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Die 15. Bundesversammlung hat am Sonntag, dem 18. März 2012, im Berliner Reichstagsgebäude Joachim Gauck zum Nachfolger des am 17. Februar zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff gewählt. Der evangelische Theologe und ehemalige Beauftragte für die Stasi-Unterlagen erhielt im ersten Wahlgang 991 Stimmen. Er war der gemeinsame Kandidat von Union, FDP, SPD und Grüne. Gauck nahm seine Wahl an und ist damit bereits offiziell als Staatsoberhaupt im Amt. Den Amtseid leistet er am Freitag, dem 23. März 2012 in einer gemeinsamen Sitzung von Bundestag und Bundesrat.
Die von der Linkspartei aufgestellte Gegenkandidatin Beate Klarsfeld bekam 126 Stimmen. Auf den Kandidaten der rechtsextremen NPD, Dr. Olaf Rose, entfielen drei Stimmen. 108 Wahlleute hatten sich enthalten. Vier Stimmen waren ungültig.
Wegen der Bundesversammlung war die Kuppel des Reichstagsgebäudes am Wochenende für Besucher geschlossen. Ein Besuch der Kuppel ist aber am Montag, 19. März, wieder möglich.
Die Bundesversammlung war mit 1.240 Delegierten die größte parlamentarische Versammlung der Bundesrepublik Deutschland. Ihre einzige Aufgabe besteht darin, den Bundespräsidenten zu wählen. Die Versammlung tritt in der Regel nur alle fünf Jahre im Reichstagsgebäude zusammen, es sei denn, die Amtszeit des Bundespräsidenten endet - wie im Fall von Gaucks Vorgänger Christian Wulff - vorzeitig.
Der Bundestagspräsident bestimmt Ort und Zeit der Bundesversammlung. Er ist auch für die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung zuständig. Die Wahl des Bundespräsidenten ist in Artikel 54 des Grundgesetzes geregelt.
Die Bundesversammlung besteht aus allen Bundestagsabgeordneten und der gleichen Anzahl von Mitgliedern, die von den Volksvertretungen der Länder gewählt werden. Danach umfasste die Versammlung in diesem Jahr insgesamt 1.240 Mitglieder. (620 Bundestagsabgeordnete und 620 von den Landesparlamenten bestimmte Mitglieder).
Wie viele Vertreter die einzelnen Länder in die Bundesversammlung entsenden dürfen, errechnet sich anhand ihrer Bevölkerungszahlen. Die Ländervertreter müssen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl in den in den jeweiligen Volksvertretungen gewählt sein. Bei ihnen handelt es sich meistens um Landtagsabgeordnete, es können aber auch Kommunalpolitiker und Persönlichkeiten aus anderen Bereichen des öffentlichen Lebens ein Mandat erhalten.
Die Wahl des Bundespräsidenten findet geheim und ohne vorherige Aussprache statt. Theoretisch ist jeder beziehungsweise jede Deutsche wählbar, sofern er oder sie das 40. Lebensjahr vollendet hat. Vorschläge für Kandidatinnen und Kandidaten können von jedem Mitglied der Bundesversammlung unterbreitet werden.
Erreicht keiner der Kandidaten im ersten und zweiten Wahlgang die absolute Mehrheit, also mehr als die Hälfte der Stimmen, kommt es zu einem dritten Wahlgang. Hier genügt eine relative Mehrheit: Es gewinnt, wer die meisten Stimmen erhält. Für den zweiten oder dritten Wahlgang können auch neue Wahlvorschläge unterbreitet werden.
Der Bundestagspräsident gibt das Ergebnis der Stimmenauszählung bekannt und fragt die gewählte Person, ob sie die Wahl annimmt. Nach einer kurzen Ansprache der oder des Gewählten erklärt der Bundestagspräsident die Bundesversammlung für beendet. Ihre Aufgabe ist erfüllt. Der zukünftige Bundespräsident tritt sein Amt an, sobald die Amtszeit des Vorgängers abgelaufen ist. Im Falle eines vorzeitigen Rücktritts eines Bundespräsidenten tritt der Nachfolger das Amt an, sobald er die Annahme der Wahl erklärt hat. Dies kann bereits, wie im Falle Gaucks, in der Bundesversammlung selbst geschehen.
Ein neu gewählter Bundespräsident leistet bei Amtsantritt folgenden Eid: "Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe." Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung geleistet werden. (vom/ah)