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Vorabmeldung zu einem Interview in der nächsten Ausgabe der Wochenzeitung
„Das Parlament“ (Erscheinungstag: 1. April 2012)
– bei Nennung der Quelle frei zur sofortigen Veröffentlichung –
„Für mich überwiegt ganz klar der potenzielle Nutzen“ . Dies betonte der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Norbert Barthle, in einem Interview mit der Wochenzeitung „Das Parlament“ (Erscheinungstag: 2. April) zum dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM und zum Fiskalpakt. Der Euro dürfe nicht auseinanderbrechen, die direkten und indirekten Folgekosten wären ungleich höher.
Der dauerhafte Rettungsschirm ESM werde neben Garantien vor allem auf eingezahltem Kapital von insgesamt 80 Milliarden Euro beruhen, sagte er weiter. Damit werde der ESM deutlich unabhängiger von den Ratings seiner Mitgliedstaaten. Wichtig sei auch die Verknüpfung von ESM und Fiskalvertrag: Hilfen durch den ESM würden nur gewährt, wenn der Antragsteller den Fiskalvertrag ratifiziert und eine entsprechende nationale Schuldenbremse eingeführt hat.
Eine Aufstockung des ESM insgesamt hält Barthle derzeit für „unnötig und kaum umsetzbar“. Das von den europäischen Finanzminister diskutierte Modell, die vorhandenen Mittel der EFSF solange weiter zu nutzen, bis der ESM sein volles Volumen erreicht hat, hält er jedoch für sinnvoll.
Das Interview im Wortlaut:
Herr Barthle, in der vergangenen Woche hat der Bundestag erstmals über Gesetzentwürfe zum neuen „Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM)“ beraten. Wozu ist der gut?
Der ESM ist genauso wie der Fiskalvertrag ein wesentlicher Baustein einer neuen Stabilitätsarchitektur für Europa. Natürlich muss die Krise primär an ihren Wurzeln bekämpft werden. Wir brauchen in den betroffenen Mitgliedstaaten solide Staatsfinanzen und Strukturreformen für mehr Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. Dennoch ist es auch in Zukunft nicht völlig ausgeschlossen, dass akut in Schwierigkeiten geratene Euro-Länder von ihren Partnern unterstützt werden müssen. Der ESM bietet diese temporäre Krisenhilfe unter strikten Auflagen.
Was ist der Unterschied zur bisherigen Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF)?
Bei der EFSF sind es vor allem die soliden Mitgliedstaaten, die mit ihren Garantien das Spitzenrating des Rettungsschirms sichern, damit dieser sich verlässlich an den Kapitalmärkten refinanzieren kann. Der dauerhafte Rettungsschirm ESM wird neben Garantien vor allem auf eingezahltem Kapital von insgesamt 80 Milliarden Euro beruhen. Damit wird der ESM deutlich unabhängiger von den Ratings seiner Mitgliedstaaten. Wichtig ist auch die Verknüpfung von ESM und Fiskalvertrag, die die Kanzlerin in den Verhandlungen umsetzen konnte. Hilfen durch den ESM werden nur gewährt, wenn der Antragsteller den Fiskalvertrag ratifiziert und eine entsprechende nationale Schuldenbremse eingeführt hat.
Der ESM soll Kapital von insgesamt 700 Milliarden Euro haben, davon 80 Milliarden in bar. Der deutsche Anteil ist rund 22 Milliarden Euro an Bareinlagen und 168 Milliarden an Garantien. Haben wir das Geld überhaupt?
Eine stabile Währungsunion muss uns etwas wert sein. Deutschland profitiert als Exportnation im besonderen Maße vom Euro. Die rund 22 Milliarden Euro Bareinlagen werden über einige Jahre gestreckt eingezahlt, wir arbeiten das derzeit in die Finanzplanung ein. Mit den Garantien übernehmen wir erst einmal nur Risiken, keine direkten Ausgaben. Wie immer müssen wir Kosten und Nutzen abwägen. Für mich überwiegt ganz klar der potenzielle Nutzen. Der Euro darf nicht auseinanderbrechen, die direkten und indirekten Folgekosten wären ungleich höher.
Müssen Sie bei den kommenden Etatberatungen zum Haushalt 2013 den Rotstift noch mehr ansetzen als ohne ESM-Zahlungen?
Wenn wir auch nächstes Jahr mehr als zunächst vorgesehen in den ESM einzahlen müssen, werden wir das in den Haushaltsberatungen entsprechend berücksichtigen. Es bleibt unser Ziel, möglichst schnell einen Haushalt ohne neue Schulden vorzulegen. Dabei kann den „Rotstift ansetzen“ ja auch heißen, dass man zusätzliche Leistungen verhindert und nicht alle Wünsche der Fachkollegen erfüllt.
Ist mit den bisher vorgesehenen Zahlungen das Ende der Fahnenstange erreicht oder wird noch aufgestockt?
Ein Rettungsschirm macht nur Sinn, wenn seine „Abschreckungskraft“ groß genug ist. Aber auch dem Engagement seiner Mitgliedstaaten sind klare Grenzen gesetzt. Deutschland ist das wirtschaftlich stärkste Euroland und leistet einen substanziellen Beitrag zum ESM. Aber auch wir müssen solide wirtschaften und einen strikten Sparkurs befolgen, damit unsere Verschuldung weiterhin tragfähig bleibt. Die europäischen Finanzminister diskutieren derzeit über ein Modell, die vorhandenen Mittel der EFSF solange weiter zu nutzen, bis der ESM sein volles Volumen erreicht hat. Das halte ich für sinnvoll. Eine Aufstockung des ESM insgesamt halte ich derzeit für unnötig und kaum umsetzbar.
Der Bundestag hat vergangene Woche auch erstmals über den Fiskalvertrag debattiert. Was soll der bringen?
Der Fiskalvertrag sorgt für eine striktere und glaubwürdigere Umsetzung der Haushaltsvorgaben der Wirtschafts- und Währungsunion. Alle Länder müssen eine Schuldenbremse in Anlehnung an unser Vorbild in ihr nationales Recht umsetzen. Die Schuldenbremsen müssen zudem automatische Korrekturmechanismen aufweisen, wie wir es mit unserem Kontrollkonto und den damit verbundenen Tilgungsverpflichtungen haben. Wird die Schuldenbremse nicht umgesetzt, kann dagegen vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt werden. Mehr Haushaltsdisziplin bringen künftig zudem quasi automatische Sanktionen bei übermäßiger Neuverschuldung im Rahmen des Stabilitätspakts und die nun vertraglich festgelegte Pflicht zur Reduzierung der Gesamtverschuldung eines Mitgliedsstaates.
Was nutzt ein Urteil zur Zahlung einer Geldbuße, wenn das betroffene Land kein Geld hat?
Die Klagemöglichkeit vor dem Europäischen Gerichtshof erhöht den Druck auf die Länder zur Einführung der im Vertrag vorgesehenen Schuldenbremse. Kein Land lässt sich gerne verklagen und erst recht nicht verurteilen.
Sehen Sie das Haushaltsrecht des Bundestages tangiert?
Natürlich ist das Haushaltsrecht des Bundestages von den Rettungsschirmen betroffen. Deshalb hat sich der Bundestag ja mehrfach sehr intensiv mit seinen Beteiligungsrechten beschäftigt und ein abgestuftes Verfahren entwickelt, das ein für alle Belange des Rettungsschirmes angemessenes Mitspracherecht sichert. Das Plenum des Deutschen Bundestages muss allen grundsätzlichen Entscheidungen zustimmen, also beispielweise einem neuen Hilfsprogramm für ein Euro-Mitgliedsland.
Es gibt ein Urteil des Verfassungsgerichts zum Neuner-Gremium. Wird dieses auch zur Ausgestaltung des ESM Konsequenzen haben?
Selbstverständlich werden wir bei der Regelung der Parlamentsrechte in Bezug auf den ESM die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts beachten. Das Gericht hat ausdrücklich bestätigt, dass bei Sekundärmarktkäufen, die wirklich äußerst vertraulich behandelt werden müssen, Entscheidungen von einem sehr kleinen Sondergremium mit derzeit neun Mitgliedern getroffen werden können. Ich halte das für eine richtige und wichtige Entscheidung. Dabei dürfte es sich aber um absolute Ausnahmefälle handeln. Bei Entscheidungen des ESM, die Auswirkungen auf unsere nationalen Haushalte haben, wird im Regelfall immer der gesamte Deutsche Bundestag befasst werden. Denkbar ist für mich allenfalls noch eine Ausnahmeregelung, bei der in besonders eiligen Fällen nur der Haushaltsausschuss zusammentreten muss.
Im Mai soll der Bundestag über beide Gesetze abstimmen. Für die Ratifizierung ist eine zwei-drittel Mehrheit notwendig. Wird diese erreicht?
Eine Zwei-Drittel-Mehrheit ist nur die Ratifizierung des Fiskalvertrages im Bundestag und Bundesrat notwendig. Ich rechne fest damit, dass wir diese Mehrheiten erreichen. Ich denke, alle Fraktionen werden sich an dieser Stelle ihrer staatspolitischen Verantwortung bewusst sein. Eine Entscheidung gegen den Fiskalpakt wäre ein Votum gegen mehr Stabilität in der Eurozone.
Wird die Union ihren Teil dazu beitragen?
Die Union steht zu dem gesamten Gesetzespaket und wird den erfolgreichen Kurs der Bundesregierung weiter unterstützen. Die Bundeskanzlerin und der Bundfinanzminister haben bei den europäischen Verhandlungen viele deutsche Positionen durchsetzen können. Heute sehen wir, dass unsere Strategie aufgeht. Die Länder konsolidieren ihre Haushalte nachhaltig, mit Strukturreformen sorgen sie sich um die Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit und die Finanzmärkte haben sich zumindest etwas beruhigt. Diesen Weg müssen wir konsequent weitergehen.
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