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Einen "intensiven politischen Gedankenaustausch" über die Umwälzungen in arabischen Staaten erhofft sich Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) von der Tagung der Parlamentarischen Versammlung Europa-Mittelmeer (Euromed) am 3. und 4. März 2011 in Rom. Der Versammlung gehören 280 Abgeordnete aus den EU-Staaten, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Montenegro und Albanien sowie aus Algerien, Ägypten, Israel, Jordanien, dem Libanon, Marokko, Mauretanien, den Palästinensischen Autonomiegebieten, Syrien, Tunesien und der Türkei an. Angesichts der Gegensätze in der Versammlung rechnet Kiesewetter nicht mit einer gemeinsamen Stellungnahme. Der CDU-Abgeordnete unterstreicht den Wert der Euromed als Dialogforum für Israelis, Araber und Europäer. Das Interview im Wortlaut:
Ägypter werden an der Euromed-Tagung wohl nicht teilnehmen können, da das Parlament in dem Land am Nil aufgelöst ist. Wissen Sie eigentlich, wen Sie dieses Mal aus den von Aufständen erschütterten arabischen Ländern in Rom treffen werden?
Das weiß ich in der Tat noch nicht. Bislang gibt es keine Übersicht über die teilnehmenden arabischen Delegationen. Ägypter werden wohl keine anreisen. Aus Libyen, das in der Euromed einen Beobachterstatus hat, und aus Tunesien haben wir noch keine Nachricht. Marokkaner und Algerier scheinen kommen zu wollen. So liegt über dem Treffen von Rom Ungewissheit, was aber in Zeiten turbulenter Umwälzungen nicht verwundert.
Offenbaren die Proteste gegen repressive Regierungen in Nordafrika nicht, dass den Delegationen aus diesen Ländern bisher die demokratische Legitimation gefehlt hat? Ist das nicht ein Konstruktionsfehler der Euromed?
Nein, das ist kein Konstruktionsfehler. Die von Brüssel angestoßene Kooperation im Mittelmeerraum zwischen Israel, den arabischen Ländern und der EU, die von der Euromed parlamentarisch begleitet wird, ist der Versuch, über die Förderung des Dialogs Bewegung in den schwierigen Nahost-Friedensprozess zu bringen. Dieser Dialog ist ein Wert an sich. Es ist von hohem Wert, dass bei der Euromed Abgeordnete aus Israel, Arabien und der EU überhaupt zusammenfinden. Im Übrigen können die arabischen Vertreter im Kontakt mit Europäern erfahren, wie eine parlamentarische Demokratie funktioniert.
Die Umwälzungen bei den arabischen Mittelmeeranrainern berühren Grundfragen des parlamentarischen Selbstverständnisses. Wie wird die Euromed politisch auf die Aufstände reagieren?
In Rom dürfen wir die Umwälzungen natürlich nicht ignorieren. Ich hoffe, dass es zu intensiven politischen Gedankenaustausch kommt, bei dem sich alle Beteiligten einbringen. Wichtig ist etwa, dass die Südeuropäer als direkte Nachbarn der Araber ihre Sichtweise darlegen, nicht zuletzt zur Frage der Flüchtlingsströme. Allerdings glaube ich angesichts der Gegensätze in der Versammlung nicht, dass es zu einer gemeinsamen Stellungnahme kommen wird, da sollte man realistisch sein. Die Euromed-Parlamentsspitze hat auch noch keinen Resolutionsentwurf vor