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Obwohl Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel am 17. Juni mitgeteilt hat, dass sich die EU-Staaten darauf geeinigt haben, international für eine Finanztransaktionsteuer zu werben, haben die Koalitionsfraktionen am Freitag, 18. Juni 2010, die Anträge der Opposition für eine solche Steuer abgelehnt. Diese seien inhaltlich mangelhaft und populistisch.
SPD, Grüne und Linksfraktion hatten in ihren Anträgen (17/527, 17/518, 17/1422) die Regierung aufgefordert, sich auf internationaler und europäischer Ebene für die Einführung einer Finanztransaktionsteuer in Höhe von 0,01 bis 0,05 Prozent des Transaktionswertes einzusetzen.
Berechnungen hätten ergeben, dass dem deutschen Staatshaushalt Mehreinnahmen von 10 bis 20 Milliarden Euro jährlich erwachsen könnten. Alle drei Anträge wurden mit den Stimmen der Koalition abgelehnt.
Die Fraktion Die Linke hatte zusätzlich in einem Antrag (17/471) eine Sonderabgabe der Banken gefordert, die direkt oder indirekt von den Staatshilfen profitiert haben. Auch dieser Antrag wurde mit den Stimmen Union und FDP bei Enthaltung der SPD und Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt. Die Abgeordneten folgten damit einer Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (17/2187).
Union und FDP sind zwar der Ansicht, dass die Verursacher der Finanzkrise zur Verantwortung gezogen werden sollen, werfen den Oppositionsfraktionen aber vor, nationale Alleingänge zu fordern. So sagte CSU-Finanzexperte Hans Michelbach, in der Finanzkrise sei sichtbar geworden, dass auf den Finanzmärkten in der Vergangenheit "fahrlässig“ gehandelt worden sei.
Der Ruf nach einer Beteiligung der Finanzakteure an den Kosten zur Bewältigung der Krise sei zwar zu Recht laut geworden, man müsse dabei aber auch die Stabilität des Finanzmarktes im Auge behalten. Bei allen Regelungen müsse man "Maß, Ziel und Lenkungswirkung“ beachten, deshalb wolle die Koalition "nicht gleich ein Großmodell mit zweistelligen Milliardensummen“, wie es der Opposition vorschwebe, sondern zunächst eine "vorsichtige Lösung“. Eine solche sei im Staatshaushalt für 2012 mit jährlichen Einnahmen von zwei Milliarden Euro vorgesehen.
Sein Fraktionskollege Frank Steffel betonte, die Einigung der EU-Staaten in Brüssel sei "eine erfreuliche Entwicklung“, die jedoch die Anträge der Opposition, die zum Teil schon im Januar vorgelegt worden seien, obsolet gemacht habe. Deshalb sei es am vernünftigsten, die Fraktionen würden diese Anträge zurückziehen.
Deutlicher skeptischer gegenüber einer Finanztransaktionsteuer äußerten sich die Redner der FDP. So sagte Björn Sänger, in der Frage einer risikoadjustierten Bankenabgabe habe die Koalition ein Eckpunktepapier vorgelegt. Von einer Finanztransaktionsteuer aber würden nicht nur die Spekulanten, sondern auch "die Riester-Sparer“ getroffen, dies wolle die FDP nicht.
Zudem sei eine solche Steuer auch nach Ansicht des Internationalen Währungsfonds "eher schädlich“ und entfalte nicht die gewünschte Steuerungswirkung. Sein Fraktionskollege Dr. Volker Wissing warf der Opposition vor, einen "nationalstaatlichen Aktionismus“ zu fordern; so sei erfolgreiche Finanzmarktpolitik nicht möglich. Zudem sei das von der Opposition genannte hohe Aufkommen, das die Steuer erbringe, eine "Milchmädchenrechnung“.
Die Sprecher der Opposition forderten die Koalition auf, die Vorreiterrolle, die Deutschland auf europäischer Ebene gemeinsam mit Frankreich eingenommen habe, durch einen Bundestagsbeschluss weiter positiv zu unterstützen. Der sozialdemokratische Finanzexperte Dr. Carsten Sieling sagte, die SPD sei bereit, ein "deutliches Zeichen“ für die Unterstützung der Kanzlerin abzugeben.
Er betonte, eine Finanztransaktionsteuer mit dem vorgeschlagenen niedrigen Satz werde kurzfristige schädliche Spekulationen "einschränken und verhindern“ und hätte einen wesentlich größeren Effekt, als von Union und FDP ausgeführt. Dass es dabei eine übermäßige Belastung der "kleinen Sparer“ geben würde, sei "ein Märchen“.
Für Die Linke führte Dr. Axel Troost aus, eine Finanztransaktionssteuer von 0,01 Prozent würde den Handel mit börsengebundenen Aktien um drei bis acht Prozent verringern und den mit Derivaten um 10 bis 40 Prozent, die außerbörslichen Geschäfte würden um 50 bis 70 Prozent zurückgehen.
Dennoch würden dadurch Mehreinnahmen von bis zu 27 Milliarden Euro jährlich entstehen. Troost rief die Union auf, einen Vorratsbeschluss für eine Finanztransaktionsteuer vorzulegen, dem dann eine breite Mehrheit zustimmen werde. Allein mit der FDP sei dies nicht zu machen.
Dieser Forderung schloss sich der bündnisgrüne Finanzexperte Dr. Gerhard Schick an. Er warf der FDP vor, mit falschen Zahlen zu arbeiten und den Finanzminister, der die Forderung der EU beim Gipfeltreffen der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) in Toronto vertreten müsse, allein zu lassen.