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Berlin: (hib/HLE/KT) Die Bundesregierung geht von einem kräftigen Aufschwung in diesem Jahr aus. Nun müsse es darum gehen, ”einen langfristigen Aufschwung daraus zu machen“, sagte Wirtschaftsminister Rainer Brüderle am Mittwochmittag im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie bei der Vorstellung des vom Kabinett zuvor beschlossenen Jahreswirtschaftsberichts (17/4450). Während die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP die präsentierten Daten lobten, wurden von den Oppositionsfraktionen Zweifel angemeldet. Hinweise auf unterschiedliche Risiken für den Aufschwung gab es jedoch von allen 5 Fraktionen.
Brüderle hatte eingangs festgestellt, auch 2011 werde ein gutes Jahr. Im Jahreswirtschaftsbericht wird davon ausgegangen, dass das Wirtschaftswachstum 2,3 Prozent betragen wird. Den Aufschwung habe man vielen fleißigen Menschen und auch dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz der Bundesregierung zu verdanken, sagte Brüderle. Die Beschäftigung befinde sich auf dem höchsten Stand seit der Wiedervereinigung. Positiv sei auch die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen. Im Jahresdurchschnitt werde ein Wert von sieben Prozent erwartet. Im Süden Deutschlands gehe die Entwicklung in Richtung Vollbeschäftigung. Daher ”müssen wir alles mobilisieren, was wir im Lande haben“, forderte der Minister. Er sprach sich für eine Senkung der Schulabbrecherquote aus, um mehr qualifiziertes Personal zu bekommen. Ältere Arbeitnehmer müssten gebeten werden, länger dabei zu bleiben, und Frauen sollten verstärkt in gewerblich-technische Berufe gehen. Brüderle verwies auf die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte, die um 1,6 Prozent steigen würden und nannte den privaten Konsum den ”Impulsgeber für weiteres Wachstum“. Zufrieden sagte der Minister: ”Unsere Zahlen sind eher vorsichtig geschätzt als überzeichnet.“
Die CDU/CSU-Fraktion bezeichnete es als erfreulich, dass man ”mit Rückenwind“ ins Jahr 2011 starten könne. Jetzt würden sich weitere Möglichkeiten zur Haushaltskonsolidierung eröffnen. Besonders erfreut zeigte sich die Unionsfraktion über die Steigerung der verfügbaren Einkommen. Risiken sah ein Sprecher der Fraktion in der Entwicklung in den USA. Es scheine keine Rezepte zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und für Wege aus der hohen Verschuldung zu geben.
Die SPD-Fraktion erklärte zu Brüderles Rede, ”etwas mehr Demut wäre angebracht gewesen“. Der Aufschwung habe andere Ursachen als das von Brüderle genannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Ein Sprecher der SPD-Fraktion erinnerte an die Bewertung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes durch den Sachverständigenrat, der keine Wachstumsbeschleunigung habe erkennen können und außerdem die Senkung der Steuern für Hotelbetriebe als Sündenfall bezeichnet habe. Die SPD-Fraktion kritisierte, dass der Aufschwung an vielen Menschen vorbeigehe. Das von der Koalition gegebene Versprechen ”mehr Netto vom Brutto“ sei nicht gehalten worden. Es gebe im Gegenteil zusätzliche Belastungen. Zum Wert der am Mittwoch beschlossenen Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages von 920 auf 1.000 Euro, die eine Entlastung von 2,90 Euro bringe, spottete der Sprecher der SPD-Fraktion: ”Die FDP gibt eine Tasse Kaffee aus.“ Die SPD-Fraktion forderte mehr öffentliche Investitionen und höhere Löhne.
Die FDP-Fraktion sprach dagegen von einer ”spektakulären Entwicklung“ der Wirtschaft und entgegnete auf die Kritik der SPD-Fraktion an der Erhöhung des Pauschbetrages: ”Wir kämpfen um jeden Euro Entlastung.“ Dagegen strebe die SPD-Fraktion Steuererhöhungen an. Die größte Gefahr für den Aufschwung ist aus Sicht der FDP-Fraktion die Frage der Euro-Stabilität.
Die Linksfraktion warf Brüderle und der FDP-Fraktion ”Selbstbeweihräucherung“ vor. Wenn die Bundesregierung auf den privaten Konsum setze, könne man davon ausgehen, ”dass es wieder bergab geht“. Das habe man bereits 2008 erlebt. Diese Gefahr bestehe jetzt auch wieder. Die Prognosen würden überdies zeigen, dass für die Arbeitnehmer nach Abzug der Inflationsrate real nicht viel übrig bleibe. Wie die SPD-Fraktion sah auch die Linksfraktion Risiken durch die zum 1. Mai kommende Freizügigkeit für Arbeitnehmer aus acht osteuropäischen Ländern. Die Linksfraktion warnte vor Lohndumping. Brüderle nannte diese Befürchtungen ”völlig überzogen“.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ging ebenfalls auf die Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages ein und bezeichnete es als ”absolutes Unding“, diese Anhebung zur Koalitionsfrage zu machen. Eine Sprecherin erklärte: ”Die Krise in Europa ist keineswegs überwunden.“ Probleme seien die hohen Schulden, eine mangelhafte Finanzmarktregulierung und das Ungleichgewicht in der Wirtschaft. Es sei auch nationales Interesse, Europa zu stabilisieren.
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