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Der Bundestag muss am Donnerstag, 18. April 2013, in namentlicher Abstimmung über die Zustimmung zu Finanzhilfen für Zypern entscheiden. Dazu hat das Bundesfinanzministerium einen Antrag (17/13060) vorgelegt, der im Anschluss an eine um 9 Uhr beginnende 20-minütige Regierungserklärung von Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU) eineinhalb Stunden lang beraten wird. Der Antrag bezieht sich darauf, dass Zypern eine Stabilitätshilfe nach dem Vertrag über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) gewährt und eine Vereinbarung dazu getroffen wird, dass die Haftung Zyperns nach dem Rahmenvertrag über die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) verändert wird und sich dadurch die Haftung Deutschlands im EFSF von 29,07 auf 29,13 Prozent erhöht. Außerdem soll die maximale durchschnittliche Laufzeit der EFSF-Darlehen an Irland und Portugal um sieben Jahre verlängert werden. Da strittig ist, ob überhaupt abgestimmt oder der Antrag stattdessen zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen wird, muss der Bundestag zunächst diese Frage entscheiden.
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Stimmt der Bundestag dem Antrag des Finanzministers zu, so könnte der Vertreter der Bundesregierung im Gouverneursrat des ESM dem Antrag Zyperns auf Finanzhilfe sowie dem Abschluss einer Erklärung über Programmkonditionen und einer Vereinbarung über die Finanzhilfefazilität zwischen Zypern und dem ESM zustimmen. Die Entscheidung im Gouverneursrat soll am Mittwoch, 24. April, getroffen werden.
Insgesamt sind sieben Abstimmungen vorgesehen, davon vier namentliche. Namentlich abgestimmt wird über die Finanzhilfe von bis zu neun Milliarden Euro aus dem ESM, über die Vereinbarung nach dem ESM-Vertrag dazu, sowie jeweils büer die Laufzeitverlängerung der EFSF-Darlehen für Irland und Portugal. Einfach abgestimmt wird über die Änderung bei der Haftungsregelung im EFSF sowie über Entschließungsanträge der Linksfraktion und von Bündnis 90/Die Grünen. Die Linke will unter anderem die privaten europäischen Banken von Grund auf sanieren, vergesellschaften und demokratischer Kontrolle unterwerfen, die Grünen den Druck auf Geldwäsche- und Steueroasen erhöen, zu denen auch Zypern gehöre.
Zypern hatte am 25. Juni 2012 bei der EFSF Finanzhihlfe beantragt. Daraufhin habe die sogenannte Troika – die Europgruppe der Europäischen Kommission, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds – die Bedeutung Zyperns für die Finanzstabilität des Euroraums und Zyperns sowie die finanzielle und wirtschaftliche Lage im Land und vor allem den Finanzbedarf für ein mögliches Anpassungsprogramm untersucht. Die Troika habe im November 2012 noch nicht bestätigen können, dass bei einem Hilfsprogramm die Tragfähigkeit der Staatsschulden Zyperns gegeben wäre, heißt es im Antrag.
Mit der Frage, wie die Schuldentragfähigkeit bei einem Hilfsprogramm gewährleistet werden könnte, hatte sich die Eurogruppe am 15. und 16. März befasst. Um im Jahr 2020 einen Schuldenstand von fast hundert Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erreichen und den Finanzbedarf auf bis zu zehn Milliarden Euro zu begrenzen, habe sich die Eurogruppe im Einvernehmen mit Zypern politisch auf mögliche Maßnahmen verständigt. Das zyprische Parlament hatte die Eckpunkte der Eurogruppe jedoch abgelehnt, sodass diese am 24. und 25. März erneut über ein Hilfsprogramm beriet.
Die Eurogruppe sei zum Schluss gekommen, dass ein Hilfsprogramm nur in Frage kommt, wenn die griechischen Filialen der größten zyprischen Banken vom griechischen Bankensektor übernommen werden und wenn die Laiki Bank abgewickelt und die Bank of Cyprus ohne Hilfsmittel restrukturiert wird. Dadurch soll der notwendige Rekapitalisierungsbedarf für den Bankensektor gesenkt werden.
Im Einzelnen ist vorgesehen, dass Eigentümer und nachrangige Anleihegläubiger Verluste in vollem Umfang ihrer Anteile tragen. Einlagen der Laiki-Bank über 100.000 Euro, die nicht dem Schutz der Einlagensicherung unterliegen, tragen zur Deckung des Finanzbedarfs der Abwicklung bei. Einlagen unter 100.000 Euro liegen, die von der Einlagensicherung geschützt sind, sollen in die Bank of Cyprus transferiert werden.
Vorgesehen sei generell, das werthaltige zyprische Aktiva der Laiki Bank an die Bank of Cyprus transferiert werden. Die übertragenen Aktiva sollen einen höheren Wert haben als die übertragenene Verbindlichkeiten, sodass hierdurch auch die Laiki-Bank zur Kapitalstärkung der Bank of Cyprus beiträgt.
Von den bisherigen Einlagen der Bank of Cyprus, die nicht der Einlagensicherung unterliegen, werden 37,5 Prozent in Bankanteile umgewandelt. Weitere 22,5 Prozent sind bei Bedarf ebenfalls zur Umwandlung in Anteile vorgesehen. Ziel sei es, eine "harte Kernkapitalquote" der Bank of Cyprus von neun Prozent zu erreichen.
Der Finanzbedarf eines Anpassungsprogramms für Zypern kann laut Troika auf bis zu zehn Milliarden Euro begrenzt werden, von denen bis zu neun Milliarden auf den ESM entfielen und bis zu eine Milliarde Euro auf den Internationalen Währungsfonds. Die Hilfe soll als Darlehen gewährt werden. Im Programm angelegt ist den Angaben zufolge, dass zur Abwicklung der Laiki-Bank und zur Restrukturierung der Bank of Cyprus keine Mittel bereitgestellt werden. Von den Programmmitteln sollen bis zu rund 7,5 Milliarden Euro zur Abdeckung des Bedarfs des Staatshaushalts und rund 2,5 Milliaren Euro zur Abdecklung des Bedarfs zur Rekapitalisierung und Umstrukturierung der übrigen Banken verwendet werden.
Die Berechnungen der Troika zeigen, dass der Schuldenstand bei Umsetzung des Programms und den zugrunde gelegten Annahmen zunächst auf rund 126 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2015 ansteigen würde. Danach könnte er bis 2020 auf rund 105 Prozent sinken. Die Troika hat diese Schuldenstandsentwicklung als tragfähig bewertet, aber auch auf die Gefahr von Abwärtsrisiken bei der Wirtschaftsentwicklung verwiesen.
Das Bundesfinanzministerium sieht eine wesentliche Ursache für den Hilfsantrag Zyperns in der Schieflage der beiden größten zyprischen Banken Laiki und Bank of Cyprus. Ohne eine Verringerung des überdurchschnittlich großen zyprischen Bankensektors würden dauerhaft hohe Risiken für die Solvenz des zyprischen Staates bestehen. Von Zypern bereits umgesetzte Restrukturierungen hätten den zyprischen inländischen Bankensektor bereits auf rund 350 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verkleinert.
Das Hilfsprogramm sehe vor, den inländischen Bankensektor bis 2018 weiter zu verkleinern, und zwar durch die weitgehende Reduzierung des verbliebenen internationalen Geschäfts der zyprischen Banken und die Rückführung des einheimischen Geschäfts auf den zur Finanzierung der zyprischen Realwirtschaft notwendigen Umfang.
Um den Staatshaushalt zu konsolidieren werde Zypern die Zinsertragsteuer anheben, den Körperschaftsteuersatz von zehn auf 12,5 Prozent erhöhen, Staatsbetriebe privatisieren, Goldreserven verkaufen und mit inländischen Gläubigern über das Überrollen von Darlehen im Umfang von rund einer Milliarde Euro verhandeln. Außerdem sollen Maßnahmen gegen Geldwäsche ergriffen werden.
Weitere Strukturreforen betreffen einen Abschlag für die Frühverrentung, die schrittweise Erhöhung des Mindestalters für abschlagsfreie Renten und Pensionen auf das reguläre Renteneintrittsalter, die automatische Erhöhung des Renten- und Pensionseintrittsalters bei höherer Lebenserwartung ab 2018, die Begrenzung der monatlichen Pensionen auf maximal fünfzig Prozent des höchsten Einkommens, keine automatischen Lohnerhöhungen in der Rezession, ansonsten automatische Lohnerhöhungen nur um 50 Prozent der Inflation (bisher: hundert Prozent), Änderungen beim Mindestlohn nur in Abstimmung mit der Troika und einen Infrastrukturplan zur künftigen Erdgasgewinnung.
Die erste Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat am Mittwoch, 17. April, einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, mit dem die Antragsteller im Wesentlichen die für den 18. April vorgesehene Beschlussfassung des Deutschen Bundestages über die "Zypern-Hilfe" verhindern wollen. (vom/18.04.2013)