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Die Finanzmärkte sollen besser beaufsichtigt werden. © picture alliance / Photoshot
Die Bundesregierung will Konsequenzen aus der Finanzkrise ziehen. Ratingagenturen sollen künftig schärfer überwacht und bei Fehlverhalten mit Bußgeldern belegt werden. So sieht es ein Gesetzentwurf (17/716) vor, der am Donnerstag, 25. Februar 2010, im Bundestag in erster Lesung diskutiert wurde. Mit dem Entwurf sollen die rechtlichen Voraussetzungen für die Umsetzung der Ratingverordnung der Europäischen Union (EU) auf den Weg gebracht werden.
Ratingagenturen, so erläuterte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Hartmut Koschyk (CSU), spielten eine wichtige Rolle für das Funktionieren des Finanzmarktes. Sie seien jedoch ihrer Verantwortung vor und während der Krise "nicht gerecht geworden“. Ein Grund dafür sei die Marktstruktur mit einem Oligopol von nur drei großen Agenturen ebenso wie die Tatsache, dass es vielfach zu Interessenkonflikten gekommen sei, wenn etwa eine Ratingagentur ein Finanzprodukt bewertet habe, welches von der Agentur selbst entwickelt worden sei.
"Hier ist eine effiziente Regulierung nötig“, sagte Koschyk. Die Bundesregierung habe mit der Vorlage des Ausführungsgesetzes schnell reagiert. Laut Gesetz soll bis zur Schaffung der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde im nächsten Jahr die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mit der Überwachung der Ratingagenturen betraut werden.
Gleichzeitig wurde ein Bußgeldkatalog aufgestellt, der Strafbeträge bis zu einer Million Euro vorsieht. All diese Maßnahmen seien "wichtig für das Vertrauen in den Finanzmarkt“, sagte der Staatssekretär.
Viele Käufer von Wertpapieren und anderen Finanzprodukten hätten den Ratingagenturen "blind vertraut“, erinnerte Manfred Zöllmer (SPD). "Viele haben dafür ein horrendes Lehrgeld zahlen müssen.“ Auch weil es für Ratingagenturen keine "Haftungspflicht für Schlechtleistung“ gebe. Es sei ihm ein "Rätsel“, warum das nicht schon früher kritisiert wurde.
Zöllmer stellte klar, dass Ratingagenturen notwendig seien. Gleichwohl dürften sich Investoren nicht ausschließlich auf diese Bewertungen verlassen, sondern müssten zu "mehr Eigenverantwortung bei der Risikobewertung gezwungen werden“. Auf die geplante Neuordnung der EU-Finanzaufsicht eingehend, sagte der SPD-Politiker, man müsse sich fragen, ob dieses Modell einer sehr stark national geprägten Aufsicht den vorhandenen Risiken im globalen Finanzmarkt tatsächlich gerecht werde. Die neuen EU-Aufsichtsbehörden hätten selbst im Krisenfall keine Weisungsbefugnis gegenüber einzelnen Finanzinstituten. "Wenn es ernst wird, sollen weiter die nationalen Aufsichtsbehörden entscheiden“, kritisierte Zöllmer.
Aus Sicht des FDP-Abgeordneten Björn Sänger zeigt die "zügige Vorlage“ des Ausführungsgesetzes, dass die Bundesregierung "handlungsfähig und handlungswillig“ sei. Die Regelungen fänden die Zustimmung der FDP-Fraktion, wenngleich es nach Ansicht Sängers "bedauerlich“ sei, dass es überhaupt gesetzlicher Regelungen bedürfe. "Eigentlich hätte das der Markt regulieren müssen“, befand Sänger.
Allerdings habe dieser Markt nichts mit Wettbewerb zu tun, da es nur drei Anbieter gebe, die noch nicht einmal miteinander im Wettbewerb stünden. Gebraucht würde daher auch ein funktionierender nationaler Markt mit mehreren kleineren Unternehmen. Dazu trage der Entwurf jedoch nur bedingt bei, da die Anforderungen an Unternehmen die auf diesen Markt wollten, relativ hoch seien.
"Die Ratingagenturen hatten und haben den Status des 'Orakels von Delphi’“, sagte der finanzpolitische Sprecher der Fraktion Die Linke, Dr. Axel Troost. "Mit dem Unterschied, dass man das moderne Orakel kaufen kann und kaufen muss.“ Zum einen könne man sich von den Agenturen so lange für "teures Geld“ beraten lassen, bis man ein hohes Ranking erhalte. Zum anderen müsse man einigen gesetzlichen Vorlagen zufolge ein Rating haben, um überhaupt "auf dem Finanzmarkt mitspielen zu dürfen“.
Die geplanten Änderungen, um den Missbrauch beim Rating zu bekämpfen, sind laut Troost "zu kurz gesprungen“ und leicht zu umgehen. Die EU-Ratingverordnung ziele darauf ab, "die Urteile des Orakels technisch zu verbessern“. "Ziel muss es aber sein, dass Orakel zu entmachten und die von ihm ausgehende Massenhysterie auf den Finanzmärkten zu beenden“, verlangte der Linken-Abgeordnete.
Mit dem vorgelegten Gesetz werde lediglich einen EU-Vorlage umgesetzt, stellte Dr. Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, fest. "Damit haben Sie aber noch nichts Entscheidendes geklärt“, kritisierte er die Bundesregierung. Wichtig wären "klare eigene Schritte“, sagte Schick. Es bleibe bedauerlicherweise immer nur bei Ankündigungen.
So habe die Bundeskanzlerin schon 2008 eine eigene Ratingagentur für Europa gefordert. "Passiert ist nichts“, sagte der Grünen-Politiker. Gleiches gelte für die fehlenden Haftungsregelungen bei falschen Ratings. Auch die Frage, wie die Rolle der Agenturen im Markt reduziert werden kann, beantworte der Regierungsentwurf nicht, kritisierte Schick.
"Es gibt kein Allheilmittel“, sagte Klaus-Peter Flosbach von der Unionsfraktion. Stattdessen werde ein "Bündel von Maßnahmen“ gebraucht, um sicherzustellen, dass eine solche Krise nicht noch einmal passiert. Dazu brauche es Mindeststandards für die Risikobewertung, Mindeststandards für die Vergabe von Bonitätsurteilen und es brauche Sanktionsmöglichkeiten, wenn diese nicht eingehalten werden. "Wir müssen dafür sorgen, dass es bei Ratingagenturen gar nicht erst zu Interessenskonflikten kommt“, lautete seine Forderung.
Am Ende der Debatte nahmen die Abgeordneten entsprechend einer Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (17/509) sieben EU-Vorlegen, unter anderem zur Einrichtung einer europäischen Bankaufsichtsbehörde, einer Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und für die betriebliche Altersversorgung sowie einer europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde, zur Kenntnis.