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Sind Erwachsene nicht mehr zur eigenständigen Regelung ihrer persönlichen Angelegenheiten fähig, dann erhalten sie einen rechtlichen Betreuer, der in einem Gerichtsverfahren bestellt wird. Gründe können körperliche, geistige und seelische Behinderungen oder psychische Krankheiten sein. Die Zahl rechtlicher Betreuungen stieg laut Gesetzentwurf zwischen 2005 und 2011 von 1,2 Millionen auf 1,3 Millionen. Der Trend zur Zunahme wurzele nicht zuletzt im demographischen Wandel: Inzwischen seien über 60 Prozent der betreuten Personen über 60 Jahre alt.
Mit der Anordnung solcher Maßnahmen wird stets das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen tangiert, da die Betreuer Entscheidungen stellvertretend für die Betroffenen fällen. Mit dem Gesetzentwurf will die Bundesregierung erreichen, dass solche Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht in höherem Maße als bislang vermieden werden. Deshalb soll gründlicher geprüft werden, ob die Bestellung eines rechtlichen Betreuers tatsächlich nötig ist oder ob es dazu Alternativen gibt. Auf diese Weise will man auch die steigende Kostenbelastung in den Justizetats der Länder eindämmen, die mit der Zunahme rechtlicher Betreuungen verbunden ist.
Bei der Anhörung unterstützten mehrere Richter den Plan der Regierung, vor der gerichtlichen Anordnung einer Betreuung die Anhörung der zuständigen Betreuungsbehörde zwingend vorzuschreiben. Auch haben diese Ämter laut Gesetzentwurf stets Berichte vorzulegen, die bestimmten Qualitätskriterien genügen müssen. Bei den Gerichtsverfahren sollen die Behörden überdies durch Fachkräfte vertreten sein.
Die Vizepräsidentin des Landgerichts Berlin, Andrea Diekmann, kritisierte, dass in der gerichtlichen Praxis „teilweise Betreuungen angeordnet werden, obwohl anderweitige Hilfen zur Verfügung stehen und ausreichend wären“. Die Neuerungen könnten dazu beitragen, dass künftig stärker der Grundsatz beachtet werde, rechtliche Betreuer nur dann zu bestellen, wenn dies erforderlich sei. Harald Reske monierte, dass bei Gerichtsverfahren oft ein „ordentlich fundierter Bericht“ der Betreuungsbehörde fehle. Wenn die Gerichte in Zukunft auf einer besseren Grundlage entscheiden könnten, gab sich der Kölner Amtsrichter überzeugt, könnten viele rechtliche Betreuungen überflüssig werden.
Hingegen meinte Irene Vorholz vom Deutschen Landkreistag, der Anstieg solcher Betreuungen sei nicht darauf zurückzuführen, „dass die Betreuungsbehörden ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben“. Schließlich seien es die Gerichte, die solche Maßnahmen anordneten. Wenn die Fachämter personell nicht überall ausreichend ausgestattet seien, so liege dies „nicht am bösen Willen“, sondern an der Finanzknappheit vieler Kommunen. Vorholz sagte voraus, dass sich die Kommunen mit den Ländern über die Frage streiten würden, wer die Kosten für die neuen Aufgaben zu tragen habe, die im Zuge der Reform auf die Betreuungsbehörden zukommen. Auch die Richter unter den Sachverständigen mahnten, diese Ämter personell und finanziell adäquat auszustatten. Vorholz bezweifelte im Übrigen, dass sich durch die geplanten Maßnahmen die Zahl rechtlicher Betreuungen senken lassen werde, da deren Anstieg vor allem in der demographischen Entwicklung wurzele.
Thorsten Becker kritisierte, dass in der Vergangenheit alternative Hilfen zu Betreuungen immer weiter eingeschränkt worden seien. Der Sprecher des Bundesverbands der Berufsbetreuer plädierte dafür, den vorliegenden Gesetzentwurf nicht umzusetzen und stattdessen eine „echte Reform“ anzustreben.
Im Namen mehrerer katholischer Sozialverbände forderte Barbara Dannhäuser, im Vorfeld einer rechtlichen Betreuung neue Hilfsmodelle für Betroffene zu schaffen, die eine solche Maßnahme entbehrlich machen. Eine Betreuung müsse auf die jeweilige Person zugeschnitten sein, solle von möglichst kurzer Dauer sein und müsse „in regelmäßigen, kurzen Abständen auf ihr Erfordernis überprüft werden“. Aus Sicht Dannhäusers fehlt ein „Konzept einer angemessenen und auskömmlichen Finanzierung des Gesamtsystems, einschließlich der Betreuungsvereine“.
Nach Meinung Schlitts hängt der Erfolg der geplanten Änderungen vor allem davon ab, „ob mehr ehrenamtliche Betreuer gefunden werden können“. Deshalb müssten die Betreuungsvereine mit ihren Angeboten für Schulungen und Fortbildungen der Ehrenamtlichen finanziell gestärkt werden.
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