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Eduard Oswald, Norbert Lammert, Ernst Hinsken, Hermann-Josef Unland, Friedhelm Ost, Lothar Haase (sitzend), Martin Dörmann, Andrea Wicklein (verdeckt), Heinz Riesenhuber (von links) © DBT/Melde
„Solche Ahnengalerien geben dem Bundestag Gesichter": Mit diesen Worten hat Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert am Montag, 19. März 2012, die Präsentation von Porträtfotos der ehemaligen Vorsitzenden des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie gewürdigt. Die 21 Bilder werden fortan die Wand im Raum 2.600 im Berliner Paul-Löbe-Haus zieren, des Sitzungssaals dieses Gremiums. „Auf diese Weise erweisen wir den früheren Vorsitzenden unsere Reverenz", so Lammert. Er rief bei der Feier dazu auf, die parlamentarischen Traditionen stärker zu fördern: „Da ist noch viel zu tun." Lammert berichtete, dass er einst in den achtziger Jahren als Bundestagsneuling im Wirtschaftsausschuss „politisch laufen gelernt" habe.
Der CSU-Abgeordnete Ernst Hinsken aus Niederbayern, der seit April 2011 an der Spitze dieses Gremiums steht, bezeichnete seine 21 Vorgänger als „prägende Gestalten des Bundestages". Mehrere Vorsitzende hätten vor oder nach der Ausübung dieser Funktion als Minister amtiert, in einem Fall auch als EU-Kommissar. Hinsken hob hervor, dass sich die Politiker an der Spitze des Ausschusses immer um einen Konsens in dieser Runde bemüht hätten.
„Wirtschaft ist nicht alles, aber ohne Wirtschaft ist alles nichts": Derart suchte Hinsken das über Jahrzehnte hinweg zu beobachtende Gewicht des Ausschusses im parlamentarischen Geflecht zu illustrieren. Die Abgeordneten hätten sich stets als „Motor der Wirtschaft" verstanden. Einerseits habe man die Regierung zu kontrollieren, andererseits müsse man als Bindeglied zwischen Politik und Wirtschaft agieren.
Zu der Veranstaltung waren mehrere ehemalige Vorsitzende erschienen, so Prof. Dr. Heinz Riesenhuber, heute der älteste aktive Bundestagsabgeordnete (Ausschussvorsitzender 2001/2002), Friedhelm Ost (Ausschussvorsitzender 1990 bis 1998), Lothar Haase (Ausschussvorsitzender 1982/1983), Dr. Hermann Josef Unland (Ausschussvorsitzender 1983 bis 1990) und Eduard Oswald, aktuell Vizepräsident des Bundestages (Ausschussvorsitzender 2009 bis 2011).
Politisch demonstriert die Ahnengalerie, dass die Spitze des Wirtschaftsausschusses seit jeher eine konservativ-liberale Domäne ist. Die Union stellte vor Hinsken 14 Vorsitzende, die FDP zwischen 1961 und 1972 deren fünf. SPD-Politiker rückten nur zwei Mal in diese Position vor, unter ihnen von 2005 bis 2009 Edelgard Bulmahn, die zu rot-grünen Koalitionszeiten Bildungsministerin war. Linksfraktion und Grüne gingen bislang gänzlich leer aus.
Zu den illustren Persönlichkeiten an der Spitze des Gremiums dürfte ohne Zweifel Dr. Rainer Barzel zählen, dem dieses Amt von 1976 bis 1979 übertragen war: 1972 scheiterte das Misstrauensvotum des damaligen Oppositionsführers gegen Willy Brandt, später verlor der CDU-Abgeordnete in jenem Jahr auch die Bundestagswahl gegen den SPD-Kanzler.
Als Wirtschaftsminister in Erinnerung geblieben ist etwa der damalige CDU-Abgeordnete Kurt Schmücker, der den Ausschussvorsitz von 1959 bis 1961 innehatte. Der Liberale Gerhard Kienbaum (Ausschussvorsitzender von 1969 bis 1972) war Wirtschaftsminister in Nordrhein-Westfalen.
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf, damals CDU-Abgeordneter und zwischen 1979 und 1980 nur ein Jahr Ausschussvorsitzender, wurde nach der Wiedervereinigung Regierungschef in Sachsen. Ein anderes Beispiel: Der Christsoziale Dr. Werner Dollinger (1980 bis 1982 Ausschussvorsitzender) stand danach an der Spitze des Verkehrs- und Postressorts.
Der frühere CDU-Abgeordnete Matthias Wissmann (Ausschussvorsitzender von 1998 bis 2001) war in den neunziger Jahren Verkehrsminister, sein Fraktionskollege Heinz Riesenhuber leitete in jener Zeit das Forschungsressort der Bundesregierung. Der Christdemokrat Dr. Karl-Heinz Narjes (von 1972 bis 1976 Ausschussvorsitzender) machte später in Brüssel als EU-Kommissar Politik.
Gegenwärtig zählt der Wirtschaftsausschuss 37 Mitglieder. Stellvertreter des Vorsitzenden Hinsken ist Martin Dörmann (SPD). Die Union stellt 14 Abgeordnete, die SPD neun, die FDP sechs und Die Linke vier Parlamentarier. Ebenfalls vier Volksvertreter entsenden die Grünen.
Das Gremium hat einen Unterausschuss „Regionale Wirtschaftspolitik" eingerichtet, der vom CSU-Abgeordneten Stephan Mayer geleitet wird, seine Stellvertreterin ist die Sozialdemokratin Andrea Wicklein. In dieser Runde sitzen vier Parlamentarier der Union, die SPD schickt zwei Abgeordnete. FDP, Linke und Grüne sind durch jeweils ein Mitglied vertreten.
Der Wirtschaftsausschuss sieht in der Stärkung des Standorts Deutschland einen Kernauftrag seiner Arbeit.
In einer schriftlichen Präsentation des Gremiums definiert Hinsken diese Aufgabe so: „Vorrangiges Ziel ist es, vernünftige Rahmen- und Wettbewerbsbedingungen für die Wirtschaft zu schaffen, damit Deutschland ein erfolgreiches Industrieland mit starkem Mittelstand und niedriger Arbeitslosigkeit bleibt und durch Innovationen und Zukunftsinvestitionen auf dem Weltmarkt seine Stellung halten und ausbauen kann." (kos)