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Das Für und Wider geringfügiger Beschäftigung hat am Montag, 22. Oktober 2012, Experten und Abgeordnete in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung unter Vorsitz von Sabine Zimmermann (Die Linke) beschäftigt. Nach dem Willen der Bundesregierung sollen Mini- und Midijobber mehr Geld verdienen können. Die Verdienstgrenzen für geringfügig Beschäftigte, die sogenannten Minijobber, und Beschäftigte in der Gleitzone, die sogenannten Midijobber, sollen erhöht werden. Deshalb haben die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP einen Gesetzentwurf zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung (17/10773) in den Bundestag eingebracht. Während die Entgeltgrenze für Minijobber von 400 Euro auf 450 Euro angehoben werden soll, soll sie für Midijobber entsprechend auf 850 Euro erhöht werden.
Die zwölf Sachverständigen nahmen in der Anhörung nicht nur zu der Regierungsinitiative, sondern auch zu einem Antrag der Linksfraktion (17/7386) Stellung. Die Linke will, dass abhängige Beschäftigung ab dem ersten Euro sozialversicherungspflichtig ist und ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn eingeführt wird. Öffentliche, vor allem soziale Dienstleistungen sollten ausgebaut werden, um neue, regulär sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen.
Heribert Jöris, Geschäftsführer beim Handelsverband Deutschland, sprach sich eindeutig für die geringfügige Beschäftigung aus. Sie sei ein "guter Einstieg in den Job" und habe durchaus einen sogenannten Klebeeffekt: Viele würden dank Minijob "im ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen". Sogar die Hälfte von ihnen würde anschließend direkt eine sozialversicherungspflichtige Voll- oder Teilzeitbeschäftigung finden. Die andere Hälfte wolle teils sogar im Minijob bleiben, sagte Jöris, etwa aus familiären Gründen.
Anschließend äußerte sich Holger Meinken von der Bundesagentur für Arbeit zur Struktur der Minijobber: etwa 42 Prozent seien Hausfrauen und -männer; zehn Prozent seien Arbeitslose, die übrigen seien Rentner, Schüler und Studenten".
"Die Regelung ist zu kritisieren", bemängelte der Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Gerhard Bäcker den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen. Er sah "dringenden Reformbedarf" und forderte höhere Löhne. Denn solange die sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Sonderregelungen andauern, werde ein "sehr großer Teil des Beschäftigungsvolumens und der Beschäftigten auf Arbeitsverhältnisse im unteren Stunden- und Einkommenssektor abgedrängt beziehungsweise festgehalten".
Ähnlich argumentierte der Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Johannes Jakob. Er sprach von einem Zwei-Klassen-Arbeitsmarkt. Die "Ausweitung der Geringfügigkeitsgrenze verdrängt Arbeit mit sozialer Sicherung", erklärte Jakob. Antrag und Gesetzentwurf werden am 25. Oktober im Bundestagsplenum debattiert und abschließend in zweiter und dritter Lesung beraten. (ver/22.10.2012)
Johannes Jakob, Deutscher Gewerkschaftsbund
Heribert Jöris, Handelsverband Deutschland
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
Prof. Dr. Jochen Kluve
Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.
Holger Meinken, Bundesagentur für Arbeit
Deutsche Rentenversicherung Bund
Iris Santoro
Deutsche Rentenversicherung, Knappschaft Bahn-See, Minijob-Zentrale
Dr. Claudia Weinkopf
Prof. Dr. Gerhard Bäcker
Dr. Christina Klenner