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Berlin: (hib/KTK/JOH ) Bei der Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag waren sich die eingeladenen Experten uneinig, wie die Leistungen der Grundsicherung (”Hartz IV“) so umgestaltet werden können, dass sie dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 9. Februar 2010 entsprechen. Grundlage der Anhörung waren zwei Anträge der SPD-Fraktion (17/880) sowie der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/675).
Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Urteil festgestellt, dass die Regelungen zur Grundsicherung ”nicht dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums“ entsprächen. Das Gericht hatte insbesondere kritisiert, dass bei der Berechnung der Leistungen für Kinder deren spezifischer Bedarf nicht berücksichtigt worden sei. Der Regelsatz für Kinder müsste sich an ”kindlichen Entwicklungsphasen und einer kindgerechten Persönlichkeitsentfaltung“ ausrichten, forderten die Karlsruher Richter.
Andreas Kilbitz vom Deutschen Kinderschutzbund sagte in der Anhörung, dass sein Verband das sogenannte ”Gutscheinmodell“ nicht unterstütze. Den Eltern werde ihre Verantwortung vorenthalten, wenn sie statt zusätzlichem Geld Gutscheine für die Förderung ihrer Kinder bekämen. Viele Studien würden zeigen, dass die überwiegende Mehrheit der Eltern unter den Leistungsempfängern eher bei sich selber als bei ihren Kindern sparen würde. Dietrich Engels vom Institut für Sozialforschung mahnte, dass die Ausgabe von Gutscheinen zu einem größeren Verwaltungsaufwand führen würde. Jürgen Wuttke von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände hingegen sah Gutscheine als eine Möglichkeit, um bedürftigen Kindern Zugang zu schulischen, kulturellen oder sportlichen Angeboten zu garantieren.
Die Volkswirtin Irene Becker wies darauf hin, dass es bei der Berechnung der Regelsätze nach dem sogenannten ”Statistikmodell“ keine Alternative zur ”Einkommens- und Verbrauchsstichprobe“ (EVS) des Statistischen Bundesamtes gebe. Um die Regelsätze zu ermitteln, werden dabei die Ausgaben von 20 Prozent der Haushalte mit dem niedrigsten Einkommen aus der Stichprobe erhoben. Da es keine anderen ähnlich breit angelegten statistischen Erhebungen gebe, müsste man sich an den Zahlen des EVS orientieren, sagte Becker. Die Familienrechtlerin Anna Lenze schlug jedoch vor, sich für die Berechnung der Kinder-Regelsätze nicht an den Ausgaben der Haushalte mit dem niedrigsten Einkommen, sondern an den Haushalten der Mittelschicht zu orientieren, um Kindern bessere Zukunftschancen zu ermöglichen.
Heinz Hilgers vom Kinderschutzbund sagte, das Statistikmodell sei nur zur Ermittlung des Existenzminimums eines Kindes geeignet, aber nicht zur Ermittlung des Bedarfes für Schule und für die Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes. Werner Hesse vom Paritätischen Gesamtverband sagte, dass nicht alle Leistungen zu pauschalen Regelsätzen zusammengefasst werden könnten. Wenn Familien durchschnittlich 2,50 Euro im Monat für Nachhilfe ausgäben, könnten Eltern mit diesem Pauschalbetrag trotzdem keine Nachhilfe finanzieren. Michael Löher vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge wies schließlich darauf hin, dass die Entscheidung über die Höhe der Regelsätze zwar durch eine gesellschaftliche Debatte oder eine unabhängige Expertenkommission unterstützt werden könne. Sie müsse aber auf politischer Ebene fallen.
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