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Deutliche Kritik an der Ausrichtung der Politik auf das Wirtschaftswachstum übte die US-amerikanische Philosophin Martha Nussbaum am Mittwoch, 14. Dezember 2011 vor der Enquete-Kommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität". Aus Sicht der Wissenschaftlerin aus Chicago sagt das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Messgröße für gesellschaftliches und individuelles Wohlergehen zu wenig aus über den wahren Reichtum eines Staates. Entscheidend für die Ermittlung des Wohlstandsniveaus einer Nation sei vielmehr, welche Möglichkeiten sich den Bürgern für ein aktives und kreatives Schaffen böten – was Nussbaum im sogenannten "Fähigkeitenansatz" (capability approach) zusammenfasste.
Die Professorin bezeichnete es als zentrales Manko des BIP, dass diese Messmethode lediglich das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen feststelle und dabei die Verteilung des Reichtums in der Bevölkerung außer Acht lasse. In Entwicklungs- oder Schwellenländern entstehe über das BIP zudem ein verzerrter Eindruck über das ökonomische Niveau, da ausländische Unternehmen mit ihren Investitionen zwar vor Ort das BIP steigerten, einen Teil des Geldes aber in ihre Heimat transferierten.
Überdies, so Nussbaum, sage etwa das hohe BIP-Wachstum in China nichts aus über die Lebensqualität der Bewohner, die zum Beispiel auch von der Religionsfreiheit abhänge. Das BIP lenke den Blick "nicht auf die unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten der Menschen".
Im Kern kommt es für die US-Philosophin darauf an, die Bürger zu befähigen, ihre persönlichen Potenziale zu verwirklichen. Als wesentliche Voraussetzungen nannte sie den Zugang zu Bildung und Gesundheitsdi