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Nach Ansicht Birthlers ist das auffällig große Interesse an den Stasi-Akten im Jahr 2009 auf den 20. Jahrestag der Friedlichen Revolution in der ehemaligen DDR zurückzuführen. ”Dass sich jedoch die Antragszahlen insgesamt 20 Jahre nach Gründung der Behörde noch auf einem derart hohen Niveau bewegen würde, ist nicht zu erwarten gewesen“, schreibt Birthler in ihrem Bericht, der den Zeitraum von April 2009 bis Ende 2010 abdeckt.
Birthler, die das Amt der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen nach zwei Amtsperioden von insgesamt zehn Jahren am kommenden Montag an ihren Nachfolger Roland Jahn übergeben wird, zieht 20 Jahre nach der friedlichen Revolution eine gemischte Bilanz. Einerseits sei die Aufarbeitung der zweiten Diktatur in Deutschland gesellschaftlich akzeptiert und werde politisch unterstützt. ”Mit der Stasi-Unterlagen-Behörde, der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und zahlreichen Regelungen hat Deutschland international Maßstäbe für den Umgang mit diktatorischer Vergangenheit gesetzt“, schreibt Birthler in ihrem Tätigkeitsbericht. Dieser Bilanz stünden jedoch ”beunruhigende Befunde und Entwicklungen gegenüber“. Trotz gezahlter Entschädigungen leben nach Angaben Birthlers viele Opfer des SED-Regimes, deren Gesundheitszustand durch Haft und Verfolgung beeinträchtigt sei oder denen eine berufliche Entwicklung versagt bliebe, heute in prekären Verhältnissen. ”Als besonders bitter wird dies angesichts der Tatsache empfunden, dass sich ihre früheren Peiniger ansehnlicher Ruhestandsbezüge erfreuen“, erläutert die Bundesbeauftragte. Und sie fügt an: ”Als ungerecht wird auch erlebt, dass sich von jenen, die früher als Stasi-Offiziere, Richter, Parteifunktionäre oder Heimerzieher Teil des Unterdrückungssystems waren, kaum jemand vor Gericht zu verantworten hatte.“
Mit deutlichen Worten kritisiert Marianne Birthler Forderungen nach einem Schlussstrich unter die Aufarbeitung der SED-Diktatur und das Ansinnen, im Zeichen der Versöhnung auch jener Partei, ”die als SED verantwortlich für das Diktaturunrecht war“, wieder politische Macht zu übertragen: ”Abgesehen davon, dass der immer wieder bemühte ,Schlussstrich‘ nicht funktioniert, weil Menschen sich das Nachfragen und Diskutieren nicht verbieten lassen, offenbaren solche Vorstöße die Unkenntnis dessen, was Versöhnung meint und was sie zur Voraussetzung hat.“ Dies seien ”Wahrheit und Wahrhaftigkeit im Umgang mit der Vergangenheit“.
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