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Dafür war die Zeit nun doch etwas knapp: Am Freitag, 28. Juni 2013, debattierte der Bundestag sechs Anträge der Oppositionsfraktionen, in denen sich diese für ein bundesweit einheitliches Rentenrecht stark gemacht und dessen Umsetzung noch in dieser Legislaturperiode gefordert hatten. Doch auch wenn die Zeit am letzten Tag der letzten regulären Sitzungswoche dieser Wahlperiode drängte, die Mehrheit der Abgeordnetenstimmen konnten diese Anträge nicht auf sich vereinen. Sie wurden ebenso abgelehnt wie zwei weitere rentenpolitische Anträge der Linken und Grünen zu Renten von DDR-Flüchtlingen und einer Garantierente.
In ihrem Antrag (17/10996) forderte Die Linke, ab 2013 einen steuerfinanzierten, stufenweise steigenden Zuschlag einzuführen, der für bis dahin im Osten erworbene Rentenanwartschaften den Wertunterschied zwischen den Rentenwerten Ost und West bis zum Jahresende 2016 sukzessive ausgleichen soll.
Bündnis 90/Die Grünen verlangten in ihrem Antrag (17/12507), noch in dieser Legislaturperiode aller maßgeblichen Bezugsgrößen zur Entstehung und Berechnung der Rente in Ost und West zu vereinheitlichen.
Die SPD setzte sich in ihrem Antrag (17/13963) für eine vollständige Angleichung des aktuellen Rentenwertes (Ost) an den aktuellen Rentenwert (West) in Stufen bis zum 1. Januar 2020 ein.
In einem zweiten Antrag (17/6487) verlangte die SPD, unabhängig von einer Gesamtlösung für ein einheitliches Rentenrecht, Verbesserungen bei den Versicherungszeiten für die Antragsteller umzusetzen. So sollte unter anderem die Anrechnung von Kindererziehungszeiten oder des Wehr- und Zivildienstes im Osten nicht mehr zu niedrigeren Rentenanwartschaften als im Westen führen.
In zwei weiteren Anträgen setzten sich sowohl SPD als auch Die Linke (17/7034) für die Einsetzung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Vorbereitung eines Rentenüberleitungsabschlussgesetzes ein. Die Sozialdemokraten verlangten in ihrem Antrag (17/6486) außerdem, einen Härtefallfonds für jene Betroffene einzurichten, deren Ansprüche aus DDR-Zeiten nicht mehr rentenpolitisch zu klären sind.
Zur Debatte standen außerdem noch zwei weitere rentenpolitische Anträge: In einem Antrag der Linken (17/13453) setzte sich die Fraktion für die volle rentenrechtliche Anerkennung der von DDR-Flüchtlingen oder Ausgereisten in der DDR geleisteten Arbeitsjahre ein.
In einem anderen Antrag (17/13493) schlugen die Grünen eine steuerfinanzierte Garantierente vor, die sicherstellt, dass geringe Rentenansprüche von Rentnern mit 30 und mehr Versicherungsjahren so aufgestockt werden, dass die Gesamtrente mindestens 30 Entgeltpunkt enthält.
Die Tatsache, dass es mehr als 20 Jahre nach der Wiedervereinigung noch ein unterschiedliches Rentenrecht in Ost und West gibt, ist für die einen, wie zum Beispiel für Die Linke, ein unhaltbarer Zustand. Für andere, wie die Union, liest sich die Rentenpolitik seit 1990 dagegen als Erfolgsgeschichte.
Dr. Gregor Gysi stellte in der Debatte klar, worum es seiner Fraktion geht: "Unser Ziel bleibt die gleiche Rente für die gleiche Lebensleistung." Dieses Ziel habe die Koalition aus den Augen verloren, und auch die Grünen hätten sich davon verabschiedet, sagte Gysi in Bezug auf die Forderung der Grünen, zwar den Rentenwert Ost auf jenen des Westens anheben, aber gleichzeitig die Ost-Renten in diesem Prozess nicht erhöhen zu wollen.
Gysi plädierte dafür, das Rentenproblem vor dem Hintergrund drohender Altersarmut endlich umfassend anzugehen und forderte zum Beispiel, dass alle Beschäftigten, auch Selbstständige und Beamte, in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Dann könne man sich auch eine Rente mit 65 Jahren wieder leisten, sagte er.
Darüber empörte sich Maria Michalk von der Unionsfraktion, die Gysis Rede als "demagogischen Angriff" wertete. Die rentenpolitischen Entscheidungen im Zuge der Wiedervereinigung seien auch aus heutiger Sicht richtig gewesen. "Sie sind mehr als eine Erfolgsgeschichte. Die Rentner sind die Gewinner der deutschen Einheit", stellte Michalk fest.
Sie verwies darauf, dass 1990 das Ostrentenniveau bei durchschnittlich 40 Prozent des Westrentenniveaus gelegen habe und heute bei 92 Prozent liege. Das zeige, dass die Angleichung funktioniere. Und wenn die wirtschaftliche Entwicklung weiter so gut verlaufe wie derzeit, dann werde es auch den Tag geben, wo die Rentenwerte angeglichen werden.
Diesem Lob schloss sich Bundesarbeitsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) erwartungsgemäß an. Mit der Höherwertung ostdeutscher Einkommen habe man in den ostdeutschen Bundesländern ein deutlich höheres Rentenniveau erreicht als 1990. "Das ist das Ergebnis guter Arbeit", sagte die Ministerin. Zum Unmut der Oppositionsfraktionen äußerte sie sich darüber hinaus aber nicht weiter zum Thema eines einheitlichen Rentenrechts in Ost und West.
Vielmehr ging es von der Leyen vor allem darum, vor dem Hintergrund der Gefahr von Altersarmut für das Konzept einer Lebensleistungsrente zu werben. Sie warf den Grünen vor, ihr Konzept der Garantierente nicht selbst erdacht zu haben: "Sie haben abgeschrieben und es einfach Garantierente genannt. Das nennt man Plagiat", empörte sich von der Leyen.
"Ja, das Rentenüberleitungsgesetz war gut, kein Rentner musste nach 1990 von seiner DDR-Rente leben", stellte die Sozialdemokratin Iris Gleicke fest. Es sei auch richtig gewesen, die geringeren ostdeutschen Löhne höher zu bewerten. Jedoch bilde der Aufwertungsfaktor die Lohndifferenz zwischen Ost und West gar nicht mehr ab, sagte Gleicke mit Blick auf den Niedriglohnsektor, der besonders im Osten sehr groß ist.
Sie verwies darauf, dass von 1,2 Millionen Deutschen, die für Löhne unterhalb von 8,50 Euro arbeiten, 800.000 im Osten leben würden. Für dieses Problem müsse endlich eine Lösung gefunden werden. Gleicke warf der Bundesregierung vor, "nur faule Ausreden ihres Ost-Beauftragten" geliefert zu haben. "Von Ihnen haben die Ostdeutschen nichts zu erwarten", rief sie den Koalitionsfraktionen entgegen.
Dieser Deutung schloss sich auch Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn von Bündnis 90/Die Grünen an, wobei er im Rückblick auf die aktuelle Wahlperiode feststellte: "Der Anfang war gar nicht schlecht." Er meinte damit einen Antrag der Koalitionsfraktionen, in dem diese versprach, ein einheitliches Rentenrecht für Ost und West in dieser Legislatur einzuführen. Nach vier Jahren sei man von diesem Ziel aber meilenweit entfernt, kritisierte der grüne Rentenexperte und forderte, den Rentenwert Ost endlich auf den Rentenwert West anzuheben.
Die Absicht seiner Fraktion, bei einer solchen Anhebung gleichzeitig auf die Höherwertung der Ost-Einkommen zu verzichten, verteidigte er mit der Idee der Garantierente. Diese würde gerade Geringverdienern, allerdings in Ost und West, bei der Rente helfen.
Dr. Heinrich L. Kolb unterstellte Linken und Grünen, nur "Demagogen und Einpeitscher" ans Pult gestellt zu haben. "Was Sie hier aus Wahlkampfzwecken auf den Tisch gelegt haben, ist unfinanzierbar", ärgerte sich der Liberale. Vielmehr sei es nötig, "mit langem Atem und fairen Konzepten" für die Rentner zu arbeiten.
Sympathie fand der Liberale dagegen für den Vorschlag, eine Lösung für die Rentenansprüche von aus der DDR Geflüchteten oder Ausgereisten zu finden. Dieses Problems sei sich die Koalition bewusst und arbeite an einer Lösung, so Kolb. (che/28.06.2013)