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Bundeswirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler (FDP) hat dazu aufgerufen, alles zu tun, um bis 2022 endgültig aus der Atomkraft auszusteigen. In einer Regierungserklärung im Bundestag zur Energieinfrastruktur anlässlich der ersten Lesung eines Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum beschleunigten Ausbau des Stromnetzes (17/12638) sagte Rösler am Donnerstag, 14. März 2013, es sei besonders wichtig, die Bauzeiten für Stromleitungen von zehn auf vier Jahre zu verkürzen.
Der Netzentwicklungsplan sehe vor, 2.900 Kilometer Leitungen zu erneuern und 2.800 Kilometer Leitungen neu zu bauen. Dafür brauche man aber die "Akzeptanz der Bevölkerung", sagte Rösler weiter. Man spreche mit den Menschen, um die Dinge umzusetzen: "So sieht Bürgerbeteiligung aus." Ein Erfolg werde aber nur möglich sein, wenn der Bund, die 16 Bundesländer und Europa zusammenstünden.
Außerdem brauche man "intelligente Netze", um Stromerzeugung und Stromverbrauch zusammenzubringen. Rösler wies darauf hin, dass man nicht auf Kohlekraftwerke verzichten könne. Wer das fordere, sei unehrlich, "denn irgendwoher muss der Strom für die Menschen und Unternehmen kommen". Rösler versicherte, die Koalition halte sich an die drei energiepolitischen Grundsätze: Umweltverträglichkeit, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit.
Dagegen griff der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel die Regierung und Rösler scharf an: Gerade einmal 214 von 1.834 Kilometern Stromleitungen seien bisher realisiert worden. Und auch keines der benannten Pilotvorhaben für die Erdverkabelung in der Gleichstromtechnik sei in dieser Legislaturperiode umgesetzt worden. "Der verantwortliche Minister sind Sie", rief Gabriel Rösler zu und warf ihm vor zu verdrängen, "was Sie angerichtet haben".
Wenn das Ausbautempo so bleibe, werde der Bau von 2.800 Kilometern erst im Jahre 2060 und nicht wie geplant 2020 fertig. Bei dem Schneckentempo drohe die Energiewende wirklich ein Jahrhundertprojekt zu werden, warnte Gabriel.
Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) warf Gabriel und der SPD vor, Maßnahmen zur Energieeffizienz im Bundesrat zu blockieren. Das Verhalten der SPD sei scheinheilig, weil sie Ausbauvorhaben und auch den Bau eines großen Pumpspeicherkraftwerks in Baden-Württemberg blockiere. Fuchs wies auch auf die Notwendigkeit eines Kraftwerksparks hin.
Dr. Dietmar Bartsch (Die Linke) sagte, im Kern handele es sich um einen Gesetzentwurf, "der die Profite der Energiemonopolisten weiter absichern will". Versorgungssicherheit übersetze Schwarz-Gelb mit Profitsicherheit. Wer die Energiewende wolle, brauche auch einen Plan dafür, und den habe die Koalition nicht. Die Energiewende sei bei dieser Koalition in schlechten Händen. Dem widersprach Klaus Breil (FDP) ausdrücklich: "Die Energiewende ist bei der christlich-liberalen Koalition in guten Händen."
Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen) richtete scharfe Angriffe gegen die Koalition: "Schwarz-Gelb vergeigt die Energiewende. Schwarz-Gelb gefährdet Arbeitsplätze in diesem Land." Rösler habe mit seiner Rede gezeigt, dass er es nicht könne. Der Minister habe angekündigt zu liefern. Aber von 2.800 Kilometern Stromleitung habe er nicht einmal 300 Kilometer geschafft. Das sei ein "dramatisches Debakel".
Der Bundestag überwies den Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an die Ausschüsse. Ziel des Entwurfs ist, den im Norden Deutschlands erzeugten Strom aus Windenergieanlagen und neuen konventionellen Kraftwerken besser zu den Verbrauchsschwerpunkten im Süden und Westen Deutschlands zu leiten. In dem Gesetzentwurf wird für insgesamt 36 Planungen für den Bau von Höchstspannungsleitungen die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf festgestellt.
"Um das Verfahren zur Realisierung der Vorhaben zu beschleunigen, wird weiterhin eine Rechtswegverkürzung herbeigeführt", schreibt die Regierung. Künftig gibt es mit dem Bundesverwaltungsgericht nur noch eine Instanz für Rechtsstreitigkeiten mit Bezug auf Vorhaben des Bundesbedarfsplans." Für die Realisierung der in den Bundesbedarfsplan aufgenommenen Vorhaben würden Kosten in Höhe von schätzungsweise zehn Milliarden Euro entstehen, schreibt die Bundesregierung. Dabei seien Mehrkosten für Erdkabel noch nicht berücksichtigt.
Bündnis 90/Die Grünen fordern in einem ebenfalls an die Ausschüsse überwiesenen Antrag (17/12518) die Gründung einer "Deutschen Netzgesellschaft". Die Bundesregierung komme ihren Aufgaben nicht nach, kritisiert die Fraktion in dem Antrag. So seien von den 2007 projektierten 1.834 Kilometer Neubautrassen bisher nur 260 Kilometer realisiert worden. Die Bürger sollen sich finanziell am Bau neuer Stromleitungen beteiligen können. Dazu solle ein Anleihen-Modell mit festen Zinssätzen entwickelt werden, fordert die Fraktion.
Auch die SPD will den Netzausbau bürgerfreundlich und zukunftssicher gestalten. In zwei an die Ausschüsse überwiesenen Anträgen (17/12214, 17/12681) wird die Bundesregierung aufgefordert, auf eine Zusammenfassung der vier großen Netzbetreiber in eine Deutsche Netz AG hinzuwirken. Bei dieser Aktiengesellschaft solle der Bund mitfinanzieren und mitgestalten, um für den Investitionsbedarf von 30 Milliarden Euro bis 2030 eine geplante Steuerung, Partizipation und solidarische Finanzierung sicherzustellen.
Für den Netzausbau solle zunächst auf vorhandene Trassen zurückgegriffen werden. Die Option der Erdverkabelung solle bei allen Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Leitungen (HGÜ) vorgesehen werden. (hle/14.03.2013)