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67 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz hat am Freitag, 27. Januar 2012, das Internationale Auschwitz-Komitee in Person des Vizepräsidenten Christoph Heubner die „Gabe der Erinnerung“ an Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert überreicht. Die Skulptur stellt ein auf dem Kopf stehendes B dar. Erinnert werden soll damit an das Schild mit der Aufschrift "Arbeit macht frei". Wie Heubner sagte, hätten die KZ-Insassen, die zur Herstellung des Schildes gezwungen wurden, mit dieser bewussten Verdrehung des Buchstabens zeigen wollen: „Wir sind da, es gibt uns, wir leben.“ Die nun überreichte Skulptur, so Heubner weiter, gehe auf eine Idee der Französin Michèle Déodat zurück und sei von Auszubildenden der Volkswagen AG in Hannover, die sich schon lange für die Erhaltung der Gedenkstätte Auschwitz einsetzen, gefertigt worden.
„Wir übergeben es Ihnen als Dank für Ihr kontinuierliches Engagement gegen den Rechtsextremismus und ihre lautstark zu vernehmende Stimme, wenn es um die Gestaltung des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus geht“, sagte Christoph Heubner.
Dem Dank an Lammert schloss sich auch die Zeitzeugin und langjährige Vorsitzenden des Bundes der Verfolgten des Naziregimes (BVN), Dr. Waltraud Rehfeld, an. Es sei wichtig, immer wieder davor zu warnen, was passieren kann, wenn die Demokratie nicht verteidigt wird, sagte die 86-Jährige.
Die Demokratie werde nicht nur durch Extremismus bedroht, sagte anschließend Bundestagspräsident Lammert. „Sie wird von Gleichgültigkeit bedroht“, machte er deutlich. Eine Demokratie brauche das Engagement von Demokraten, um stabil zu bleiben.
Er sei immer wieder beeindruckt, dass sich so viele junge Leute des Themas annehmen. Daher habe er auch keine Sorge, dass die Erinnerung gemeinsam mit den Zeitzeugen aussterben könnte. „Die Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus gehört zum genetischen Code dieses Landes“, sagte Lammert.
Im Abschluss an die Übergabe der Skulptur stellte sich der Bundestagspräsident gemeinsam mit der ehemaligen Vorsitzendes des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, den Fragen der Teilnehmer der Jugendbegegnung, die der Bundestag traditionell anlässlich des Gedenktages einlädt.
Auch vor den Jugendlichen lobte Lammert die Erinnerungskultur in Deutschland. Es gebe kein anderes Land, das ein so lebendiges, organisiertes und auf Dauer gefestigtes Verhältnis zu seiner eigenen Geschichte habe. Auf die Frage, warum nicht – wie in Israel üblich – eine landesweite Gedenkminute eingeführt wird, sagte Charlotte Knobloch, man dürfe die Menschen mit dem Gedenken auch nicht überfordern.
Zwar sei es in der Tat sehr beeindruckend, wenn in Israel für eine Minute das Leben stillsteht. Man dürfe jedoch nicht vergessen: „In Israel sind irgendwie alle Zeitzeugen, und wenn sie auch nur Nachfahren von Zeitzeugen sind.“
Angesprochen auf den Anteil von 20 Prozent der deutschen Bevölkerung, der laut einer Studie antisemitische Tendenzen zeigt, machte der Bundestagspräsident deutlich, dass dies „genau 20 Prozent zu viel sind“. Derartige Einstellungen ließen sich aber nicht „auf dem Beschlusswege außer Kraft setzen“. Vielmehr sei es eine „Gratwanderung“.
Eine zu starke Konfrontation mit diesem kurzen Kapitel deutscher Geschichte führe auch zu ablehnenden Reaktionen. Dieser Effekt sei nicht zu unterschätzen, da man ja Einstellungen, die man für unakzeptabel hält, „nicht kultivieren, sondern beseitigen will“, betonte Lammert und räumte ein: „Eine schlüssige Antwort habe ich darauf nicht.“
Mit Blick auf die Neonazi-Morde übte Charlotte Knobloch Kritik an der „Regierung und den Verantwortlichen“, die die Warnzeichen der letzten Jahre in Sachen Rechtsextremismus und Antisemitismus nicht beachtet hätten. Sie selber habe lange gewarnt, aber immer den Eindruck gehabt, sie "renne an eine Wand“.
Nun sei auch das Bild Deutschlands im Ausland gestört, „da man jahrelang ein Thema ignoriert hat, was auf dem Tisch lag“, sagte Knobloch. Diese Entwicklung tue ihr besonders leid, da Deutschland immer bemüht gewesen sei, sich seiner Vergangenheit zu stellen.
Den Jugendlichen machte Charlotte Knobloch Mut, auch weiterhin die Erinnerung wach zu halten. „Erinnerungskultur hat nur Zukunft, wenn die Jungen den Stab aufnehmen und weitergeben“, sagte sie und hatte gleich noch einen weiteren Tipp parat: „Ich rate jedem Einzelnen von Ihnen: Engagieren Sie sich parteipolitisch.“ Es gebe genug demokratische Parteien, in denen man etwas bewegen könne, sagte Knobloch. (hau)
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