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Der Entwurf der Koalition zu einem Präventionsgesetz stößt auf massive Kritik der Opposition: Was Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) als "Verbesserung der Versorgung der Versicherten in Deutschland" hält, lehnen SPD, Linke und Bündnis 90/Die Grünen als völlig verfehlt und Wahlkampfmanöver ab. Dies wurde in der Debatte zu zwei schwarz-gelben Gesetzentwürfen (17/13080, 17/13081) am Freitag, 19. April 2013, deutlich.
Bahr betonte, Solidarität und Eigenverantwortung gehörten "untrennbar zusammen" – die Solidargemeinschaft teile große Risiken, wolle sich aber auch darauf verlassen, dass die Versicherten sich in Eigenverantwortung um ihre Gesundheit kümmerten. Dazu gehöre es, durch gesunde Ernährung und Bewegung bestimmte Krankheitsrisiken zu minimieren. Bahr betonte, in dem geplanten Gesetz würden die Krankenkassen dazu verpflichtet, ihre Ausgaben für die betriebliche Gesundheitsförderungen ebenso wie die Ausgaben für Lebensweltprogramme zu verdreifachen.
Insbesondere kleine und mittlere Betriebe hätten im Bereich der Prävention Nachholbedarf. Bahr forderte die Opposition auf, den Gesetzentwurf zu unterstützen, weil sie zugeben müsste, dass die Maßnahmen richtig seien, auch wenn man darüber streiten könne, wo noch mehr getan werden müsse. Für den zweiten Gesetzentwurf zur Finanzierung des Apothekennotdienstes warb Bahr damit, dies sei eine "Anerkennung der Gemeinwohlpflichten der Apotheker".
Für die Union betonte der CSU-Gesundheitspolitiker Johannes Singhammer, man wolle niemanden gängeln, denn die Entscheidung für den Lebensstil sei die Sache eines jeden Einzelnen. Dennoch solle man für eine gesunde Lebensführung werben und Anreize setzen. Es sei gut, dass es 200 Millionen Euro zusätzlich für die "Zukunft der jungen Menschen" geben solle.
Eine ständige Präventionskonferenz sei nötig, weil der Bund nicht die Kompetenzen habe, alle nötigen Maßnahmen zu bündeln. Der geplante pauschale Zuschuss für Apothekennotdienste trage dazu bei, dass die Gesundheitsversorgung in städtischen Ballungsräumen und ländlichen Regionen gleichwertig sei.
Für die FDP sagte Dr. Erwin Lotter, für die Opposition sei das Präventionsgesetz, das sie selbst seit Jahren fordere, "die Stunde der Wahrheit". Man höre nur "zu wenig, zu spät, zu bürokratisch".
Die Drohung der Opposition, das Gesetz im Bundesrat scheitern zu lassen, "wäre ein Affront" gegen zahlreiche Institutionen und Verbände und "gegen die Menschen", die sich darum bemüht hätte und denen es die Politik schulde, tätig zu werden.
Der SPD-Gesundheitsexperte Prof. Dr. Karl Lauterbach warf Schwarz-Gelb dagegen eine "überflüssige Wahlkampfverbeugung für die Apotheker" vor. Mit der Bereitstellung von 100 Millionen Euro für etwa 10.000 Landapotheker und der Gewährung von 180 Millionen für Prävention für 70 Millionen Versicherte zeige sich, dass es sich hierbei um Wahlkampfaktionen handele. Die Mittel für Prävention entsprächen 12 Cent pro Monat pro Versichertem, damit könne kein Einfluss auf den Gesundheitszustand in der Bevölkerung ausgeübt werden.
Besser als die Einrichtung einer neuen bürokratischen Gruppe in Form der geplanten Präventionskonferenz wäre es, sich auf regionale, konkrete und unbürokratische Gesundheitsförderung zu konzentrieren. Der Gesetzentwurf, so Lauterbach, "scheitert auf ganzer Ebene", weil er einkommensschwache und benachteiligte Menschen nicht in den Blick nehme. Zudem gebe es keine einzige Studie zur Gesundheitsförderung - der Minister befinde sich "im Blindflug" und wisse überhaupt nicht, was getan werden müsse.
Auch Dr. Martina Bunge (Die Linke) stellte fest, das einzig Gute am Gesetzentwurf zur Prävention sei der Name, die Substanz hingegen sei "mies". Mit den Vokabeln der modernen Forschung zur Gesundheitsförderung verberge die Koalition "veraltete und verstaubte Ansätze".
Die Lebenserwartung von Menschen mit niedrigem Sozialstatus entspreche in Deutschland der in Entwicklungsländern. Dies könne nicht hingenommen werden – die Koalition aber tue "nichts dagegen".
Die Sprecherin für Prävention und Prävention der bündnisgrünen Fraktion, Maria Klein-Schmeink, nannte den Entwurf ein "Armutszeugnis". Sie frage sich, ob der Minister "eine Ahnung" von der kommunalen Selbstverwaltung und dem Funktionieren der Zivilgesellschaft habe. Es sei nicht sinnvoll, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zum Dienstleister zu machen und ihr mehr als die Hälfte der Mittel zuzuweisen. Vielmehr gehe es darum, vor Ort in den Kitas, Schulen und sozialen Brennpunkten Projekte zu fahren.
Ihre Fraktionskollegin Birgitt Bender kritisierte, mit dem "Apothekennotdienstsicherstellungsgesetz" ändere sich an den Belastungen der Apothekern und den Wegen der Patienten nichts. Man müsse vielmehr an die Strukturen gehen: den Zuschnitt der Notdienstbezirke und eine bessere Abstimmung von ärztlicher Notversorgung und Apothekennotdienst. (suk/19.04.2013)