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Reisch erläuterte, dass einer Umorientierung hin zu nachhaltigen Lebensstilen erhebliche Hindernisse im Wege stünden. Ein Kernproblem sieht die Wissenschaftlerin in der „Verhaltensstarre“ vieler Bürger, im Festhalten am Gewohnten. Ein nachhaltiger Konsum könne auch dem Bedürfnis nach Genuss und Spaß widersprechen, weil individuelle Freiheitsspielräume eingeschränkt würden. Die Referentin wies auf die Diskrepanz hin, die vielfach zwischen wünschbaren Zielen und der Zahlungsbereitschaft existiere. So habe bei einer Studie ein hoher Prozent der Befragten bei Lebensmitteln u. a. für einen Verzicht auf Gentechnik, für eine artgerechte Tierhaltung, für eine angemessene Entlohnung der Beschäftigten im Handel oder für faire Preise plädiert, die Rohstoffproduzenten in Entwicklungsländern gewährt werden sollen. Die Anteil derer, die für derart erzeugte Nahrungsmittel mehr Geld ausgeben würden, sei jedoch erheblich kleiner gewesen.
Reisch führte eine Fülle konkreter Maßnahmen an, mit deren Hilfe ein Umsteuern vorangebracht werden könne. Dazu gehöre etwa die Propagierung von Vorbildern, die einen nachhaltigen Lebensstil praktizieren. In Geschäften solle man Süßigkeiten nicht mehr mit Karte, sondern nur bar bezahlen können. Bankberater könnten verpflichtet werden, so die Professorin, ihren Kunden Vorschläge für eine „ethisch-moralische Geldanlage“ zu unterbreiten. Verhaltensweisen, die nicht nachhaltig seien, sollten „unattraktiv“ gemacht werden: Als Beispiel erwähnte sie die in Dänemark mancherorts praktizierte Möglichkeit, im Straßenraum nur noch Elektroautos das Parken zu ermöglichen. Reisch lobte eine dänische Lebensmittelkette, die Thunfisch aus ihrem Angebot entfernt habe. Auch das FCKW-Verbot sei ein gelungenes Beispiel für das Auslisten von Produkten.
Hengsbach gab sich überzeugt, dass eine auf den einzelnen zielende „Tugendethik“ im Sinne eines nachhaltigen Lebensstils nicht sehr wirkungsvoll sei: „Den mündigen Konsumenten gibt es nicht.“ Nötig sei vielmehr eine „Regelethik“, es müssten „Strukturen und Regeln“ geändert werden. Als zentralen Hebel benannte der Professor die den Produzenten auferlegte Verpflichtung, den schnellen Verschleiß zahlreicher Güter zu beenden. So sollten etwa Computer und Autos „baukastenförmig“ konzipiert und von den Herstellern durch den Austausch von Komponenten nachträglich technisch aufgerüstet werden. Der Bürger nutze das Produkt, während der Hersteller dessen technische Wartung und dessen Rücknahme nach Ablauf der Garantie gewährleisten müsse. Mit Hilfe von Recycling, erklärte Hengsbach, könne dann das Material zum Teil wiederverwendet werden. Ein solcher Kreislauf ermögliche es, dass Güter länger am Markt bleiben, dass sich das Abfallvolumen verringert und die Nachfrage nach Rohstoffen sinkt.
Der Wissenschaftler will nicht nur mit Maßnahmen gegen Werbung im öffentlichen Raum Konsumanreize bekämpfen. Er rief dazu auf, auch Marketingstrategien wie „Bier trinken für den Regenwald“ zu verbieten. Öffentlich propagiert werden sollten dagegen das Energiesparen, die Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes, das Umsteigen auf den öffentlichen Nahverkehr oder die Absage an saisonale Modewellen bei der Kleidung.
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