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Die Pläne der Bundesregierung, insbesondere Frauen vor Altersarmut zu schützen, stoßen bei der Opposition auf massive Kritik. Dies wurde in der Debatte am Freitag, 14. Dezember 2012, zur Antwort der Bundesregierung (17/11666) auf eine Große Anfrage der Linksfraktion (17/9431) deutlich. Während die Koalition betonte, auf einem guten Weg zu sein, kündigten die Oppositionsfraktionen an, nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr neue Konzepte umsetzen zu wollen.
Für Die Linke unterstrich Yvonne Ploetz, die Scham "vor dem Amt" müsse Menschen, die ihr Leben gearbeitet hätten, erspart bleiben. Sie dürften nicht "im Alter mit Sozialhilfe abgespeist werden". Bislang sei es so, dass Frauen im Alter abhängig von ihren Männern oder vom Staat seien. Die von Arbeitsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) angekündigte Lebensleistungsrente sei lediglich ein "Etikettenschwindel" und eine "böse Satire", die Menschen verhöhne.
Um Frauen wirksam vor Altersarmut zu schützen, seien ein gesetzlicher Mindestlohn und eine Mindestrente nötig. Es sei ein "absurder Systemfehler", dass die angesparten Beträge etwa aus Riester-Renten auf die Grundsicherung angerechnet würden. Es sei zudem ein gravierender Fehler, die Minijobs nicht stillzulegen, sondern stattdessen auszubauen.
Diese Kritik teilte auch die SPD-Rentenexpertin Elke Ferner. Altersarmut von Frauen habe Ursachen, die vor allem in Erwerbsarmut und falschen Rahmenbedingungen liegen würden. Es müsse nicht mehr Minijobs, sondern mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigung geben. Deren Ausweitung vergrößere das Armutsrisiko von Frauen. Ferner forderte die Arbeitsministerin auf, endlich gegen den Missbrauch der Minijobs vorzugehen.
Die Regierung müsse alles dafür tun, dass mehr Frauen in Vollzeit arbeiten könnten; daran habe sie aber "kein Interesse". Auch ein gesetzlicher Mindestlohn, den die SPD nach einem Sieg bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr umgehend einführen werde, würde "den meisten Frauen sofort helfen". Ferner beklagte, das deutsche Steuerrecht privilegiere die Einverdiener-Ehe; Steuerklasse fünf sei eine "wesentliche Hürde" beim beruflichen Wiedereinstieg von Frauen und gehöre abgeschafft.
Der rentenpolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, beklagte, Frauen hätten einen um 22 Prozent niedrigeren Stundenlohn als Männer. Es sei nötig, endlich einen Mindestlohn und Equal Pay im Leiharbeitsgewerbe anzugehen. Statt des Ehegattensplittings müsse es eine Individualbesteuerung geben.Gleichzeitig müssten die Rahmenbedingungen dafür verbessert werden, dass Männer sich stärker an der Erziehung von Kindern beteiligen.
Parallel dazu, so Strengmann-Kuhn, sei es auch nötig, die soziale Absicherung zu stärken. Es müsse eine "Rentenversicherungspflicht für alle erwerbstätigen Menschen" geben und eine Teilung der Rentenanwartschaften bei Verheirateten. Seine Fraktion habe das Konzept einer "echten Garantierente" vorgelegt. Dabei würden 30 Versicherungsjahre für eine Rente von etwa 850 Euro ausreichen. Dies sei eine "echte Frauenmindestrente" und ein Vorteil gegenüber den Konzepten von Union und SPD, die jeweils 40 Versicherungs- und 30 Beitragsjahre vorsehen würden.
Die Union dagegen sieht sich auf einem guten Weg. So betonte der CDU-Sozialpolitiker Peter Weiß, die Erwerbsquote von Frauen und der Anteil von Frauen mit eigener Alterssicherung seien in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Dazu hätten die Anstrengungen der Bundesregierung zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Änderungen bei der rentenrechtlichen Anerkennung von Erziehungs- und Pflegezeiten beigetragen.
Ab dem 1. Januar 2013 sei die Rentenversicherungspflicht bei Minijobs die Regel und nicht mehr die Ausnahme. Die Koalition habe zwar noch viel vor sich, in der Regierungsverantwortung von Angela Merkel, Ursula von der Leyen und Kristina Schröder aber sei "die Position von Frauen gestärkt worden wie nie zuvor in der deutschen Politik".
Für die Liberalen warf Dr. Heinrich L. Kolb der Linken vor, "Skandalisierung" als politisches Geschäftsmodell zu betreiben. Zur Alterssicherung gehörten neben der Rente auch abgeleitete Leistungen und Leistungen des sozialen Ausgleichs, mithin seien die persönlichen Nettoeinnahmen der Menschen höher als von der Linken behauptet.
Kolb stimmte der Linken allerdings darin zu, dass die Anrechnung privater und betrieblicher Vorsorge ein Systemfehler sei und kündigte an, dies angehen zu wollen. Im kommenden Jahr werde man eine "intensive Rentendebatte" führen.
Einen Entschließungsantrag der Linksfraktion (17/11854), der die Bundesregierung unter anderem dazu auffordert, steuerliche und familienpolitische Anreize für eine Einschränkung der Erwerbstätigkeit zu beseitigen, die Arbeitswelt familienfreundlicher zu gestalten und eine solidarische Mindestrente einzuführen, lehnte der Bundestag gegen die Stimmen der Linken ab. (suk/14.12.2012)