Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > November 2010
Berlin: (hib/HLE/AH) Die Finanzhilfen für Irland sollen über die nächsten drei Jahre einen Umfang von 85 Milliarden Euro betragen. Davon seien 50 Milliarden für den staatlichen Finanzbedarf und 35 Milliarden für den Bankensektor bestimmt, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble am Montag Abend in einer Sondersitzung des Finanzausschusses. Irland habe zugesagt, in den kommenden 4 Jahren einen Konsolidierungsbeitrag von 15 Milliarden Euro zu leisten, was 9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts entspreche. Übertragen auf die Verhältnisse in der Bundesrepublik bedeute dies eine Konsolidierung von 225 Milliarden Euro. Es gebe nicht den geringsten realen Anlass für Spekulationen, dass der Euro-Rettungsschirm nicht ausreichen werde versicherte der Minister.
Insgesamt plane die Regierung in Dublin 10 Milliarden Euro Ausgabenkürzungen und 5 Milliarden Euro Einnahmeverbesserungen, berichtete Schäuble. So sollten im Sozialbereich 2,8 Milliarden Euro eingespart werden. Im öffentlichen Dienst sollten 25.000 Stellen eingespart und die Gehälter um 1,2 Milliarden Euro gekürzt werden. Studiengebühren sollten erhöht, das Rentenalter schrittweise bis 2028 von 65 auf 68 Jahre angehoben, und Wassergebühren sollten eingeführt werden.
Auf der Einnahmenseite sollten Mehreinnahmen durch Änderungen der Einkommensbesteuerung und der Rentenbesteuerung erzielt werden. Steuervergünstigungen würden abgebaut oder gestrichen, erklärte Schäuble. Auch der Mehrwertsteuersatz werde bis 2014 schrittweise von 21 auf 23 Prozent erhöht. Unverändert bleibe der Körperschaftsteuersatz von 12,5 Prozent (siehe auch Bericht über die Sondersitzung des Haushaltsausschusses). Im kommenden Jahr solle das Haushaltsdefizit bereits von derzeit 32 auf 9,1 Prozent gesenkt werden. Als strukturelle Maßnahmen in Irland nannte Schäuble unter anderem eine Senkung des Mindestlohns um 1 Euro auf 7,65 Euro.
Nach Angaben des Ministers soll Irland über seine Barreserven und Pensionsfonds mit 17,5 Milliarden Euro zum Unterstützungspaket selbst beitragen. Die externe Hilfe werde 67,5 Milliarden Euro betragen. Davon solle der Internationale Währungsfonds (IWF) 22,5 Milliarden Euro übernehmen. Der Rest in Höhe von 45 Milliarden Euro werde über die EU (Europäischer Finanzstabilisierungsmechanismus EFSM) und die zwischenstaatliche European Financial Stability Facility (EFSF) sowie bilaterale Darlehen aufgebracht. Während die EFSM 22,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen werde, würden von der EFSF ergänzend 17,7 Milliarden Euro kommen. Schäuble wies darauf hin, dass die EFSF 4,2 Milliarden Euro zusätzlich als Barmittel am Kapitalmarkt aufnehmen und halten müsse, um eine erstklassige Bonität (AAA) zu erhalten. Diese 4,2 Milliarden würden in die Gesamtkreditsumme für Irland eingerechnet und von Irland getilgt werden. Außerdem würden nicht am Euro teilnehmende Länder Kredite bereitstellen. Es handele sich um Großbritannien (3,8 Milliarden), Schweden (600 Millionen) und Dänemark (knapp 400 Millionen). Deutschland werde im Rahmen der EFSF voraussichtlich Garantien von 6,2 Milliarden Euro übernehmen, teilte Schäuble mit.
Die CDU/CSU-Fraktion bezeichnete die Hilfsmaßnahmen als wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung des Euro. Es werde davon ausgegangen, dass Irland seine Zusagen einhalten werde. Es seien ”alle aufgerufen, die gemeinsame Währung zu verteidigen“. Die FDP-Fraktion sprach von einem ”ordentlichen Programm“, das sich sehen lassen könne.
Kritisch äußerte sich die SPD-Fraktion. Bundeskanzlerin Angela Merkel sei nicht nur tätig geworden, sondern für die Lage mitverantwortlich. In Medien sei bereits von einem ”Merkel-Crash“ die Rede. Nachdem Merkel das Stichwort ”Beteiligung der Gläubiger“ von Staatsanleihen bei Notlagen von Staaten genannt habe, sei es zu den negativen Entwicklungen auf den Finanzmärkten gekommen. Die SPD-Fraktion versicherte, auch sie sei für eine Beteiligung der Gläubiger, doch dürfe diese Beteiligung nicht zu einer Verunsicherung der Märkte führen.
Die Linksfraktion erklärte, es sei unklar, ob das Volumen des europäischen Rettungsschirms ausreichen werde. Das Grundproblem sei die Spekulation, und es sei nicht klar, ob die Eurozone gegen die Spekulation stehe. Die Linksfraktion kritisierte die geplanten Einsparungen bei den öffentlichen Haushalten Irlands als ”Voodoo-Ökononie“. Wie schon die SPD-Fraktion kritisierten auch Bündnis 90/Die Grünen, dass es nicht gelungen sei, Irland zu einer Erhöhung des Körperschaftsteuersatzes zu bewegen.
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