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Judith Skudelny, FDP, mit ihrem Baby, (li.), und Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (re.) im Plenarsaal © DBT/Unger
Wenn Dorothee Bär in diesem Sommer ihr drittes Kind bekommt, ist man im Bundestag gewappnet. Dass die familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion Mutterschutz nehmen wird, darauf ist die Verwaltung eingestellt. Ein Mutter-Kind-Büro steht für die Tage zur Verfügung, an denen der Nachwuchs der Bayerin krank sein sollte; es gibt Wickel- und Stillräume. Und wäre es nötig, dass Frau Bär mit Kind an einer namentlichen Abstimmung teilnimmt, wissen die Saaldiener, dass ein Kind im Plenarsaal sie nicht aus der Ruhe bringen muss.
All das ist inzwischen selbstverständlich. Doch nicht immer war der Bundestag so kinderfreundlich. Als die stellvertretende Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Ekin Deligöz, vor zehn Jahren ihren Sohn zur Welt gebracht hatte, "da wusste im Bundestag eigentlich niemand, was mit mir anzufangen sei". Das Mutterschutzgesetz habe damals für Abgeordnete noch nicht gegolten, "aber ich wollte mich auch nicht offiziell krank melden — das war ich ja schließlich nicht".
Für jedes Fehlen aber hätte die junge Mutter einen Teil ihrer Kostenpauschale zurückzahlen müssen. Auch die Türen der Bundestags-Kita sollten Deligöz und ihrem Nachwuchs zunächst verschlossen bleiben — gedacht war die Betreuung für die Kinder der Fraktions- und Verwaltungsmitarbeiter. Inzwischen werden auch Abgeordneten-Kinder aufgenommen, wenn es genügend freie Plätze gibt.
Ekin Deligöz ist darauf nicht mehr angewiesen. Ihr Sohn geht in die Schule und wird nachmittags betreut, die vierjährige Tochter besucht eine Kita, in der sie sich wohl fühlt. Deligöz ist überzeugt davon, dass gute Krippen und Kindergärten Kindern gut tun können. Dennoch sagt sie: "Ich bin das schlechte Gewissen auf zwei Beinen." Ein Arbeitspensum von 60 oder 70 Stunden sei in Sitzungswochen normal, "da bekommt man einfach nicht viel vom Alltag der beiden mit". Zwei Tage ohne die Kinder seien okay, bei drei Tagen wird es unangenehm und bei fünf Tagen bekomme ich regelrecht Schmerzen".
Die hohe Arbeitsbelastung aber kann ihr auch eine noch so gut ausgestattete und willige Bundestagsverwaltung nicht abnehmen: "Das ist einfach eine riesige planerische Herausforderung." Sie versuche, viel im Block zu arbeiten und sich dann wieder mehrere Tage für die Kinder freizuhalten, sagt die 41-Jährige, und im Urlaub keine Termine zu machen, auch wenn das nicht immer auf Begeisterung stoße. Umso wichtiger ist es ihr, dass sich aktiv Erziehende mit ihren Blickwinkeln in die politischen Debatten einbringen.
Nicht zu viel auf die Meinung anderer zu geben, versucht auch Dorothee Bär. Sie h