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Besonders harsche Kritik von Seiten der Experten richtete sich gegen das Gesundheitswesen und gegen das Bundesgesundheitsministerium. Auf der einen Seite werde von der Regierung die Vernetzung aller für den Kinder- und Jugendschutz relevanten Gruppierungen eingefordert, aber auf der Regierungsebene scheitere diese Vernetzung zwischen den Ressorts, bemängelte Jutta Decarli vom Bundesverband für Erziehungshilfe (AFET). „Das Gesundheitsressort muss mit ins Boot“, forderte auch der Rechtswissenschaftler Ludwig Salgo von der Universität Frankfurt. Ein Kinderschutzgesetz ohne die Beteiligung des Gesundheitswesen bleibe ein Torso. Diese Kritik wurde auch von den anderen Experten geteilt. Zugleich bescheinigten die Sachverständigen Familienministerin Kristina Schröder (CDU), alle Akteure im Kinder- und Jugendschutz in die Ausarbeitung des Gesetzentwurfes einbezogen zu haben. Insgesamt sei der Gesetzentwurf eine deutliche Verbesserung zu dem in der vergangenen Legislaturperiode eingebrachten und gescheiterten Entwurf. Übereinstimmend sprachen sich die Experten dafür aus, dass Gesetz und seine Wirkung nach einem Inkrafttreten zu evaluieren.
Der Erfolg des Gesetzes werde mit seiner Finanzierung stehen und fallen, prophezeite Birgit Zeller von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter. In vielen Kommunen fehlen nach ihren Angaben die personellen und finanziellen Ressourcen, „um die Anforderungen des Gesetzes zu erfüllen“. Die im Gesetzentwurf veranschlagten Kosten für die Landes- und Kommunalhaushalte von jährlich zunächst 90 und später 64 Millionen Euro seien „nicht transparent und nachvollziehbar gerechnet“, kritisierte Zeller. Auch Jörg Freese mahnte im Namen der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, dass das Gesetz ohne hinreichende finanzielle Kostenregelung zwischen Bund, Ländern und Kommunen „keinen durchschlagenden Erfolg“ haben werde.
Konkret forderten die Experten eine Verankerung von Leistungen der Familienhebammen, die der Gesunderhaltung dienen, im Sozialgesetzbuch V, sprich im System der gesetzlichen Krankenkassen. Der Kinder- und Jugendpsychiater Jörg M. Fegert vom Universitätsklinikum Ulm und die Kinder- und Jugendärztin Ute Thyen von der Universität Lübeck warnten zugleich davor, die Familienhebammen als eine Art „Wunderwaffe“ anzusehen. Diese stellten zwar eine Berufsgruppe dar, die besonders geeignete Angebote in der frühen Hilfe für Familien machen können, aber sie seien auch nicht die einzigen. Die beiden Ärzte verwiesen auf die ebenso wichtige Rolle von Kinderkrankenschwestern und -pflegern. Zudem sei der Auftrag der Familienhebammen im Gesetzentwurf „nebulös und gleichzeitig mit riesigen Erwartungen verbunden“, bemängelte Fegert. Wenn der Bund in den Jahren 2012 bis 2015 jährlich 30 Millionen Euro für das System der Familienhebammen ausgeben wolle, dann verdiene dieser Bereich „dringend eine Präzisierung“. Die Pädagogin Barbara Staschek verwies auf die guten Erfahrungen in Deutschland mit Familienhebammen seit den 1980er Jahren. Sie warnte allerdings davor zu glauben, „dass auch die Betreuung von Hochrisiko-Familien auf der Basis der Regelversorgung geleistet werden kann“.
Unterschiedlich wurde von den Sachverständigen bewertet, ob für bestimmte Leistungen und Hilfsangebote an Familien und Kinder ein Rechtsanspruch formuliert werden soll. Dies forderten Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, und
Sabine Skutta vom Deutschen Roten Kreuz. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf die Situation von Migranten, die nicht oder nur schlecht der deutschen Sprache mächtig seien. Für diese Fälle müsste ein Rechtsanspruch auf einen Dolmetscher gewährt werden. Prävention dürfe „nicht an Sprachschranken scheitern“.
Thomas Meysen vom Deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht forderte eine kontinuierliche Beratung und Unterstützung von Pflegefamilien. Zusammen mit dem zuständigen Jugendamt könne das sichere Aufwachsen von Kindern so am besten gewährleistet werden. Maria Kurz-Adam vom Stadtjugendamt München sprach sich für eine starke Stellung der Jugendämter aus. Diese stünden schließlich am „Ende einer Verantwortungskette“.
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