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Der jüngste Vorstoß der SPD-Fraktion zur Einführung plebiszitärer Elemente auch auf Bundesebene stößt bei der Union auf Ablehnung. Dies wurde am Freitag, 14. Juni 2013, im Bundestag bei der ersten Lesung zweier Gesetzentwürfe der Sozialdemokraten "zur Ergänzung des Grundgesetzes um Volksinitiative, Volksbegehren, Volksentscheid und Referendum" (17/13873) sowie "über Abstimmungen des Bundesvolkes" (17/13874) deutlich.
Dabei sprachen sich auch Vertreter der FDP-Fraktion sowie der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen für Elemente direkter Demokratie auch auf Bundesebene aus. Für die dafür notwendige Verfassungsänderung wäre indes eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und im Bundesrat erforderlich.
Der CDU/CSU-Abgeordnete Helmut Brandt sagte in der Debatte, wer plebiszitäre Entscheidungen auch auf Bundesebene für notwendig halte, verkenne "die zahlreichen Möglichkeiten, die unsere Demokratie im Meinungsbildungsprozess tatsächlich bietet". Zudem sei bei einem Volksentscheid die gestellte Frage nur mit Ja und Nein zu beantworten. Die Sachverhalte, mit denen sich der Gesetzgeber täglich beschäftige, seien aber nicht auf eine "einfache Ja-Nein-Antwort" zu reduzieren.
Auch bestünde die Gefahr, dass Gesetzesvorhaben, die "durch alle Gremien gegangen sind", zu Fall gebracht werden, was gravierende negative Folgen haben könne. Ein weiteres Risiko sei, "dass wichtige Sachfragen eben nicht nach sachbezogenen Gesichtspunkten entschieden werden, sondern danach, wie schlagwortartig und populistisch Parolen unter’s Volk gebracht werden", sowie danach, dass Menschen sich bei ihrem Votum möglicherweise von ihrer allgemeinen Unzufriedenheit mit der Politik leiten lassen.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, verwies darauf, dass die Wahlbeteiligung seit Jahren auf allen Ebenen sinke. Zu viele Menschen fühlten sich heute von der Politik ausgeschlossen. Trotz geringer Wahlbeteiligung wünschten aber viele Menschen, etwa bei Bauprojekten in ihrer Nachbarschaft mitzureden. Seine Fraktion wolle den Menschen ermöglichen, bei Volksabstimmungen auf Bundesebene selbst zu entscheiden.
Das Volk solle das Recht haben, "selbst die Initiative zu ergreifen und Gesetze per Volksentscheid zu beschließen". Auch solle es mit einem Referendum eingreifen können, "wenn es mit einem Gesetz des Bundestages nicht einverstanden ist". Dabei solle für eine bundesweite Volksabstimmung eine Million Unterschriften von Wahlberechtigten erforderlich sein. Brauche ein Gesetz die Zustimmung des Bundesrates, müsse es dafür in der Volksabstimmung nicht nur bundesweit eine Mehrheit der Stimmen geben, sondern "entsprechend dem Stimmgewicht der Länder im Bundesrat (...) auch eine Mehrheit unter den Ländern".
Für Die Linke sagte ihre Parlamentarierin Petra Pau über die beiden Vorlagen der Sozialdemokraten, mit diesem "Mehr Demokratie wagen" schleiche sich "die SPD durch offene linke Tore". Ihre Fraktion habe bereits vor drei Jahren entsprechende Anträge gestellt. In Fragen direkter Demokratie sei die Bundesrepublik ein "EU-Entwicklungsland".
Dabei habe es in den vergangenen 25 Jahren mehrere Initiativen für mehr direkte Demokratie gegeben, die aber "stets ausgebremst" worden seien. Pau verwies zugleich darauf, dass die SPD-Initiative in der knappen Zeit bis zur Bundestagswahl bei einem normalen parlamentarischen Verfahren "nicht mehr ins Werk zu setzen" sei. Deswegen orakelten "Böswillige, es gehe der SPD gar nicht um mehr Demokratie auf Bundesebene, sondern um puren Wahlkampf".
Der FDP-Abgeordnete Stephan Thomae betonte, seine Fraktion habe die SPD-Vorlagen "mit großer Sympathie" studiert. Leider löse der Staat bei den meisten Menschen "kaum mehr ein Wir-Gefühl" aus. Vielmehr sehe es so aus, als hätten sich "Volk und Staat irgendwie auseinander gelebt". Dies schade allen. Zwar gehe laut Verfassung alle Staatsgewalt vom Volke aus, aber "irgendwie kehrt diese Staatsgewalt dann bis zur nächsten Wahl nicht so recht zum Volk zurück".
Für die Freidemokraten sei Demokratie aber eine "Mitmach-Veranstaltung". Sie seien offen für mehr Bürgerbeteiligung. Dabei wollten sie die repräsentative Demokratie "nicht abschaffen, aber öffnen". Dennoch könne seine Fraktion den SPD-Vorlagen nicht einfach zustimmen. So habe die FDP in der vergangenen Legislaturperiode ein Quorum für Volksinitiativen von 400.000 Unterschriften vorgesehen, die SPD dagegen wolle ein Quorum von 100.000 Unterschriften.
Die Grünen-Abgeordnete Ingrid Hönlinger warb dafür, die Demokratie in Deutschland "zu einer echten Beteiligungsdemokratie weiterzuentwickeln". Die Einführung "direktdemokratischer Elemente auf Bundesebene" sei seit Jahrzehnten eine Forderung ihrer Fraktion. Sie wolle, dass die Bürger grundsätzlich über alle politischen Sachfragen abstimmen können.
Bürgerbeteiligung und Volksabstimmung seien "ein Gewinn für die Demokratie" und "Bestandteil einer modernen Demokratie". Daher müsse der Bundestag die gesetzlichen Grundlagen dafür schaffen, dass die Bürger "auch wirklich mitgestalten und mitbestimmen können". Direkte Demokratie könne die repräsentative Demokratie sinnvoll ergänzen. (sto/14.06.2013)