Ergebnis 1 bis 10 von 10
  1. #1
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    Wikileaks und die Folgen

    Wenn wir die vielfältigen Folgen und Konsequenzen betrachten, die sich aus den jüngsten Wikileaks-Veröffentlichungen ergeben haben, dann ist das auch ein Beispiel dafür, wie das Internet unser Leben verändert.
    Vieles von dem, was dort veröffentlicht wurde, war wenig schmeichelhaft für die betroffenen Politiker und Regierungen. Manches könnte man vielleicht sogar als skandalös bezeichnen.

    Ein weiterer Skandal besteht natürlich auch darin, wie die Vereinigten Staaten mit diesen sicherheitsrelevanten Daten umgegangen sind – dass eine solche Veröffentlichung überhaupt möglich wurde.

    Der größte Skandal besteht meiner Ansicht nach aber darin, wie auf diese Veröffentlichungen reagiert wird.

    Wir empören uns vollkommen zu Recht, wenn Regimegegner in totalitären Staaten mundtot gemacht werden, wenn sie unter irgendeinem Vorwand verhaftet werden oder wenn fundamentalistische Kreise und Regimes zum Mord an Kritikern und Abweichlern aufrufen. Aber aktuell können wir erleben, wie genau das in unserer angeblich „freiheitlich-demokratischen Ordnung“ in aller Öffentlichkeit stattfindet und geduldet wird.

    Wikileaks wird auf diese Weise für uns zu einer ganz wichtigen Prüfung – ob wir es wirklich ernst meinen mit unseren hohen Zielen von Meinungsfreiheit und Pressefreiheit oder ob das alles nur leere Worte sind.

    Die freiheitlich-demokratische Ordnung zeigt sich meiner Ansicht nach in erster Linie daran, wie mit politischen Gegnern, Andersdenkenden und Kritikern umgegangen wird. Denn Mittläufer und Duckmäuser haben auch totalitären Staaten nichts zu befürchten.

  2. #2
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    Ich fürchte, die Veröffentlichungen durch Wikileaks fördern eher die bereits bestehende Informationsüberflutung und dienen nicht einer Verbesserung der Meinungsbildung durch mehr Meinungsfreiheit. Pressefreiheit ist nicht gleich der Menge verfügbarer Informationen. Es geht um qualifizierte Information.

  3. #3
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    Genau deswegen werden die Depeschen ja nicht als komplettes Paket veröffentlicht, sondern nach und nach und in Kooperation mit etablierten Massenmedien.

  4. #4
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    Meiner Meinung nach funktioniert die Verteilung der Information über die Massenmedien nicht: Es werden die Informationen nicht entsprechend aufbereitet, bzw. der Zeitdruck ist zu groß die Informationen einzuordnen und zu bewerten.

  5. #5
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    Der „Normalbürger“ mag durchaus von der Informationsmenge überfordert sein. Und es fehlen ihm vermutlich auch die notwendigen Grundlagen, um diese Texte vollständig interpretieren und bewerten zu können. Aber das ist letztendlich auch nicht anders, wenn es sich um wissenschaftliche, technische oder medizinische Veröffentlichungen handelt.

    Auch wenn der „Normalbürger“ die volle Bedeutung dieser Texte nicht DIREKT erfassen kann, so kann er doch zumindest INDIREKT das erfassen, was die Redaktionen der Zeitschriften, Rundfunkanstalten und Onlinemedien in den Wikileaks-Veröffentlichungen erkennen und was sie für ihn aufbereiten. Das mag zwar „Information aus zweiter Hand sein“ – aber zumindest mit klarer und nachprüfbarer Quellenangabe.

    Mir geht es aber eigentlich um etwas sehr viel Grundsätzlicheres.

    Wenn Unternehmen, Parteien, Regierungen, Kirchen, Sekten und andere Gruppierungen Informationen zur Veröffentlichung freigeben, dann können wir davon ausgehen, dass in diesen freigegebenen Informationen keine Missstände innerhalb der eigenen Gruppierungen aufgedeckt werden. Jeder wird bemüht sein, die eigene Gruppierung im besten Licht darzustellen und die eigenen Missstände so weit wie möglich unter den Tisch zu kehren.

    Wenn wir der Ansicht sind, dass die Presse u.a. auch solche Missstände aufdecken soll, dann müssten wir der Presse zugestehen, dass sie auch solche Informationen nutzt, die NICHT zur Veröffentlichung freigegeben wurden, sondern die Ihr von sogenannten „Whistleblowern“ zugespielt wurden. Wenn wir diese Art der Pressearbeit kriminalisieren oder bekämpfen, dann wird es der Presse deutlich schwerer gemacht, Missstände aufzudecken. Und umgekehrt wird es den mächtigen Institutionen sehr viel leichter gemacht, die eigenen Missstände unter den Tisch zu kehren (z.B. unethisches Verhalten, Korruption, Missachtung der Menschenrechte, Manipulation usw.).

  6. #6
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    Ich verfolge hauptsächlich die Veröffentlichungen auf guardian.co.uk und ich finde, die machen da einen ganz guten Job, wie man so sagt. Sicherlich ist an der Praxis immernoch einiges verbesserungsfähig, nur das darf es ruhig auch sein. Immerhin wird hier im grossen Stil publizistisches Neuland betreten und das klappt nie auf Anhieb perfekt.

    Ansonsten ist die Informationsflut an sich eher eine Gegebenheit, mit welcher man sich entweder abinden - oder eben lernen muss, damit umzugehen. Das betrifft ja nicht nur Wikileaks, das zieht sich durch alle Bereiche der digitalen (Medien-)Öffentlichkeit. Da gibt es keinen Weg zurück, zur "heilen, überschaubaren Welt" der kontrollierbaren Informationsströme. Heute stellt sich vielmehr die Anforderung, damit klar zu kommen, an jedes Individuum selbst (Stichworte: Feed/Timeline, Filter, Medienkompetenz).

  7. #7
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    Wikileaks ist für mich eine andere Form von Journalismus mit den gleichen Rechten und Pflichten.

    Wie oft ließt man in der Bildzeitung oder im Spiegel: "...internen Dokumenten, die .... vorliegen". Das ist nichts anderes als bei Wikileaks - nur, dass da kein Amerikanischer Senator zur gezielten Tötung des Redakteurs aufruft, wie bei Wikileaks geschehen.

    Zu den Pflichten gehört aber auch sorgfältige Recherche und Verantwortung. Bei letzterem mangelt es bei Wikileaks und das darf und muss thematisiert werden.

  8. #8
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    Das sehe ich etwas anders. Mit solchen Institutionen wie Wikileaks ist es auch "Normalbürgern" möglich, bei Interesse eigene Recherchen durchzuführen und die gefilterten Infos aus Zeitung, Funk und Fernsehen selber zu überprüfen. Es gibt somit die Möglichkeit die Infos ungefiltert und mit eigenen Mitteln zu bewerten - was ist daran also schlecht?
    Das eigentlich peinliche ist doch, das das solche Dokumente öffentlich werden - aber bei der Anzahl der Nutzer solcher Zirkel auch wiederum kein Wunder.

  9. #9
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    Diffizil

    Einerseits plädiere ich für die Offenheit und Offenlegung vieler sonst im verborgenen auflaufenden Prozesse. Ich denke, dass es auf dem Weg in eine verantwortungsvolle Gesellschaft elementar ist, wenn wichtige Entscheidungen nicht nur hinter verschlossenen Türen gefällt werden und undokumentiert bleiben. Gleichzeitig sollte aber das privat bleiben, was privat ist. Es ist stets eine Frage der Auswirkungen auf Menschen, wo die Grenze zu ziehen sein sollte. Ob das Wikileaks bei den Veröffentlichungen immer gelungen ist?

  10. #10
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    Zitat Zitat von Stefan Beitrag anzeigen
    Einerseits plädiere ich für die Offenheit und Offenlegung vieler sonst im verborgenen auflaufenden Prozesse. Ich denke, dass es auf dem Weg in eine verantwortungsvolle Gesellschaft elementar ist, wenn wichtige Entscheidungen nicht nur hinter verschlossenen Türen gefällt werden und undokumentiert bleiben. Gleichzeitig sollte aber das privat bleiben, was privat ist. Es ist stets eine Frage der Auswirkungen auf Menschen, wo die Grenze zu ziehen sein sollte. Ob das Wikileaks bei den Veröffentlichungen immer gelungen ist?
    Wahrscheinlich (anfangs) nicht, aber sie haben sich ja auch lernfähig gezeigt und veröffentlichen jetzt in Kooperation mit namhaften "Qualitätsmedien". Ausserdem - mal etwas sarkastisch betrachtet - wurden in Afghanistan und im Irak auch sehr grosszügig "Kollateralschäden" in Kauf genommen, ganze Hochzeitsveranstaltungen mit "Hellfire"-Raketen aufgelöst und wer weiss was noch. Da wird das dann regelmässig im Sinne der "guten Sache" versucht, zu relativieren. Wenn bei WL im Zuge der Bekanntmachung solch gravierender Fehlentwicklungen und Kriegsverbrechen auch mal den einen oder anderen "Kollateralschaden" produziert, sollte man das zwar nicht versuchen, schön zu reden, aber zumindest ins Verhältnis zu den positiven Aspekten der gesamten Aktion setzen.

    WL wird bisweilen die Intransparenz vorgeworfen, mit welcher sie selbst auch operieren. Das ist richtig, allerdings derzeit noch notwendig. Man sollte es wie ein "Gegengift" verstehen. Ohne triftigen Grund eingenommen schadet oder tötet es den Organismus ebenso. Wenn der Grund einer akuten Vergiftung allerdings vorliegt, dann ist es die richtige Medizin und hilft bei der Genesung.

    Ich sehe Wikileaks als wirkungsvolle Medizin gegen unsere durch Intransparenz, exzessive Geheimniskrämerei und die destruktiven Auswirkungen, die in solchen Schattenbiotopen besonders gut vegetieren, vergiftete Demokratie. Wir brauchen WL nur so lange, wie die (globale) politische Kultur, insbesondere aber auch die der vermeintlichen "Vorzeigedemokratien" gelernt und akzeptiert haben, dass sich brisante Geheimnisse immer schlechter "schützen" lassen und dass die Gefahr des Bekanntwerdens direkt proportional mit dem öffentlichen Interesse daran korreliert.

    Wie sagten diverse Innenpolitiker hierzulande gern auch wiederholt im Zuge der Debatten um die Vorratsdatenspeicherung, Online-Durchsuchung und was weiss ich noch - "Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten.". Mal beim Wort genommen! Ein Staat hat per se vor seinen Bürgern nichts zu verbergen, der Bürger vor dem Staat hingegen schon (Privatsphäre). Das ist prinzipbedingt in der FDGO so angelegt, wird aber regelmässig versucht, von besagten Politikern quasi von den Füssen auf den Kopf zu stellen. "Natürlich" nur zu "unserem Schutz", weil die ganze Welt voll mit Terroristen und Kinderschändern ist - egal was die konkreten Statistiken belegen oder eben nicht. Wenn diese Fehlentwicklung nicht gestoppt wird, verkommt der Staat zum Selbstzweck, der seine Bevölkerung, seine Bürger und somit seine "Arbeitgeber" zunehmend als Bedrohung für die eigene Existenz ansieht und behandelt. Stichwort Präventivstaat, Überwachungsgesellschaft etc. Er wird zunehmend alle Entscheidungen an seinem Selbsterhaltungsinteresse ausrichten und damit er dies "demokratisch legitimiert" vollziehen kann, ist es notwendig bzw. höchst dienlich, wenn die Menschen sich einer konstanten Bedrohungslage gegenüber wähnen. Dafür wird schonmal in Deutschland ein fächendeckender Terroralarm ausgelöst, Polizisten mit MPs an Bahnhöfen postiert, obwohl es bis dato keinen einzigen konkreten Anschlag in diesem Land gegeben hat. Wo bleibt da die Verhältnismässigkeit?

    Das gleiche Prinzip findet sich natürlich bei den netzpolitischen Themen en masse. Da wird vom "Rechtsfreien Raum Internet" schwadroniert, obwohl das Internet bereits heute eine wesentlich höhere Aufklärungsquote von Straftaten vorzuweisen hat, als die "Offline-Welt". Da wird die Jagt auf KinderpornoKONSUMENTEN(!) vom Innenminister indirekt noch höher gewichtet, als der Einsatz zur Verfolgung der "echten" Straftäter, also jenen, die das Zeug (offline!) herstellen und dann verbreiten. Klar, mit ein paar Hundert gefangenen Deppen, die aus welchen Gründen auch immer - ob absichtlich oder unbemerkt - das Zeug auf ihren Computer geladen haben, kann man schön die Statistik aufblasen. Die Polizei tut was - sie macht das Internet sicherer. So die beabsichtigte Botschaft. Daneben werden dann mittels Netzsperren die echten Täter und ihre Straftaten nicht nur vor der Öffentlichkeit verborgen, sondern sogar noch geschützt! Den Kindern ist damit nicht geholfen, soviel steht fest und das Problem wird auf diese Art auch nicht eingedämmt oder gar aus der Welt geschafft. Im Gegenteil - der einzige Effekt, der hier am Ende wirkungsvoll in Erscheinung tritt, ist die formelle Etablierung einer tragfähigen, geheimen Zensur-Infrastruktur, die ab dem Tag, wo man sie errichtet hat darauf wartet, dass ihr Geltungsbereich erweitert und/oder dass sie schlicht von einer hemmungslosen politischen Kaste missbraucht wird.

    Ach nein, sowas gibt es ja gar nicht. Nicht in unserer gefestigten, westlichen Demokratie!

    Nein? Man richte bitte den Blick nach Ungarn. Ok ok, das sind ja "Ex-Kommunisten" quasi, das zählt nicht, die müssen das erst noch lernen. Aber was ist mit Italien? Frankreich? Dort geht man mittlerweile im Auftrag der "Kreativwirtschaft" gegen breite Bevölkerungsschichten vor. Die "Netzsperren" werden dort klar als Mittel zur Durchsetzung von kommerziellen Kopierverboten angesehen. Nicht vom Volk, klar, aber von dessen "Vertretern" offenbar. Oder wer macht da wirklich die Gesetze?

    Das (u.a.) herauszufinden und ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen, ist die Mission von Wikileaks & Co. Und das ist im Sinne aller (echten) Demokraten.

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