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Kontrovers haben die acht Sachverständigen am Mittwoch, 15. Mai 2013, während einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz unter Vorsitz von Hans-Michael Goldmann (FDP) über die Zukunft von Delfinen in Zoos und Delfinarien diskutiert. Hintergrund der zweistündigen Expertenbefragung war ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/12657) mit dem Titel "Haltung von Delfinen beenden".
Dr. Thomas Kauffels, Direktor des Opel-Zoos in Kronberg, sprach sich eindeutig für die Haltung der Großen Tümmler in deutschen Zoos aus: "Es gibt keinen Grund, die Tiere nicht zu halten." Er sah in der Verbotsinitiative einen Versuch mit Gründen, die nicht nachvollziehbar seien, den Zoos zu schaden. Er wies auf die Botschafterfunktion der Tiere hin. "Wir reden über 16 Delfine in Deutschland, die einen großen Beitrag dazu leisten, dass man über diese Tiere spricht."
Der Leitende Direktor des Nürnberger Tierparks, Dr. Dag Encke, vermutete in seiner schriftlichen Stellungnahme politische statt fachliche Gründe für den Verbotsantrag. Er schrieb zur Intention des Antrags, dieser nütze keinem Delfin der Welt, schade den in deutschen Delfinarien lebenden Tieren, weil ihre stabilen Sozialverbände aufgelöst werden müssten, schade der Wildtierforschung sowie den Zoos bei der Erfüllung ihres Bildungsauftrages und ziele auf die generelle Abschaffung von Zoos hin.
Auch der Einzelsachverständige Dr. Thomas Althaus ging in seiner ersten Stellungnahme in die Offensive. Er vermutete keine objektiven Gründe für den Verbotsantrag, sondern "reine Willkür". "Es geht um Ansichten und eine Weltanschauung", sagte er. Althaus mahnte das "Prinzip der Rechtssicherheit" an. Wenn etwas verboten werde, obwohl alle Bestimmungen und Regeln eingehalten wurden, gebe es keine Rechtssicherheit mehr für Tierhalter, sagte er.
Der Naturwissenschaftler berichtete anschaulich von der Botschafterfunktion der klugen Meeressäuger. In einer japanischen Walfängerstadt habe er Kinder in einem Delfinarium beobachtet, die fasziniert von den Tieren waren. Diese Kinder würden sicher kein Walfleisch mehr essen, prophezeite Althaus und sprach sich für die Einrichtung von Delfinarien im Kampf gegen den Walfang aus.
Dr. Cornelis Erik van Elk vom niederländischen Dolfinarium Harderwijk kontstierte: "Unsere Umwelt braucht unser Engagement. Unsere Kinder brauchen Zoos, um Tiere kennenzulernen und dann schützen zu wollen" In seiner Stellungnahme betonte er: "Es gibt keine Rechtfertigung, die Delfinarien der Zoos von Duisburg und Nürnberg zu schließen und ein generelles Haltungsverbot von Delfinen in Deutschland auszusprechen."
Für den Rostocker Wissenschaftler Prof. Dr. Guido Dehnhardt wäre die Beendigung der Delfinhaltung "ein fataler Irrweg". Er betonte in seiner schriftlichen Stellungnahme außerdem, dass die beiden Delfinarien in Deutschland "aus tierschutzrechtlicher Sicht in keiner Weise zu beanstanden sind".
Die Befürworter des Verbotsantrages argumentierten in der Anhörung hauptsächlich mit den nach ihrer Meinung schwierigen oder ganz unmöglichen Haltungsbedingungen.
Dr. Karsten Brensing von der Whale and Dolphin Conservation wies auf zwei Probleme in den Delfinarien hin: Aggression und eine nicht nachhaltige Nachzucht. Er kritisierte, dass sich unter den Tieren keine Netzwerke entwickeln könnten. Diese Situation führe zu Aggressionen, die dann mit Psychopharmaka behandelt würden.
Der Biologe Philip Loos sagte: "Die Haltungsbedingungen für Delfine sind nicht darstellbar." Er verwies auf ihre langen Wanderungen und tiefen Tauchgänge in freier Wildbahn und empfahl, "das vermeidbare Leiden der Tiere zu beenden". Loos vertrat die These, dass Umweltbildung auch ohne Delfinarien auskäme.
Dr. Sandra Altherr von Pro Wildlife e.V mahnte mehr Transparenz an. Es fehlten beispielsweise Informationen über die Mortalität sowie das Aggressionsverhalten der Tiere. Sie kritisierte, dass das Zuchtbuch für den Großen Tümmler unter Verschluss gehalten werde. (ah/15.05.2013)