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7. November 2011

Die Kraft der Deliberation

Welche Aspekte gehören in den Wirkungsbereich der Projektgruppe Demokratie und Staat, welche zu anderen Projektgruppen? Diese Frage zog sich wie ein roter Faden durch die Textarbeit der fünften Sitzung.

Auf der Tagesordnung stand erneut das Kapitel 1 "Grundlagen". Zunächst rief die Projektgruppe noch einmal den Text 1.1. – "Zielsetzung und Begriffserklärung" – auf. Diesen Text hatten die Fachreferenten der Fraktionen seit der letzten Sitzung unter die Lupe genommen.

Selbstregulierung durch das Internet?

Endgültig verabschiedet werden konnte der Text allerdings noch nicht. Einige Ausführungen des Entwurfs gehörten inhaltlich zum Bereich der noch einzusetzenden Projektgruppe Medien, Kultur, Öffentlichkeit, wandte ein Projektgruppenmitglied ein. Außerdem müsse der Text auch redaktionell noch überarbeitet werden. Zur Diskussion in der Projektgruppe kam es zudem auch beim Thema Rückzug des Staates auf eine Gewährleistungsverantwortung. Ein solcher Rückzug sei problematisch zu sehen, sagte ein Projektgruppenmitglied. Die Fragestellung hingegen, in welchen Feldern in der digitalen Gesellschaft stärker auf Selbst- und Co-Regulierung zurückgegriffen werden könne und welche Rolle das Internet dabei spiele, sei aber sehr sinnvoll und wichtig. An dieser Stelle wird es einen konkreten Formulierungsentwurf geben. Die Projektgruppe hofft, den Text in der nächsten Sitzung endgültig verabschieden zu können.

Gefährdung der Demokratie durch begrenzte Teilhabe?

Im Zusammenhang mit dem Entwurf zum Papier 1.2, "Auswirkungen der digitalen Vernetzung auf das Verhältnis Bürger/Staat", wurde erneut kontrovers das Thema Zugangsversorgung diskutiert. Der Entwurf enthält einen Hinweis auf das Ergebnis einer Forsa-Umfrage, nach dem insbesondere die formal höher Gebildeten gerne von den digitalen Partizipationsmöglichkeiten Gebrauch machen möchten, bei formal geringer Gebildeten, Älteren und Arbeitern das Interesse signifikant abnehme. Hier verwies ein Projektgruppenmitglied darauf, dass es einen Hinweis auf eine mögliche Gefährdung der Demokratie durch begrenzte Teilhabe bestimmter Gruppen geben solle. Dem entgegnete ein anderes Projektgruppenmitglied, dass die Zugangsproblematik ohnehin schon in der Projektgruppe Zugang, Struktur und Sicherheit im Netz behandelt werde. Dieser Aspekt müsse nicht immer wieder neu aufgegriffen werden. Schließlich kam die Projektgruppe überein, Ausführungen dieser Art unter Kapitel 1.4.1. zusammenzufassen. Hier sei ein entsprechender Abschnitt mit dem Titel "Soziale Teilhabe und Zugang" bereits vorgesehen. Im Grundsatz wurde der Text anschließend beschlossen.

Aktiv gestalten: Neue Zugänge zu den politischen Institutionen

Die Arbeit am Text 1.3 - "Formen einer digital vernetzten Demokratie" - begann mit einer grundsätzlichen Diskussion um Wissenschaftlichkeit und Verständlichkeit des Textes. Im Entwurf war von der "Gestaltung des gemeinsamen Diskursraumes durch deliberative Normen" die Rede. Weiter wurde ausgeführt: "Eine Nutzung des kollaborativen und partizipativen Potentials der digital vernetzten Gesellschaft bedarf der aktiven Gestaltung neuer deliberativer Zugänge zu den politischen Institutionen." Dies sei nicht ohne Weiteres verständlich, argumentierten mehrere Projektgruppenmitglieder. Zudem gingen viele Aussagen eher in die Richtung einer Handlungsempfehlung als einer Zustandsbeschreibung. Die Verfasser des Entwurfs wollen den Text nun noch einmal bearbeiten, um ihn verständlicher zu machen. Sie betonten jedoch, dass der Grundgedanke wichtig sei. In dem Text gehe es darum, einen möglichen Prozess zu schildern. Ein deliberativer Zugang zur Projektgruppe Demokratie und Staat, so ein Mitglied, ermögliche etwa ein Livestream aus den Sitzungen. Dieser ist bisher allerdings leider nicht realisiert worden.

Beteiligungspotenziale in der Projektgruppe

Schnell rückte die Arbeit der Projektgruppe selbst in den Mittelpunkt der darauf folgenden Diskussion. Ein Mitglied stellte in Frage, dass ein Stream die Beteiligung in die Höhe schnellen lassen würde, schließlich sei auch auf enquetebeteiligung.de wenig los. Echte Mitarbeit sei schwierig für die Außenwelt, hielt dem ein anderes Mitglied entgegen, wenn man die Diskussion nicht mitverfolgen könne. "Dass man sich informieren kann, heißt nicht, dass man sich auch informiert", sagte darauf ein weiteres Mitglied – selbst frühzeitige Beteiligung würde da nicht unbedingt etwas nützen. Ein Projektgruppenmitglied machte deutlich, dass auch dieses Thema deutliche Schnittstellen mit der Projektgruppe Medien, Kultur, Öffentlichkeit aufweise. Die Mitglieder verständigten sich schließlich darauf, in der nächsten Sitzung Zeit für eine Diskussion zum Thema Onlinepartizipation und Beteiligungspotenziale zu reservieren. Drei Projektgruppenmitglieder wollen einleitend kurze Impulseferate vorbereiten. Das anschließende Diskussionsfenster soll der Projektgruppe ermöglichen, das besonders für diese Projektgruppe wichtige Thema abseits der reinen Textarbeit zu diskutieren.

Recht auf anonyme Kommunikation?

In der ersten Diskussion zum Entwurf für das Kapitel 1.5, "Rechtliche Grundlagen einer digital vernetzten Demokratie", kam die Frage auf, ob und unter welchen Umständen ein Empfänger anonyme Kommunikation zulassen müsse. Damit verbunden sei die Frage nach "Entnetzung" - also die Möglichkeit der Nutzung von Teilnetzen, in denen das Recht auf anonyme Kommunikation nicht gelte. Hintergrund sei der Wunsch von Unternehmen, nicht anonym zu kommunizieren. Die Frage sei hier, so ein Projektgruppenmitglied, wer der Rezipient ist und ob es sich hier um einen staatlichen Regulierungsbereich handele. Vor allem mit Blick auf Monopole sei die Frage interessant, sagte ein anderes Mitglied. Die Projektgruppe will sich zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal der Frage näher widmen, ob und unter welchen Voraussetzungen zum Beispiel eine Behörde Kommunikation ignorieren könne, die anonym an sie gerichtet wurde.

Die Projektgruppe trifft sich das nächste Mal am 28. November 2011.




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Ausdruck aus dem Internet-Angebot des Deutschen Bundestages

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Stand: 07.11.2011