den Arztpraxen zum Teil durch aggressives Marketing zu den IGeL-Leistungen gedrängt. Dadurch entstehe der Eindruck, dass hier "nicht die medizinische Notwendigkeit im Vordergrund steht, sondern die wirtschaftlichen Interessen" des Arztes, schreibt die SPD.
Die Fraktion Die Linke kritisiert in ihrem Antrag (17/6489), dass es in vielen europäischen Ländern bereits nationale Patientenrechtegesetze gebe, während in Deutschland lediglich eine Informationsbroschüre zu den Patientenrechten existiere.
In ihrem Antrag fordert Die Linke ein entsprechendes Gesetz: "Die Gesundheitsversorgung muss allen Bürgerinnen und Bürgern barrierefrei zugänglich sein und dem medizinischen Wissensstand entsprechen."
Nach Auffassung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sollen Patienten das Recht auf rechtzeitige und vollständige Aufklärung beziehungsweise Beratung über die Diagnose und geplante Behandlung sowie auf Einsichtnahme in die die Behandlung betreffende Dokumentation erhalten.
In ihrem Antrag (17/6348) fordern die Grünen die Regierung ferner dazu auf, die Einführung eines Entschädigungsfonds für Härtefälle zu prüfen. Außerdem sollen Behandlungsfehler gesetzlich definiert werden. (tvw/26.11.2012)