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Der Bundesrat betont, dass heutzutage ein Girokonto Voraussetzung für eine „angemessene Teilnahme am Wirtschafts- und Geschäftsleben und aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken“ sei. Die Möglichkeit, seinen Zahlungsverkehr bargeldlos abzuwickeln, sei „im 21. Jahrhundert für nahezu jedermann von essentieller Bedeutung“. Gleichwohl sei einem „erheblichen Teil“ der Bevölkerung der Zugang zu einem Girokonto versagt, kritisiert die Länderkammer. Zwar existierten keine exakten Erhebungen mit präzisen Angaben über die Zahl der Bürger ohne Girokonto. Der Bundesrat verweist jedoch auf Schätzungen, die von 600.000 bis annähernd eine Million Betroffenen reichen. Auf dem Weg von freiwilligen Selbstverpflichtungen der Kreditwirtschaft habe dieses Problem nicht gelöst werden können.
Abhilfe schaffen soll nach dem Willen der Länderkammer die Verpflichtung für Zahlungsdienstleister, grundsätzlich allen sich rechtmäßig im EU-Gebiet aufhaltenden Verbrauchern ein Guthabenkonto einzurichten, das allerdings nicht kostenlos sein soll – wobei die Gebühr „nicht unangemessen“ sein dürfe. Eine Ausnahme von diesem Zwang soll es nur geben, wenn die Führung eines Guthabenkontos für eine Bank unzumutbar sei – etwa wenn ein Antragsteller wissentlich falsche Angaben gemacht habe oder wenn ein Konto mehr als sechs Monate kein Guthaben aufweise. Die Vermögensverhältnisse, die Finanzlage oder die Art der Einkünfte des Kontonutzers dürften, so der Bundesrat, eine Unzumutbarkeit nicht begründen.
In dem Gesetzentwurf heißt es, dass in einzelnen Ländern wie beispielsweise Nordrhein-Westfalen die Sparkassen bereits gesetzlich zur Einrichtung von Guthabenkonten gezwungen seien. Aus Gründen der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen müssten jedoch alle Banken einer solchen Verpflichtung unterworfen werden.
Der Bundesrat hofft, dass mit Hilfe eines gesetzlichen Anspruchs auf Guthabenkonten den Betroffenen „das durch die Kontolosigkeit entstandene Stigma genommen wird“. Zudem sollen Belastungen vor allem von sozial schwachen Familien vermindert werden.
Auch aus Sicht der Regierung sind „Bürger ohne ein Konto stärker als früher vom Wirtschaftsleben ausgeschlossen“. Deshalb wolle man „allen Bürgern schnell, einfach und auf praktikable Weise die Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr ermöglichen“, wie es in einer Stellungnahme zum Vorstoß der Ländervertretung heißt. Die Regierung lehnt deren Gesetzentwurf indes mit dem Argument ab, dass die EU-Kommission inzwischen einen Richtlinienvorschlag unterbreitet habe, wonach künftig jeder Verbraucher einen Anspruch auf ein Guthabenkonto mit bestimmten grundlegenden Funktionen haben solle. Die EU-Staaten müssen nach diesem Modell sicherstellen, dass mindestens ein Kreditinstitut auf ihrem Gebiet ein solches Konto zu angemessenen Gebühren anbietet.
Nach Auffassung der Regierung ist es „nicht zielführend“, auf nationaler Ebene eine gesetzliche Regelung vorzubereiten, die nach Abschluss der Verhandlungen über die EU-Richtlinie gegebenenfalls tiefgreifend geändert werden müsse. Der Bundesrat wiederum bezeichnet es als „unvertretbar“, eine Einigung auf EU-Ebene abzuwarten, da in der Zwischenzeit die Probleme der Verbraucher ungelöst blieben.
Die Regierung ihrerseits rechtfertigt ein Zuwarten auch mit dem Hinweis, dass „jeder Bürger in den meisten Regionen in Deutsch-land ein Girokonto erhalten kann“: Alle Sparkassen hätten sich im September 2012 auf die Einrichtung eines „Bürgerkontos“ im Sinne eines Guthabenkontos verpflichtet.
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