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Die 631 Abgeordneten des am 22. September neu gewählten Bundestages haben am Dienstag, 22. Oktober 2013, im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert mit 591 von 625 abgegebenen Stimmen wiedergewählt. Zuvor hatte der älteste Bundestagsabgeordnete im Saal, der sogenannte Alterspräsident, die Sitzung eröffnet. Wie schon bei der letzten konstituierenden Sitzung am 27. Oktober 2009 war dies Prof. Dr. Heinz Riesenhuber (CDU/CSU), 77 Jahre alt und direkt gewählter Abgeordneter des hessischen Main-Taunus-Wahlkreises.
Die Sitzung wird ab 11 Uhr live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Ist der neue Bundestagspräsident gewählt, übernimmt er vom Alterspräsidenten den Vorsitz und hält eine Ansprache. Es folgen eine Reihe von Abstimmungen. So müssen die Abgeordneten das Regelwerk für ihre parlamentarisches Handeln beschließen. Da ist an erster Stelle die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zu nennen.
Abgestimmt wird aber auch über die Gemeinsame Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Vermittlungsausschuss nach Artikel 77 des Grundgesetzes, die Geschäftsordnung für den Gemeinsamen Ausschuss nach Artikel 53a des Grundgesetzes, über die Geschäftsordnung für das Verfahren bei dringlichen Gesetzesvorlagen nach Artikel 115d des Grundgesetzes und über die Richtlinien zur Überprüfung auf eine Tätigkeit oder politische Verantwortung für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik.
Danach legt der Bundestag fest, wie viele Abgeordnete als Stellvertreter des Bundestagspräsidenten fungieren werden. In der zurückliegenden Wahlperiode stellte jede Fraktion einen Stellvertreter. Von diesen fünf Stellvertretern stehen vier nicht mehr zur Verfügung: Eduard Oswald (CDU/CSU), Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD) und Dr. Hermann Otto Solms (FDP) haben für den 18. Bundestag nicht mehr kandidiert, Katrin Göring-Eckardt wurde zur Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen gewählt und scheidet als Bundestagsvizepräsidentin somit auch aus. Die Grünen haben inzwischen ihre Parteivorsitzende Claudia Roth aus Augsburg, die CSU-Landesgruppe hat den Abgeordneten Johannes Singhammer aus München für das Vizepräsidentenamt nominiert.
Hat sich der Bundestag über die Zahl der Stellvertreter geeinigt, werden diese auf Vorschlag der Fraktionen geheim gewählt. Nur in einem Fall ist bisher ein Wahlvorschlag der Fraktionen abgelehnt worden. In der konstituierenden Sitzung am 18. Oktober 2005 und in der nachfolgenden Sitzung am 8. November verwehrte die Mehrheit des Bundestages in insgesamt vier Wahlgängen dem von der Linksfraktion vorgeschlagenen Abgeordneten Prof. Dr. Lothar Bisky die Zustimmung. Der Posten blieb zunächst vakant, bis die Abgeordnete Petra Pau am 7. April 2006 zur Bundestagsvizepräsidentin gewählt wurde. Die Linksfraktion hat Frau Pau erneut für das Vizepräsidentenamt nominiert.
Im Anschluss werden die Ergebnisse der Wahl der Bundestagsvizepräsidenten bekanntgegeben. Die Sitzung endet – voraussichtlich gegen 15.30 Uhr – mit der Nationalhymne.
Eröffnet hatte die Sitzung der CDU-Bundestagsabgeordnete Prof. Dr. Heinz Riesenhuber, mit 77 Jahren der älteste Abgeordnete und damit bereits zum zweiten Mal Alterspräsident. Er hieß Bundespräsident Joachim Gauck, den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Dr. Andreas Voßkuhle, Altbundespräsident Prof. Dr. Horst Köhler, die früheren Bundestagspräsidenten Dr. h.c. Wolfgang Thierse, der an diesem Tag seinen 70. Geburstag feierte, und Prof. Dr. Rita Süssmuth auf der Tribüne des Plenarsaals willkommen.
Riesenhuber erinnerte an die FDP-Abgeordneten, die dem neuen Bundestag nicht mehr angehören und dankte den ausgeschiedenen Abgeordneten, die "uns verbunden bleiben", für ihre Arbeit. Dabei ging er auch auf das Ausscheiden der FDP ein, die seit Gründung der Bundesrepublik die deutsche Politik in "liberalem Geist" mitgestaltet habe.
Riesenhuber zeichnete ein Bild der Gegenwart Deutschlands in "unübersichtlicher Zeit": Deutschland sei stark in der Gemeinschaft Europas mit mehr Arbeitsplätzen als je zuvor und einer innovationsstarken Industrie auf den Weltmärkten. Er nannte die Tarifpartnerschaft, die Wissenschaft, die Qualitätspresse, den Rechtsstaat, die "tüchtige" Verwaltung und die repräsentative Demokratie, "vielfältig wie das deutsche Volk".
Als "komplexe Herausforderungen" skizzierte der Alterspräsident den demografischen Wandel, den es als Chance zu begreifen gelte. Die "Chance zum Aufstieg" als Merkmal der sozialend Marktwirtschaft, müsse ermöglicht werden. Riesenhuber warb für lebenslanges Lernen, Aufstieg, Durchlässigkeit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf und lebendige Wahlfreiheit. Männer und Frauen sollten gleiche chancen haben, das zu verwirklichen, was sie können.
Die Energiewende bezeichnete Riesenhuber als "Riesenprojekt". Der kurzfristige Ausstieg aus der Kentechnik, der mittelfristige aus Kohle und Öl seien entschieden. Wenn es gelinge, das "Reich der erneuerbaren Energien" bei erträglichen Kosten zu errichten, sei dies eine einzigartige Chance für deutsche Unternehmen auf den Weltmärkten.
Als weitere Herausforderung ging der Alterspräsident auf den Zusammenhalt Europas ein. Dafür gebe es keinen Masterplan. Die EU müsse aus Prinzipien wie dem, dass Hilfe nur wirksam wird, wenn jeder Staat aus eigener Kraft seine Zukunft gestaltet, neu erfunden werden.
"Die deutsche Wissenschaft sei besser geworden, der Innovationswettbewerb sei aber nur zu gewinnen, wenn man schneller und besser sei als andere. Mit Blick auf die Aufgabenverteilung im Grundgesetz auf diesem Gebiet richtete sich Riesenhuber an die an die Ländervertreter auf der Bundesratsbank mit der Bemerkung, er siehe hier "zukunftsweisenden Gesprächen" entgegen.
Riesenhuber rief dazu auf, die Legislaturperiode mit "Tatkraft und Zuversicht" zu beginnen: "Stillstand darf nicht sein." Für Deutschland und die Zukunftskraft der Landes könne es nur gut sein, wenn die Abgeordneten fraktionsübergreifend "auch ein Bier miteinander trinken". Er rief dazu auf, daran zu arbeiten, dass Deutschland ein guter Ort ist, um zu leben, zu arbeiten und Kinder großzuziehen. (vom/22.10.2013)